Imagini ale paginilor
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mit dem einen Arme auf eine umgekehrte Fackel sich stüßend, und den einen Fuß über den andern geschlagen. Ich darf nicht unerinnert lassen, daß von eben diesem Denkmale sich auch eine Zeichnung unter den Papieren des Pighius in der föniglichen Bibliothek zu Berlin befindet, aus welcher Spanheim die einzelne Figur des Schlafes seinem Kommentar über den Kallimachus einverleibt hat. 1 Daß es schlechterdings die nämliche Figur des nämlichen Denkmals beim Boissard seyn soll, ist aus der nämlichen Ueberschrift unstreitig. Aber um so viel mehr wird man sich wundern, an beiden so merkliche Verschiedenheiten zu erblicken. Die schlanke, ausgebildete Gestalt beim Boissard ist beim Pighius ein fetter stämmiger Knabe; dieser hat Flügel, und jene hat keine; geringerer Abweichungen, als in der Wendung des Hauptes, in der Richtung der Arme, zu geschweigen. Wie diese Abweichungen von Spanheim nicht bemerkt werden können, ist begreiflich; Spanheim kannte das Denkmal nur aus den Inschriften des Gruter, wo er die bloßen Worte ohne alle Zeichnung fand; er wußte nicht, oder erinnerte sich nicht, daß die Zeichnung bereits beim Boissard vorkomme, und glaubte also etwas ganz unbekanntes zu liefern, wenn er sie uns zum Theil aus den Papieren des Pighius mittheilte. Weniger ist Grävius zu entschuldigen, welcher seiner Ausgabe der Gruter'schen Inschriften die Zeichnung aus dem Boisard beifügte, und gleichwohl den Widerspruch, den diese Zeichnung mit der wört: lichen Beschreibung des Gruter macht, nicht bemerkte. In dieser ist die Figur Genius alatus, crinitus, obesus, dormiens, dextra manu in humerum sinistrum, a quo velum retrorsum dependet, posita; und in jener erscheint sie, Ad ver. 234. Hym. in Delum, p. 524. Edit. Ern.

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gerade gegenüber, so wie wir sie hier erblicken, ganz anders: nicht geflügelt, nicht eben von starken Haaren, nicht fett, nicht schlafend, nicht mit der rechten Hand auf der linken Schulter. Eine solche Mißhelligkeit ist anstößig, und kann nicht anders als Mißtrauen bei dem Leser erwecken, besonders wann er sich noch dazu nicht einmal davor gewarnt findet. Sie beweist indeß so viel, daß unmöglich beide Zeichnungen unmittelbar von dem Denkmale können genommen seyn; eine derselben muß nothwendig aus dem Gedächtnisse seyn gemacht worden. Ob dieses die Zeichnung des Pighius oder die Zeichnung des Boissard sey, kann nur der entscheiden, welcher das Denkmal selbst damit zu vergleichen Gelegenheit hat. Nach der Angabe des leßtern befand es sich zu Rom in dem Palaste des Cardinals Cesi. Dieser Palast aber, wenn ich recht unterrichtet bin, ward in der Plünderung von 1527 gänzlich zerstört. Verschiedene von den Alterthümern, welche Boissard daselbst sah, mögen sich jezt in dem Palaste Farnese befinden; ich vermuthe dieses von dem Hermaphrodit, und dem vermeinten Kopfe des Pyrrhus. 1 Andere glaube ich in andern Cabinetten wiedergefunden zu haben; kurz, sie sind verstreut, und es dürfte schwer halten, das Denkmal, wovon die Rede ist, wieder aufzufinden, wenn es noch gar vorhan= den ist. Aus bloßen Muthmaßungen möchte ich mich eben so wenig für die Zeichnung des Boissard, als für die Zeichnung des Pighius erklären. Denn wenn es gewiß ist, daß der Schlaf Flügel haben kann: so ist es eben so gewiß, daß er nicht nothwendig Flügel haben muß.

Hermaphroditus nudus, qui involutum palliolo femur habet. Caput ingens Pyrrhi regis Epirotarum, galeatum, cristatum, et armato. pectore. Topo gr. Parte I. p. 4. 5. Winkelmanns Anmerkungen über die Geschichte der Kunst. S. 98.

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Die zweite Kupfertafel zeigt das Grabmal einer Clpmene, ebenfalls aus dem Boissard entlehnt. Die eine der Figuren darauf hat mit der eben erwähnten zu viel Aehn= lichkeit, als daß diese Aehnlichkeit, und der Ort, den sie einnimmt, uns im geringsten ihrentwegen ungewiß lassen könnten. Sie kann nichts anders als der Schlaf seyn, und auch dieser Schlaf, auf eine umgekehrte Fackel sich stüßend, hat den einen Fuß über den andern geschlagen. Die Flügel übrigens fehlen ihm gleichfalls, und es wäre doch sonderbar, wenn sie Boissard hier zum zweitenmale vergessen hätte. Doch wie gesagt, die Alten werden den Schlaf öfters auch ohne Flügel gebildet haben. Pausanias giebt dem Schlafe in dem Arme der Nacht keine; und weder Ovidius noch Statius legen, in ihren umständlichen Beschreibungen dieses Gottes und seiner Wohnung, ihm deren bei. Brouckhuysen bat sich sehr versehen, wenn er vorgiebt, daß der leßtere Dichter dem Schlafe sogar zwei Paar Flügel, eines an dem Kopfe und eines an den Füßen, andichte. 2 Denn obschon Statius von ihm sagt:

Ipse quoque et volucrem gressum et ventosa citavit

Tempora:

so ist dieses doch im geringsten nicht von natürlichen Flügeln, sondern von dem geflügelten Petasus und von den Talariis zu verstehen, welche die Dichter nicht bloß dem Merkur bei: legen, sondern auch häufig von andern Göttern brauchen lassen, die sie uns in besonderer Eile zeigen wollen. Doch es

Par. VI. p. 119.

2 Ad Tibullum Lib 11. Eleg. 1. v. 89. Et sic quidem poetæ plerique omnes, videlicet ut alas habuerit hic deus in humeris. Papinius autem, suo quodam jure peculiari, alas ei in pedibus et in capite adfingit, L. 10 Theb. v. 131.

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