Imagini ale paginilor
PDF
ePub

Erörterung derjenigen Fragen zu, die zur inneren Kritik gehören. Hier sind es hauptsächlich dreierlei Dinge, denen er besondere Beweiskraft beimißt: Parallelen im sprachlichen Ausdruck, dramatische Motive und Charakterzüge. Am geringsten ist die Bedeutung der ersteren zu veranschlagen, da bei der Beurtheilung ihrer anzunehmenden Entstehung der Phantasie ein zu großer Spielraum gelassen ist. Sie gewinnen indessen an Beweiskraft, wenn gleichzeitig eine Uebereinstimmung in den dramatischen Motiven sich bemerken läßt. Aber auch sie, obwohl an sich bedeutungsvoller als die bloßen Parallelen, erhalten erhöhte Wichtigkeit, wenn sie zur Hervorhebung ähnlicher Charakterzüge in verschiedenen Stücken verwandt werden.

Auf den Fall des Titus Andronicus angewandt, thun die Beweisgründe der inneren Kritik dar, daß das Stück nicht von Kyd geschrieben worden sein kann. Von Kyd ist so wenig Verbürgtes bekannt, daß ihm außer der Spanish Tragedy' kein Stück mit Sicherheit zugeschrieben werden kann. Man hat ihn zwar als Verfasser der Tragödie 'Soliman and Perseda' angesprochen; allein diese steht viel zu hoch für den Dichter der Spanish Tragedy' und hat vielmehr Anklänge an andere zeitgenössische Werke und namentlich an Shakespeare's Jugenddramen. Auch "The First Part of Jeronimo' stammt nicht von Kyd, wie die Verschiedenheit der Charaktere und des dramatischen Aufbaus der Spanish Tragedy' darthut. Nach dem Gesagten ist die Behauptung Fleay's, Titus Andronicus könne auch von Kyd verfaßt sein, von selbst hinfällig. Wenn zwischen der 'Spanish Tragedy' und Titus Andronicus eine gewisse Uebereinstimmung in Parallelen und dramatischen Motiven hervortritt, so ist sie jedenfalls aus der Priorität des Shakespeare'schen Stückes zu erklären. Was die Charaktere in beiden Stücken betrifft, so läßt eine genaue Vergleichung erkennen, daß diejenigen des Titus Andronicus tiefer durchdacht sind und daher eher die zu Grunde liegenden als die durch Nachahmung entstandenen sein müssen. Auch ein Blick auf Hamlet beweist, daß Kyd aus Shakespeare Anregungen entlehnt hat, sie aber nicht selbständig hat verwerthen und ausgestalten können.

Die Annahme, daß Marlowe der Verfasser von Titus Andronicus sein könne, widerlegt sich durch eine Betrachtung der Charaktere. In Lavinia findet Schröer Shakespeare's Auffassung vom weiblich Schönen und von dem für ihn damit untrennbar verbundenen sittlich Reinen wieder. Besonders typisch für Shakespeare sind aber Titus und Aaron; die Grundzüge ihres Wesens sind in anderen Charakteren späterer und größerer Tragödien unverkennbar wieder zu finden.

Der Grundzug in Shakespeare's eigenster Weltanschauung, der sich durch alle seine bedeutenderen Charakterschöpfungen hindurch verfolgen läßt, ist nun nach Schröer's Ansicht die Toleranz. Unter Toleranz ist dabei aber im allgemeineren und weiteren Sinne nicht bloß die Duldsamkeit gegen Angehörige anderer Nationen oder Konfessionen, sondern Liebe zu dem Mitmenschen überhaupt zu verstehn, die ein liebevolles Vertiefen in die Natur der Menschen mit sich bringt, und die allein zum richtigen Erfassen und weiterhin zum glaubwürdigen und angemessenen Darstellen befähigt. Das ist es, was Shakespeare vor Marlowe auszeichnet. Letzterer bringt zwar auch Leidenschaft zur Darstellung, allein ihm fehlt die richtige Motivierung der Leidenschaft. Seine Charaktere sind Abstraktionen, bloße Personifikationen fertiger Moralbegriffe; die Gestalten der Shakespeare'schen Kunst dagegen nachempfundene, durchdachte, rein menschliche Charaktere. Mohren und Juden sind häufig wiederkehrende Figuren des elisabethanischen Dramas; aber die mensch

liche Natur auch in ihnen ergründet und zum Ausdrucke gebracht zu haben, ist nur Shakespeare gelungen. Sie sind in dieser Hinsicht typisch für ihn. Da nun Aaron dieser Auffassung entspricht, so kann er und mithin das Stück, dem er angehört, nur von Shakespeare geschaffen worden sein.

Außer Aaron gehört aber auch noch Titus zu den für Shakespeare typischen Charakteren. Er kehrt wieder im King Lear, wie Aaron in der Reihe Richard III.: Othello (Jago): Shylock zu erkennen ist. Wenn der Grundzug im Charakter Lear's das Bewußtsein seiner königlichen Macht und Würde ist, so ist er bei Titus das Bewußtsein seiner Ergebung an das Herrschergeschlecht. Der Nachweis, daß Titus und Aaron sich trotz ihrer Unfertigkeit in die oben aufgestellten Reihen typischer Charaktere einfügen, entscheidet für Titus Andronicus die Verfasserfrage zu Gunsten derjenigen, die das Stück Shakespeare zuschreiben.

Die Annahme typischer Charaktere dürfte aber für die ganze literargeschichtliche Forschung fruchtbringend werden, da sie uns nöthigt, auch bei der Behandlung von Einzelfragen, wie die nach dem Verfasser eines bestimmten Stückes es ist, die ganze Individualität des Dichters im Auge zu behalten.

Die kritischen Fäden, die Schröer in seinem Buche bloßgelegt hat, sind in einer überaus gehaltreichen und gediegenen Besprechung von Al. Brandl weitergesponnen worden (Göttinger Gel. Anz., 1891, Nr. 18, S. 708-728). Besonders eingehend wird dort das Verhältniß Shakespeare's zu Marlowe behandelt und der Nachweis geführt, daß Shakespeare von Marlowe nicht nur Bilder, Redewendungen, feinsinnige Sentenzen und dergleichen entnommen habe, sondern daß er auch in Bezug auf das Dramatische, auf die Schöpfung echter Gestalten bei ihm in die Lehre gegangen sei. Allein so dankbar wir auch all das von Brandl Gebotene entgegegennehmen, so scheint uns doch seiner Besprechung insofern etwas zu mangeln, als sie die methodologische Bedeutung der Schröer'schen Schrift zu wenig hervorhebt. Wenn man die rein äußerliche, oft geradezu handwerksmäßige Betrachtung bedenkt, die Dichtwerke gar oft, und nicht bloß in Doktordissertationen, erfahren haben, so wirkt das Durchlesen des Schröer'schen Buches wie eine Erlösung. Dabei ist Schröer weit davon entfernt, den Werth der äußeren Kritik zu unterschätzen. Allein er hat unbedingt Recht, wenn er die innere Kritik der äußeren als wesentliche Ergänzung gegenübergestellt wissen will, wenn er den Werth der ersteren höher veranschlagt als den der letzteren. Man lese Bücher wie diejenigen Fleay's, in denen nach rein äußerlichen Indizien nicht nur größere Partien eines Dichtwerkes dem einen Verfasser ab-, dem anderen zugesprochen werden, sondern in denen bis auf die einzelne Zeile, man möchte fast sagen bis auf das einzelne Wort hinaus die Verfasserschaft festgestellt wird, und man wird inne werden, wie hoch sich die allseitige Kritik Schröer's über dergleichen Scheinwissenschaft erhebt. Sprachliche Ausdrücke kann ein Dichter dem andern abhören, Bilder und Sentenzen lassen sich entlehnen, Gestalten und Charaktere werden aber aus dem eigenen Innern heraus geschaffen. Bei ihnen lassen sich wohl einzelne Züge nach fremdem Vorbilde herstellen, aber die Ganzheit der Person muß aus eigenster Anschauung hervorgegangen sein, wenn anders noch von einer dramatischen Schöpfung gesprochen werden soll. Daß dann bei einem und demselben Dichter gewisse Charaktertypen sich wiederholen werden, liegt in der menschlichen Natur viel tiefer begründet, als daß ein Schriftsteller für dieses oder jenes einzelne Bild, für einen Ausdruck, einen vereinzelten Gedanken, eine Vorliebe hegt und sie daher in verschiedenen Werken wiederholt. Die Aufstellung von einer Reihe typischer Charaktere ist mithin für die Entscheidung von

Verfasserfragen weit wichtiger als die Durchforschung des sprachlichen Ausdrucks, der Metrik, des Stils u. s. w. Aber ganz abgesehen von dieser Nutzanwendung der Charaktertypen giebt ihre Aufsuchung dem Studium der Dichtwerke eine ganz andere Vertiefung als die zahlenmäßige, schablonenhafte, schematische Behandlung des sprachlichen Materials. Schröer selbst sollte seine Methode nicht nur auf die übrigen Shakespeare'schen Dramen, sondern auch auf andere Erzeugnisse der elisabethanischen Literatur anwenden, und er dürfte sicher sein, daß er zu einer ganzen Reihe neuer, bisher unerwarteter Ergebnisse gelangen würde. Aber auch für das, was er in seinem vorliegenden Buche geleistet hat, zollt ihm die deutsche Shakespeare-Gemeinde aufrichtigen Dank, und zwar das soll zum Schluß nochmals hervorgehoben sein weniger für das in Bezug auf Titus Andronicus selbst zu Tage Geförderte, als vielmehr für den Weg, den er uns in seinem Buche gezeigt hat.

[ocr errors]

Friedrichsdorf (Taunus).

Dr. Ludwig Proescholdt.

W. Wetz, Shakespeare vom Standpunkte der vergleichenden Literaturgeschichte. Erster Band: Die Menschen in Shakespeare's Dramen. Worms, Verlag von P. Reiß, 1890. XX und 579 S. 8°. Preis M 7,20.

Die Leitung des Jahrbuches hatte beabsichtigt, das Wetz'sche Werk erst dann zur Besprechung zu bringen, wenn es fertig vorliegen werde. Sie war dabei von der Ansicht ausgegangen, der noch ausstehende zweite Band werde noch vor der Veröffentlichung des neuen Jahrbuches erscheinen. Da sie sich aber in dieser Hoffnung getäuscht gesehen hat und den so werthvollen ersten Band nicht länger unbesprochen lassen möchte, so hat sie den Unterzeichneten beauftragt, Zweck und Ziel dieses ersten Bandes den Lesern des Jahrbuches darzulegen. Hoffentlich sind wir n der Lage, im nächsten Jahre über die Vollendung des Wetz'schen Buches zu berichten. Zunächst sei unumwunden erklärt, daß die deutsche Shakespearekunde seit langen Jahren keine werthvollere Bereicherung erfahren hat als durch das Werk Wetz's. Es ist ein Erzeugniß echten deutschen Forscherfleißes, dessen Verfasser mit allen Gaben und Mitteln ausgerüstet ist, die für den Literaturforscher erforderlich sind: feine Beobachtung, klares, folgerichtiges Denken, gesundes Urtheil, ausgedehnte Literaturkenntniß, gründliche philosophische Schulung, besonders nach der Seite der Psychologie und Ethik hin, und endlich eine wohlthuende warme Begeisterung für seinen Gegenstand.

Es ist nicht zu leugnen, daß wie in der Literaturforschung überhaupt, so auch in der Shakespearekunde in neuerer Zeit eine heillose Verwirrung in Bezug auf die Methode der Forschung eingerissen war: hier einseitiges, mechanisches, zahlenmäßiges Zerpflücken der dichterischen Form, der Sprache, des Versbaues, des Stils, dort zusammenhangslose Betrachtung unbedeutender Nebenfragen, überall sich breit machende Wichtigthuerei in Einzeldingen, nirgends aber ein Eingehen auf die Ganzheit einer dichterischen Persönlichkeit und ihrer Werke. Das Gefühl dieses Mangels hat nun neuerdings verschiedenen führenden Geistern die Feder in die Hand gedrückt, und Wetz ist mit seinem epochemachenden Werke am ersten auf dem Plan erschienen, um die bisher übliche Literaturbetrachtung gründlich zu beseitigen. Fast gleichzeitig mit ihm erhob der leider unserer Wissenschaft so jäh entrissene, unvergeßliche ten Brink seine Stimme in der klassischen Rektoratsrede «Ueber die Aufgabe der Literaturgeschichte» (Straßburg, Hertz 1891). Eine eingehende Kritik hat diese Rede von Wetz in einer Broschüre erfahren, die unter

dem Titel «Ueber Literaturgeschichte» (Worms, Reiß, 1891) erschienen ist. Der Gegensatz, der zwischen ten Brink und Wetz besteht, läßt sich in wenigen Worten dahin zusammenfassen, daß ersterer mehr philologischer, letzterer ausschließlich philosophischer Literaturforscher ist. Wem von beiden in Bezug auf seine Methode die Palme zuzuerkennen sei, hat A. Schröer in einer höchst bedeutsamen Recension des Wetz'schen Shakespeare (Engl. Studien, Bd. XV, S. 282-289) mit durchschlagenden Gründen dargethan, derselbe Schröer, der das Literaturstudium durch seine vortreffliche Schrift über Shakespeare's Titus Andronicus unlängst bereichert hat (vgl. oben, S. 240).

Von dem vorliegenden Werke sagt Schröer, daß es nicht wegen sondern trotz der darin befolgten Methode einen so hohen Werth beanspruchen könne, und man kann ihm darin nicht Unrecht geben. Die Handlangerdienste, die von einzelnen Jüngern der Philologie der Literaturforschung geleistet worden sind, haben nämlich Wetz für die Bedeutung und die wirklichen Aufgaben der philologischen Wissenschaft geradezu verblendet. Er hält es für eine Anmaßung, daß der Philolog über den Werth oder Unwerth eines literarischen Erzeugnisses aburtheilen will, der sich doch an seinen sprachwissenschaftlichen Studien genügen lassen sollte. Wetz weist also jede philologische Hilfsleistung von sich und baut seine Literaturwissenschaft von Grund aus neu auf. Als Vorläufer erkennt er Lamotte und Perrault, Diderot, Herder, Schiller und Goethe an, unmittelbares Vorbild ist ihm indessen Taine mit seiner englischen Literaturgeschichte gewesen. Auch von Otto Ludwig, Flathe und Sievers hat er in Bezug auf Shakespeare Anregung erhalten; am meisten verdankt er aber neben Taine dem immer noch nicht genügend gewürdigten J. L. Klein.

In dem einleitenden Kapitel (S. 1—43) setzt sich nun Wetz mit der seitherigen Literaturforschung weitläufig auseinander und stellt die Wege und Ziele dessen fest, was er unter <<vergleichender Literaturgeschichte» verstanden wissen will. Dieses Ziel ist, durch Vergleichung analoger Erscheinungen untereinander in das innerste Wesen jeder einzelnen derselben einzudringen, die Gesetze zu entdecken, welche die Aehnlichkeiten wie die Verschiedenheiten bewirkt haben». Mit gutem Grund sagt der Verfasser, daß eine solche Literaturforschung nur zu Unrecht den Namen einer Literaturgeschichte führe, da sie durchaus keine historischen Ziele verfolge. Es ist also gar nicht abzusehen, warum Wetz für sein Buch einen Titel gewählt hat, der sich mit dessen Inhalt und Plan gar nicht deckt. Er selbst nennt seine Methode die analytisch-kritische; deshalb hätte er jedes Mißverständniß von vornherein vermeiden und seinem Werke den Titel geben sollen: «Shakespeare, nach den Grundsätzen der analytisch-kritischen Methode gewürdigt».

[ocr errors]

Diese analytisch-kritische Literaturbetrachtung tritt ganz voraussetzungslos an ihren Gegenstand heran; sie erkennt kein fertiges System ästhetischer Begriffe an, sondern sie geht von dem Werk auf den Dichter selbst zurück, fragt nach seiner Welt- und Lebensanschauung und baut sich so dessen eigene Psychologie auf, die ihrerseits den Maßstab für die Beurtheilung seiner Helden und deren Handlungsweise giebt. Auf diese Weise will Wetz, wenn alle Dichter der gleichen Behandlungsweise unterworfen worden sind, neue Grundlagen für die Aesthetik gewinnen. Das klingt nun alles ganz annehmbar; allein Wetz befindet sich doch in einer Art Selbsttäuschung, wenn er meint, seine Methode sei so voraussetzungslos, wie er vorgiebt. Die Art, wie er die Charaktere Shakespeare's auffaßt und beurtheilt, ge

schieht noch nach Maßgabe der bisherigen Psychologie und ihrer Begriffe, die doch empirisch, also geschichtlich gewonnen sind. Wetz kann mithin die historische Betrachtungsweise nach dieser Seite hin nicht entbehren, wenn anders er nicht in die von ihm selbst so hart angegriffene und, wie er sagt, «glücklich abgethane ästhetische Literaturgeschichte zurückverfallen will. Stände es um die bisherige Literaturgeschichte wirklich so schlimm, daß sie von lauter falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre und sich auf gänzlich verfehlten Bahnen bewegt hätte, so müßten wir jedes Urtheil über ein Dichtwerk bis auf Weiteres überhaupt aussetzen und das Fach der Literaturgeschichte aus dem Rahmen der Wissenschaften herausnehmen. So übel sind wir aber nicht daran; sondern es hat unter den viel geschmähten Philologen doch auch solche gegeben, die für den ersprießlichen Betrieb der Literaturgeschichte mit allem nöthigen Wissen und Können ausgerüstet waren. Mag man auch mit Wetz zugeben, daß ein Gelehrter wie ten Brink zu viel Gewicht auf die äußere Seite eines Kunstwerkes gelegt habe, so wird man doch nicht behaupten wollen, der innere Gehalt sei von ihm unterschätzt oder übergangen worden? Die rechte Methode der Literaturforschung wird eben die sein, die alle Hilfsmittel in der richtigen Weise für sich in Anspruch nimmt, sowohl die der philologisch - historischen Kritik wie die der analytisch - ästhetischen Forschung. Diese Methode ist in Schröer's Schrift über Titus Andronicus zur Anwendung gekommen und hat trotz der Sprödigkeit des Stoffes zu den schönsten Ergebnissen geführt. Im weiteren Verlauf seiner wissenschaftlichen Thätigkeit wird Wetz daher wohl daran thun, sich dem Schröer'schen Verfahren mehr oder weniger zu nähern; jedenfalls kann er durch die Heranziehung wirklicher philologischer Hilfe mehr Erfolg erwarten, als von den Beobachtungen in der psychiatrischen Klinik, die er für den Literaturforscher als besonders ersprießlich anpreist.

Habe ich mich bei dem einleitenden Kapitel länger aufhalten müssen, als mir selbst lieb ist, so geschah es nur, weil ich die methodologische Grundlage, auf der Wetz sein Gebäude errichtet, nicht in jeder Hinsicht für gefestet zu halten vermag. Um so schneller kann ich über den eigentlichen Inhalt des Buches hinweggehn und brauche nur zu sagen, er ist derartig, daß jeder Leser des Jahrbuches davon persönlich Kenntniß nehmen muß. In der That geht eine solche Fülle von Anregung von dem Buche aus, daß es eine wahre Lust ist, es durchzulesen. Eine Angabe der Kapitelüberschriften wird den Reichthum des Inhalts ahnen lassen: Psychologie der Jugenddramen (Kap. I, S. 48-106); Psychologische Bemerkungen zu den späteren Werken (Kap. II, S. 107 164); Sittliches Bewußtsein. Verhältniß von Leidenschaft und Vernunft. Willensfreiheit (Kap. III, S. 164–199); Der Konflikt (Kap. IV, S. 199-213); Gerechtigkeitsgefühl und Gewissen (Kap. V, S. 213 -246); Sittliche Anschauungen in den späteren Historien (Kap. VI, S. 246–262); die Verblendung durch die Leidenschaft. Othello (Kap. VII, S. 262-387); Die unsittlichen Humoristen (Kap. VIII, S. 387-420); Die Liebe und die Frauen (Kap. IX, S. 420—485). Auf Einzelheiten einzugehn, kann Referent sich hier versagen, zumal er dies schon an anderer Stelle gethan hat1) (Literaturblatt für germanische und romanische Philologie, 1891, No. 12, Sp. 402-405). Auch soll auf die umfängliche Rezension von Georg Geil hingewiesen werden (Zeitschrift für vergleich. Literaturgesch. und Renaissance-Literatur, N. F., Bd. IV, S. 494-501).

1) Auch wird es mir eine angenehme Pflicht sein, auf den Gesammtinhalt des Wetz'schen Werkes nach Erscheinen des zweiten Bandes zurückzukommen.

« ÎnapoiContinuă »