Imagini ale paginilor
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heimathlose Pilgerinnen verwandelt; wo die Männer fühlen, daß jede Stunde ihre Kräfte voll beanspruchen kann, sei es im Kampfe um das Dasein oder im Ertragen von Leiden.

Noch zwei weitere Ereignisse mögen als Beispiele dafür erwähnt werden, wie Shakespeare sein Material in die Form bringt, welche für seinen Plan erforderlich ist. In der Erzählung wird nach Orlando's Flucht Oliver ins Gefängniß gesetzt von dem bösen Herzog, dort spricht er sehr eingehend und in sehr euphuistischer Art seine Reue aus; sein eignes Leiden ist sichtlich die Wurzel dieser Reue. Im Stück ist es die sich behauptende Natur und nicht die rauhe Behandlung des Geschicks, welche die Umwandlung vollzieht. Oliver ist hier gerührt darüber, daß sein Bruder ihm Böses mit Gutem vergilt, daß er sein Leben daran wagt, ihn zu vertheidigen, der ihm selbst nach dem Leben getrachtet hat. Darum haben wir hier eine Herzensreue. Shakespeare stellt uns mehr den Mann vor Augen, welcher den Vorgang gestaltet, als den Vorgang, welcher den Mann bildet. Dieselbe Absicht ist in der Abänderung eines Ereignisses in der Schlußscene zu treffen. Die Erzählung berichtet von einer günstigen Wendung im Geschick des guten Herzogs (oder Königs), durch Kampf und Sieg. Shakespeare läßt statt dessen den bösen Herzog ein Heer sammeln und in den Wald vordringen, um seinem Bruder mit dem Schwert entgegen zu treten; hier angekommen wird er entwaffnet, aber nicht durch eine andere Armee, sondern durch den Einfluß des inneren Lebens, dem auch er, wie alle anderen, unterworfen wird, sobald er in das Reich der Natur tritt. Es ist keine äußerliche Veränderung, es ist Herzensänderung, welche auch über ihn kommt.

Je genauer man die ganze Anlage betrachtet, um so klarer wird die vollkommene Symmetrie ihres Aufbaues. Eine vollständige regelrechte Zergliederung zeigt einen Reichthum des Planes im Allgemeinen neben einer Vollendung der Einzelheiten, wie sie den wahren Meister der dramatischen Kunst kennzeichnen.

Literarische Uebersicht.

W

Szekspir w Polsce XVIII wieku przez Stanisława Estreichera. Krakowie, w drukarni 'Czasu', 1892 [Shakespeare in Polen im 18. Jahrhundert von Stanislaus Estreicher. Krakau, Druckerei des Czas, 1892]. 27 S. 8. Wir haben es mit einem Abdruck von Artikeln zu thun, die vom 26.-29. November 1891 im Czas (Nr. 271-274) erschienen sind. Von früheren Aufsätzen, die sich mit Shakespeare in Polen beschäftigen, nennt der Verfasser zwei: einen von Prof. Stanislaus Tarnowski im Przegląd Polski (Polnische Rundschau) 1877 und einen von Dr. Ziołecki, Shakspere in Poland, aus dem Jahre 1883. Beide beschäftigen sich, wie er angiebt, besonders mit den polnischen Shakespeare-Uebersetzungen des 19. Jahrhunderts. Mir ist nur Dr. Ziołecki's Abhandlung zur Hand, die in den Transactions of the New Shakspere Society, 1880-5, p. 431 ff. erschienen ist, und hier findet sich allerdings nur sehr wenig von dem, was Estreicher zu berichten weiß. Die erste Anspielung auf Shakespeare, ohne daß freilich sein Name genannt wird, hat der Verfasser in den 1762 von Joseph Rzewuski herausgegebenen Zabawki wierszopiskie (Poetische Unterhaltungen) entdeckt und zwar in einem Gedicht von Wacław Rzewuski, dem Vater des Herausgebers: es werden hier die Trauerspiele in dem volkreichen London' gelobt, die schönen Frauenaugen Thränen der Rührung entlocken, obgleich sie nicht nach den Regeln des Horaz gebaut seien (S. 9). 1765 wird dann in der 50. Nummer des Warschauer Moniteurs von dem unsterblichen Ruhm' gesprochen, den Shakespeare (und Addison) durch Dramen erworben, und im nächsten Jahre in Nr. 65 Shakespeare's Antonius und Cleopatra gegen die Nothwendigkeit der Beobachtung der drei dramatischen Einheiten ins Feld geführt (S. 10 f.). Unentschieden läßt es der Verfasser, ob Bohomolec für seine auf Plautus beruhenden Bliźnięta (Zwillinge) vielleicht auch Shakespeare's Comedy of Errors benützt habe (S. 12 f.). 1770 nennt Fürst Adam Czartoryski in der Vorrede zu einem seiner Lustspiele Shakespare den berühmtesten aller englischen Dramatiker. Er verdanke der Natur alles, der Bildung nichts, was denn auch seine Regellosigkeit erkläre. Wunderbar aber kommt er ihm vor in der Zeichnung erschütterter Gemüther und in der farbenreichen Schilderung der Natur (S. 15). Auch in seinem Theaterkalender für 1780 kommt Czartoryski auf Shakespeare zu sprechen: er erkennt an, daß er in vieler Hinsicht ewigen Ruhm verdient hat; meint aber, daß er von seinen Landsleuten, deren Geschmack er sich angepaßt, mehr geschätzt werde, als von Fremden (S. 16). Im Jahre 1782 erschien in Warschau im Druck Samochwał albo amant wilkołak, komedya we czterech aktach na teatrze warszawskim re

prezentowana (Der Prahlhans oder der Liebhaber als Werwolf, ein auf dem Warschauer Theater aufgeführtes Lustspiel in vier Akten). Mit diesem Stück sind Shakespeare's Merry Wives of Windsor auf die polnische Bühne gekommen; aber der Samochwał geht nicht direkt auf das englische Drama zurück, ist vielmehr eine Uebersetzung von L'amant loup - garou, ou Mr. Rodomont, pièce comique, imitée de l'anglais, von Jean Marie Collot d'Herbois (1777), und auch dieses französische Stück beruht nicht auf dem Original, sondern auf der Uebersetzung von Le Tourneur. Der polnische Bearbeiter, in welchem der Verfasser Zabłocki vermutet, zeigt seiner französischen Vorlage gegenüber nur insofern Selbständigkeit, als er den Schauplatz an die österreich-schlesische Grenze verlegt. Das einzige bekannte Urtheil eines Zeitgenossen, das allerdings erst im Jahre 1801 veröffentlicht wurde, daß der Samochwał nichts werth sei, findet der Verfasser ungerecht (S. 16 ff.). In seinen 1782 erschienenen Travels into Poland etc. rühmt Archdeacon William Coxe die Begeisterung des Königs Stanislaus für Shakespeare (S. 22; vergl. schon Ziołeki S. 432). Krasicki spricht 1781 von der Größe der Gedanken' Shakespeare's und seiner überaus fruchtbaren Phantasie', während er ihm in einem erst nach seinem Tode veröffentlichten Werke eine gewisse Wildheit vorwirft, was ihn aber nicht abhält, auch hier die Größe der Gedanken' zu betonen, die bei ihm die Bildung ersetzte, und anzuerkennen, daß mitten unter den allergröbsten Fehlern, sich dann und wann solche Glanzstellen zeigen, daß sie den Verfasser über die Meister erheben' (S. 23). Trembecki brachte Hamlet's Monolog To be, or not to be in polnische Verse, aber er hatte dabei nicht das Original, sondern Voltaire's Bearbeitung vor sich (S. 24). Im Jahre 1797 wurde der Hamlet zum ersten Male in polnischer Sprache in Lemberg aufgeführt (S. 25; vergl. Ziołecki S. 431). Der Verfasser schließt mit der Bemerkung, daß die Polen des 18. Jahrhunderts, wenn sie auch Shakespeare nicht nach vollem Verdienst zu würdigen verstanden, doch, mit Gottsched verglichen, voller Toleranz und Sympathie waren, daß das aber freilich bald anders wurde, wenn auch die Zeit, wo Shakespeare's Werke in Polen in den Bann gethan wurden und sein Name mit Barbarei gleichbedeutend war, glücklicherweise nicht lange dauerte. Julius Zupitza.

Theodor Bierfreund, Palemon og Arcite. En literaturhistorisk undersøgelse, som bidrag til Shakespearekritiken. København, Lehmann & Stages Forlag, 1891. 79 S. 8.

Bierfreunds Dissertation zerfällt in folgende fünf Abschnitte: 1) Giovanni Boccaccio. La Teseide (S 1-16), 2) Geoffrey Chaucer; Queen Annelide and False Arcite og The Knightes Tale (S. 17–25), 3) Kong Jakob I. af Skotland. The King's Quair (S. 26-27), 4) Knightes Tale og det Elizabethske Drama (S. 28—34), 5) Two Noble Kinsmen (S. 35-79). Die ersten drei Kapitel bieten wenig mehr als dürftige Inhaltsangaben der betreffenden Werke. Wo der Verf. darüber hinaus sich auf literarhistorische Erörterungen einläßt, giebt er entweder nichts Neues, oder läßt sogar thatsächliche Unrichtigkeiten mit unterlaufen. Nicht einmal die Inhaltsangaben sind überall genau (vgl. S. 27). Im vierten Abschnitt geht der Verf. nach kurzer Erwähnung der beiden verloren gegangenen Stücke Palamon and Arcyte' von Richard Edwards (1566) und ‘Palamon and Arsett' (1594 anonym) zu Shakespeares Midsummer Night's Dream und zu The Two Noble Kinsmen über. In Bezug auf das letztere Stück beleuchtet er die Ansichten der verschiedenen

Kritiker über die Verfasserschaft. Aber wie er schon bei Chaucer sich nicht vertraut mit den Ergebnissen der Forschungen ten Brink's und John Koch's zeigte, so läßt er auch hier die Kenntniß der einschlägigen neueren Literatur vermissen. Unter solchen Umständen wirkt es doppelt unangenehm, wenn B. gegen bewährte Gelehrte einen unbescheidenen, hochfahrenden Ton anschlägt. Des Weiteren legt dann der Verfasser seine eigene Ansicht über die Autorschaft der Two Noble Kinsmen dar und glaubt mit der Beantwortung der Frage: «Könnte Shakespeare das Stück geschrieben haben?» eine ganz neue Bahn der Untersuchung eingeschlagen zu haben. Allein darin irrt er; denn sowohl Boyle wie Delius sind vor ihm schon denselben Weg gegangen, wenn er sie auch zu verschiedenen Zielen geführt hat. Der Aufbau der Handlung und die Entwickelung der Charaktere führt B. zu der Ueberzeugung, daß Shakespeare nicht der Verfasser der Two Noble Kinsmen ist; aus inneren Kriterien leitet er vielmehr den Beweis für die Autorschaft von Beaumont und Fletcher her. Damit sagt uns B. indessen nichts Neues, sondern bleibt abermals hinter den Ergebnissen der bisherigen Forschung zurück, insofern andere schon versucht haben, den Antheil jedes einzelnen dieser beiden Dramatiker festzustellen. Auffallend ist, daß B. kein Wort über eine etwaige Betheiligung Massinger's an The Two Noble Kinsmen verliert, obschon eine solche von drei verschiedenen Seiten behauptet worden ist. Im Ganzen können wir nach dem Gesagten der Schrift B.'s keinen hohen Werth beimessen und in ihr selbst für Dänemark keine wesentliche Bereicherung der Shakespeare-Literatur erblicken. Friedrichsdorf (Taunus).

Dr. Ludwig Proescholdt.

M. M. Arnold Schröer, Ueber Titus Andronicus. Zur Kritik der neuesten Shakespeare-Forschung. Marburg in Hessen, N. G. Elwert'sche Verlagsbuch

handlung, 1891. VI. u. 140 S. 8°.

Da der unterzeichnete Referent sich schon mehrfach über das vortreffliche Buch Schröer's geäußert hat, so kommt es ihm im Folgenden weniger auf eine Kritik als vielmehr darauf an, die Leser des Jahrbuchs durch einen kurzen Inhaltsauszug damit bekannt zu machen. Die Aufgabe, die sich Schröer gestellt hat, besteht darin, gelegentlich einer Untersuchung über die Verfasserschaft von Titus Andronicus methodologische Fragen der heutigen literargeschichtlichen Forschung grundsätzlich zu erörtern.

Die Shakespeare-Forschung hat sich und darin müssen wir dem Verfasser unbedingt beistimmen in jüngster Zeit vielfach der kleinlichen Behandlung einzelner Nebenfragen zugewandt und läuft dabei Gefahr, das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Die Hauptfragen betreffen die Behandlung des Stoffes und gehören in das Gebiet der Aesthetik. Bei Shakespeare ist die dramatische Behandlung des Stoffes eine wechselnde. In den Jugendwerken steht der Dichter noch nicht über seinem Stoffe, sondern dieser ist so mächtig, daß er sich die Ausgestaltung der Charaktere unterordnet; mit den Jahren ändert sich das insoweit, daß der Stoff den Charakteren unterliegt und diese den Aufbau des Dramas bedingen. Dieses Verhältniß tritt in den großen Tragödien hervor, zu denen Shakespeare durch die Reihe seiner Historien hindurch herangereift ist. In den Jugendwerken darf man noch nicht folgerichtige Entwickelung und Ausgestaltung der Charaktere verlangen; was man von ihnen erwarten kann, ist nur, daß die in ihnen zur Darstellung ge

langenden Charaktere sich in Uebereinstimmung mit dem jeweiligen Entwickelungsstadium von des Dichters Welt- und Menschenauffassung befinden.

Daraus ergiebt sich ein Kriterium zur Entscheidung von Verfasserfragen. Läßt sich nämlich in einem anonymen Drama die Folgerichtigkeit der Charaktere erweisen, d. h. steht die darin geoffenbarte Welt- und Menschenanschauung in folgerichtigem Zusammenhange mit der eines bestimmten Dichters in seinen späteren, anerkannten Werken, so wird das Werk diesem Dichter zuzuschreiben sein. Jeder Dramatiker wird die menschlichen Charaktere nach seiner ihm eigenthümlichen Weise auffassen und zur Darstellung bringen; aber diese wird in allen seinen Charakteren zu erkennen sein. Die Individualität des Dichters wird sich daher in einzelnen Charaktergebilden immer wieder ausprägen, jeder Dichter wird also in seinen Werken für seine persönliche Auffassung bezeichnende, typische Charaktergestalten aufzuweisen haben. Man darf diese Art der typischen Charaktere nicht mit dem verwechseln, was gemeinhin unter dieser Bezeichnung verstanden wird, nämlich die Personifikationen von ein für alle Mal fertig stehenden Moralbegriffen, die der gesammten Dramatik einer bestimmten Zeit eigen sind. Typisch im Sinne Schröer's sind solche Charaktere, die, durch alle Werke eines Dichters hindurch wiederkehrend, seine Weltanschauung wiederspiegeln, also wie diese selbst dem Wandel, der Entwickelung, der Vervollkommnung fähig und unterworfen sind. Es leuchtet ein, daß das Auffinden solcher typischer Charaktere für die Beantwortung von Verfasserfragen in hohem Grade geeignet sein muß, und Schröer selbst macht die Probe darauf bei seiner Untersuchung des Titus Andronicus.

Zunächst macht er glaubwürdig, daß das Stück schon vor 1594 verfaßt worden sein müsse, und weist auf die Möglichkeit hin, daß Shakespeare um diese Zeit ein älteres Stück überarbeitet und daß dieses ältere den deutschen Versionen zu Grunde gelegen habe.

Der Stoff ist jedenfalls schon 1567 bekannt gewesen; allein eine bestimmte Quelle, aus der er geflossen ist, hat man bis jetzt nicht nachweisen können. Mit Hertzberg ist der Verfasser der Meinung, daß sie möglicher Weise in einem historisierenden Romane zu suchen sei; nicht aber vermag er, wie Hertzberg, die Handlung in das 3. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung zu verlegen. Die angezogenen Stellen aus der byzantinischen Kaisergeschichte können nicht als solche mit Sicherheit betrachtet werden, die Shakespeare beeinflußt haben, zumal die byzantinische Geschichte sehr reich an Vorfällen ist, die an das Shakespeare'sche Drama erinnern. Die Forschung nach der direkten Quelle ist also noch nicht abgeschlossen.

Der Verfasser wendet sich nunmehr gegen Fleay, der Titus Andronicus der Kyd-Marlowe'schen Schule zugewiesen sehen will. Zunächst deutet er darauf hin, daß die lateinischen Citate und Anspielungen auf römische Sagen sich ganz im Shakespeare'schen Gedankenkreise bewegen; sie stammen aus Seneca, Ovid und Horaz, welch letzteren Shakespeare in der Ursprache gelesen hat. Sie können also nur für die Shakespeare'sche Verfasserschaft zeugen. Der Vergleich ausgewählter Stücke aus Titus Andronicus, The Jew of Malta, The Spanish Tragedy, Cornelia und Love's Labour's Lost liefert ferner den Beweis, daß, nach den metrischen Eigenthümlichkeiten zu urtheilen, Titus Andronicus mit den Stücken 2 bis 4 nicht eines Verfassers sein kann. Endlich kann den von Fleay beigebrachten Daten aus der elisabethanischen Theatergeschichte keine Beweiskraft zuerkannt werden, weil sie durch keinerlei Quellenangaben belegt sind.

Damit ist die äußere Kritik erledigt, und Schröer wendet sich nunmehr der

Jahrbuch XXVII.

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