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net, keine, deren Titel genau dem obigen entspricht. Die Hecatongraphie, an die F. Liebrecht in seiner Uebersetzung von J. Dunlop's Geschichte der Prosadichtungen, 1851, S. 492a denkt, enthält, wie ich aus dem Berliner Exemplar der Pariser Ausgabe von 1543 ersehe, nur Zeichnungen von Emblemen nebst französischen Versen, aber keineswegs unsere Geschichte. Vielleicht ist die öfter aufgelegte und 1631 von Phil. Bosquierus ins Lateinische übersetzte Sammlung Corrozet's, Les divers et memorables propos des nobles et illustres hommes de la Chretienté, Paris 1557, gemeint, die mir indeß leider nicht zur Verfügung steht.

Der lateinische Text findet sich auch gleichlautend bei M. A. Delrius, Magicae disquisitiones (zuerst 1599) IV, 530 ed. 1657 und bei I. J. Schudt, Jüdische Merckwürdigkeiten, 1714, II, 191. Zu einer weitläufigen Gerichtsverhandlung hat Matth. Abele in seiner Metamorphosis telae iudiciariae, D. i. Seltzame Gerichtshändel (Nürnberg 1655 S. 201-208) den Fall ausgesponnen. Er beginnt: «Es schreibt Aegidius Corrozetus de dict. & fact. mem. daß in der Stadt Constantinopel ein Christ fünffhundert Ducaten von einem Juden zu entlehnen begehrt. Der Jud gab ihm die gebetne Summa, mit dem Beding, daß er an statt des Zinß, auf gewissen Termin, ihme vier Loht seines eignen Fleisches zukommen lassen solte.»>

Endlich führe ich noch die wörtliche deutsche Uebersetzung im «Kurtzweiligen Zeitvertreiber. Zusammengetragen durch C. A. M. von W1)», 1666, S. 185 an:

In Constantinopel lehnt ein Christ von einem Juden hundert Ducaten, davon an Wucher zu geben vier Loth seines Fleisches. Wie nun nach verflossenen Termin der Jud die hundert Ducaten wider empfangen hatte, wolte er auch die Rente haben, und weil solches dem Christen hoch schädlich, wegert er sich dessen. Der Jude verklagte ihn vor dem Türckischen Käyser Sultan [!], der ließ ihm ein Schermesser reichen, mit erlaubnüß, die vier Loth Fleisch auß dem Christen zu schneiden, doch nicht mehr, und nicht weniger. Weil es aber der Jud nicht wagen dörffen, hat er den Christen ohne Rente erlassen müssen.

1) Vgl. über dies oft aufgelegte Schwankbuch Goedeke, Grundriss 2 III, 266. Hayn, Bibliotheca Germanorum erotica 1885, S. 357.

Die Oxforder Tragödie Thibaldus (1640).

Von

Johannes Bolte.

In Bd. XXI, 187 versuchte ich in der lateinischen Komödie Moschus des Jenaer Studenten Jakob Rosefeldt') eine Nachwirkung von Shakespeare's Kaufmann von Venedig nachzuweisen; heut möchte ich auf ein anderes lateinisches Drama aufmerksam machen, das in einem, wenn auch nur entfernten Verhältniß zu der Liebestragödie Romeo und Julia zu stehen scheint. Es ist 1640 zu Oxford erschienen und trägt folgenden Titel:

THIBALDVS SIVE | VINDICTAE | INGENIVM. | TRAGOEDIA || Et Tragicus plerumque dolet sermone pedestri. | HOR. DE ART. POET. | OXONIAE, | Excudebat LEONARD. LICHFIELD, | ANNO DOM. 1640. 111⁄2 Bogen + 80 S. 8°. (Bremer Stadtbibliothek. Oxford.)

Ueber den ungenannten Verfasser vermag ich keine Vermuthung zu äußern, da eine Arbeit, wie sie C. H. Hartshorne 1825 in The Retrospective Review 12, 1-42 für die Cambridger Studentenaufführungen versuchte, für die Oxforder Dramen noch mangelt; auch das von D. E. Baker, Biographia Dramatica (1812) 3, 434-441, gegebene Verzeichniß lateinischer Schauspiele aus England hilft uns nicht weiter.2) Vielleicht aber hängt die mir leider zur Zeit nicht zugängliche Tragödie des Oxforder Fellow Thomas Snelling: Pharamus sive Libido Vindex. Hispanica tragoedia. Londini 1650 (Oxford) mit unserm Stücke zusammen, da auch in diesem ein Prinz Pharamus eine bedeutende Rolle spielt. Der Inhalt ist kurz folgender:

Prinz Thibaldus von Aragonien erfährt von dem Mundschenk Almundus, daß sein Vater, König Alfonsus, keines natürlichen Todes gestorben, sondern von seinem ältesten Sohne Pharamus vergiftet worden sei. Zugleich drohen ihm von seinem Oheim Velascus Gefahren, der die beiden Brüder und ihre Schwester Olinda aus dem Wege räumen

1) Vgl. Allgemeine deutsche Biographie XXIX, 187 f.

2) Vgl. jetzt auch F. G. Fleay, A Biographical Chronicle of the English Drama 1559-1642, London 1891. II, 359–365.

will und deshalb in Pharamus Begierde nach dem Besitze von Thibaldus' Braut Julitta, bei Thibaldus aber Eifersucht auf den Bruder zu erregen sucht. Ein Mordanschlag aber, den Velascus auf Geheiß des Pharamus durch eine Hexe gegen das Leben seines Neffen ins Werk setzt, miẞlingt. Schließlich lockt Julitta im Einverständniß mit ihrem Geliebten den Pharamus zu sich, und dieser wird nebst Velascus von verkleideten Tänzern erstochen.

Die Anlage dieses blutigen Trauerspiels erinnert freilich mehr an Thomas Kyd's Spanish Tragedy und ähnliche Dichtungen als an Shakespeare; doch glaube ich in den Namen des nach vielen Fährnissen vereinigten Liebespaares Thibaldus und Julitta eine Reminiscenz an Shakespeare's Romeo and Juliet annehmen zu dürfen. Daß nicht an die italienischen Novellen des Luigi da Porto und Bandello zu denken ist, verräth schon die Form Thibaldus, die bei jenen Tebaldo lautet. Die englischen Uebertragungen aber von Arthur Brooke (1562) und William Paynter (1567), die den Vetter Julia's Tibalt und Thibault nennen, waren wohl um 1640 schon zu sehr vergessen, als daß sie neben dem Shakespeare'schen Drama in Betracht kommen könnten.

Die Handlung in „Wie es Euch gefällt“.

Eine induktive Studie.

Von

C. A. Wurtzburg.1)

Dieses Stück bietet uns ein schönes Beispiel von zwei der charakteristischsten Seiten der Shakespeare'schen Dichtung: der Vielseitigkeit seines Geistes und der Symmetrie seiner künstlerischen Arbeit. Wenn man es nach diesen beiden Gesichtspunkten erklärt, wird sich seine Fülle und Schönheit im hellsten Glanze offenbaren. Eine solche Erklärung zerfällt naturgemäß in folgende Aufgaben: die Symmetrie der Anlage zu erforschen; dann die Auswahl und Entwicklung der Charaktere zu betrachten; und endlich die Ergebnisse abzuwägen, um die sittlichen Prinzipien zu erkennen, welche dem ganzen Aufbau zu Grunde liegen letzteres die verlockendste Aufgabe für den Kritiker, der immer bemüht ist, in seiner Analyse den lebendigen Geist des Dichters zu erfassen, mit dem dieser den Gebilden seiner Phantasie Leben verleiht.

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Die Fabel ist, wie so oft bei Shakespeare, nicht original; sie ist aus Thomas Lodge's Novelle «Rosalynde» entnommen, einer Liebesgeschichte im sogenannten euphuistischen Stil, welcher sich durch übertriebene Zierlichkeit auszeichnet. Es ist darin ein solches Uebermaß von Schilderungen und Antithesen aufgehäuft, daß diese zur Hauptsache werden und der Verfasser mitunter durch den Stil ganz zurück gedrängt wird. Aber abgesehen von ihrem Euphuismus ist <<Rosalynde» eine Erzählung voll klarer sittlicher Wahrheit und gesunder Empfindung. Sie gleicht einer schönen Frau in einem phantastischen Gewande; nachdem wir sie kennen gelernt haben,

1) Aus Poet-Lore. June and July. Philadelphia 1891.

freuen wir uns in dem Gedanken, daß auch Shakespeare seine Freude daran hatte, was wir wohl daraus schließen können, daß er den Stoff entlehnte, und aus der Art, mit der er ihn behandelte.

Seine Kraft als dramatischer Dichter zeigt er in dem Geschick, womit er das ihm vorliegende Material benutzt. Mit unfehlbarer Sicherheit entscheidet er, was für seine Kunstzwecke brauchbar ist, weist das Ueberflüssige zurück, ändert das für seinen Plan weniger Geeignete, schafft schließlich neu, was noch fehlt, und zeigt der Welt vollkommen neue Charaktere, so daß sich ein abgerundetes vollständiges Ganze ergiebt, — kurz, ein vollkommenes Lustspiel, innerlich eben so originell und von tiefster Wahrheit, wie leicht und anmuthig in der äußeren Erscheinung.

Erzählung und Schauspiel sind eng verbundene Schwesterkünste, die vieles Gemeinsame haben. Beide beruhen auf Erfindung und Anhäufung von Ereignissen, die entweder um ihrer selbst oder um eines besonderen Zweckes wegen da sind, und bei beiden hängt der Eindruck von der Handlung oder der Anordnung der Ereignisse ab. Aber hier kommen wir zu dem Unterschiede zwischen beiden Gattungen. Das Schauspiel braucht für seine Handlung eine Auswahl von Ereignissen; die Fülle und Freiheit der Erzählung ist hier in verschiedener Art beschränkt. Wegen der mechanischen Schwierigkeiten bei der Aufführung kann der Theaterdichter nicht unausgesetzten Scenenwechsel verlangen; auch können auf der Bühne nicht alle Arten von Scenen dargestellt werden, die des Erzählers Feder schildern kann. Auf der Bühne wird ferner eine größere Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit erfordert. Die Handlung im Schauspiel kann nie in die Vergangenheit zurückgreifen; alles vorher Geschehene muß vorausgesetzt werden, während die Erzählung eine der tiefsten Wirkungen damit erreicht, daß dem Leser eine spannende Situation geschildert, und wenn sein Interesse gesichert ist, zurückgegangen wird, um Gründe und Ursachen dieser Situation klar zu legen, bevor die Handlung vorwärts schreitet. Ferner muß im Schauspiel jeder Charakter und jedes Ereigniß sich selbst erklären, während bei der Erzählung immer der Erzählende da ist, um alles zu begründen und auseinander zu setzen.

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Wir sehen hieraus, welche Schwierigkeiten Shakespeare zu überwinden hatte Schwierigkeiten des dramatischen Aufbaus wenn er eine beliebte Erzählung in dramatische Form brachte. Neben diesen Schwierigkeiten hatte er auch mit den Eigenthümlichkeiten des euphuistischen Stiles zu kämpfen, der den Fortgang der Geschichte

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