Imagini ale paginilor
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III, 4, 137. Das Where then? ist eine Frage, die Imogen im ersten Eindrucke selbst, gleichsam an sich, richtet, und sich im Folgenden dann auch selbst beantwortet.

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III, 4, 180. You have me rich heißt: Ihr habt mich, der ich reich bin, und Ihr wißt, daß mein Reichthum der eure ist. Die Lesart unsres Autors: Your means abroad, I hope, be rich ist ganz unbegründet. Von welcher künftigen Stellung Imogen's kann die Rede sein, aus der sie reiche Mittel schöpfen würde? Sie geht ja hilflos in die Welt!

III, 5, 70. Than lady, ladies, woman. Im Munde des rohen Patrons ist dies eine herauspolternde Steigerung: Eine Dame, alle Damen, ja das ganze weibliche Geschlecht! Wenn aber hier eine Aenderung nöthig wäre, würde mir Elze's noch besser gefallen, als der vom Autor unnütz eingeschobne Schwur b'r lady. Das macht weder den Vers noch den Sinn schöner.

III, 6, 22. Take or lend ist verständlicher als die verschiedenen vorgeschlagenen Lesarten: Nimm oder gieb; d. h. tödte mich, oder gieb mir Speise, die ich dir zahlen will. Das liegt näher im Sinn, und giebt nicht weniger, als die anderen Formen.

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I mean, to man, he had not apprehension

Of roaring terror; for defect of judgment
Is oft the cause of fear.

Weil er noch so jung ist, hat er kein Urtheil über Gefahr, und gerade die falsche Beurtheilung der Lage weckt oft Furcht. Wir brauchen also auch hier weder Theobald, noch Elze, noch Sprenger. IV, 2, 284. Für upon their faces will der Autor ashes lesen, und schreibt dann: „Die Entstellung faces, wofür vielleicht ursprünglich fashes geschrieben wurde..." Ja, wann und wo wurde denn fashes für faces geschrieben?!

V, 1, 12.

You snatch some hence for little faults, that 's love,

To have them fall no more: you some permit

To second ills with ills, each elder worse,

And make them dread it, to the doer's thrift.

Der Sinn ist so deutlich wie nur möglich: Einige lasset ihr früh sterben, und das ist zu ihrem Besten, denn sie können nicht mehr sündigen; andere laßt ihr Sünde auf Sünde häufen, daß sie endlich, zu ihrem eignen Wohle, Entsetzen vor ihren bösen Thaten

empfinden und Umkehr halten. Das elder ist als «später» zu verstehen, wie die späteren Lebensjahre auch die älteren sind.

Was

die Erklärung des Autors für seine Lesart reap an Stelle von dread bedeuten soll, ist mir ganz unklar. Er sagt: „Und laßt ihn den Vortheil davon (von seinen bösen Thaten) haben, zum Gedeihen. des Thäters." Das wäre ja eine sonderbare Vorsehung, die so verführe!

Antony and Cleopatra. V, 1, 13.

The breaking of so great a thing should make

A greater crack: the round world

Should have shook lions into civil streets..

Gegen irgend eine Vervollständigung des Verses hätte ich allenfalls nichts einzuwenden, obwohl ich weiß, daß Shakespeare gerade in das Abbrechen des Verses ein großes Gewicht legt; warum er aber, wenn er von der ganzen Welt sprechen will, an die überschwemmte denken soll, ist mir nicht ganz klar. Ich glaube auch nicht, daß Caesar hier sich an Dercetas oder Agrippa wendet; er spricht es zu sich er ist ja überhaupt nicht sehr mittheilsam und läßt sich am halben Verse genügen, wie Goethe den siebenfüßigen Hexameter in «Hermann und Dorothea» stehn ließ.

V. 2. 216.

and I shall see

Some squeaking Cleopatra boy my greatness

I the posture of a whore.

Unser Autor verändert boy in bow. Eine Aenderung in den Worten ist meiner Ansicht nach gewiß nicht nöthig, höchstens in der Interpunktion; ein Gedankenstrich hinter boy genügt, einen klaren Sinn zu geben:

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Wenn der Autor sagt: „Aber auch das Kompositum Cleopatra-Boy kann Shakespeare schon deshalb nicht gebildet haben, weil eine besondere Hervorhebung der allgemein bekannten Thatsache, daß die Frauenrollen von jungen Männern gespielt wurden, ganz überflüssig war." Doch nicht überflüssig, wenn der Kontrast zwischen boy und Cleopatra dem Ganzen eine so prägnant verächtliche Färbung giebt. Wenn übrigens Herr Sprenger trotzdem eine neue Lesart haben will, kann ich ihm auch mit einer solchen dienen, die mir eben einfällt: wie wäre es, wenn wir statt boy bog läsen? Bog kommt im Shakespeare zwar nur als Hauptwort vor, aber als Verbum heißt

es doch in den Koth ziehen», und wäre hier vielleicht zu gebrauchen? Wie? Ich beanspruche aber keine Anerkennung für diese Emendation; mir genügt die erste Folio.

V. 2. 316.

Now boast thee, Death, in thy possession lies
A lass unparallel'd.

Herr Sprenger findet es respektwidrig, daß die Dienerin ihre Herrin lass nennt. Ach, mein Herr, der Tod ist ganz respektlos; dem gegenüber ist Cleopatra wie Charmian ein Weib, und auch wir haben im Sterben wenig Hochachtung vor Rang und Würde! Grade, daß Charmian ihrer Herrin gegenüber in diesem Augenblicke das liebkosende Wort gebraucht, rührt uns, rührt uns viel mehr, als das nüchterne loss, das allenfalls jemand gebrauchen könnte, der selbst nicht stirbt. Und dann klänge es wohl auch dem Ohre eines Engländers wunderlich, wenn er von einem loss hörte, der in the possession of death liegen solle.

Ich will hier schließen, obwohl damit erst die Hälfte der Sprengerschen Arbeit in's Auge gefaßt ist; da ich aber hauptsächlich die Absicht hatte, dem Herrn Autor an wenigen Beispielen zu zeigen, wie ich meine, daß Emendation im Allgemeinen behandelt werden solle, und da ein erschöpfendes Durchgehn seiner Arbeit für die weiteren Kreise der Leser ermüdend werden könnte, so ist es besser, wenn ich diejenigen, die sich für das Vorliegende eingehender interessieren, an das Original verweise. Das Programm ist in Northeim (Hannover) von der dortigen Realschule veröffentlicht.

Der Autor wolle aus dem Vorliegenden herauslesen, daß es von keiner Lust am Tadeln, sondern von dem Wunsche diktiert ist, einer vielversprechenden, tüchtigen Kraft, so weit mein Können reicht, zur Seite zu stehn. Denn unsere Reihen sind arg gelichtet, und wir brauchen starken Nachwuchs.

F. A. L.

Miscellen.

Zur Shylockfabel.

Von

Johannes Bolte.

Eine von den bekannten Gestaltungen der Erzählung vom Fleischpfande1) wesentlich abweichende Fassung stieß mir vor kurzem in einem niederländischen Anekdotenbuche auf: Clucht boeck, inhoudende vele recreatiue Prepoosten ende Cluchten, wt veel gheleerder mannen, ende vermaerde Philosophen Boecken vergaert. Van nieus in Nederlantsche sprake overgheset, oversien, ende oock vermeerdert. T 'hantwerpen. 1576. 8° (Stadtbibliothek Danzig). Die Scene ist nach Konstantinopel verlegt, und Sultan Soliman fällt die Entscheidung, wie anderwärts Kaiser Karl der Große; außerdem verpflichtet sich der Schuldner von vornherein, dem Gläubiger zwei Unzen seines Fleisches als Zins mit dem Kapital zur Verfügung zu stellen:

[S. 87] Tvonnisse, dwelck sultan Solyman, turcx keyser, over eenen Christen ende Jode wees.

Inde heerlijcke ende keyserlijcke stadt van Constantinople was een Christen, die op eenen Jode begeerde, dat hi hem vijf hondert Ducaten wilde leenen. De Jode en weygherdese hem [88] niet en wildense hem wel doen op alsulcke conditien, dat hi hem soude twee oncen vleeschs wt sijnen lichame gesneden voor woecker geuen. Als den termijn nv gevallen was, dat hem die Christen tghelt ende ooc den woecker weer sou geven, soo en wilde hy hem niet dan die vijf hondert gulden wederom geuen. De Jode dede hem dagen ende ontbietten voor trecht, om vanden woecker voldaen te worden. De turcsche keyser Solyman hoorde haerder beyder clachte ende aensprake, ende om de sake rechtueerdelijc te wijsen, dede een

1) Oesterley zu Gesta Romanorum (1872) cap. 195, und zu Johannes de Alta Silva, Dolopathos (1873) p. XXI. — L. Kellner, Engl. Studien X, 81. — Bolte, in diesem Jahrbuch XXI, 187. Die ebd. XXI, 210 mitgetheilte Erzählung Bütner's hat sich bis ins 18. Jahrhundert fortgepflanzt. Georg Christoph Ruckard, Die lachende Schule, Hall 1725 S. 25 Nr. 21 berichtet fast ebenso vom Rabbi Ben Salomon zu Prag.

Jahrbuch XXVII.

15

scheermes comen ende gaft den Jode, seggende: Om dat ghy u des rechts ende der justicien niet en sout beclaghen oft seggen, datmen v geen recht en dede, siet, snijt met dien scheermesse wt des Christens lichaem twee oncen vleeschs, dwelck ghy segt v te comen; maer siet wel toe, dat ghijs oock niet meer oft min en snijt! Oft by mijnen propheet Mahomet, soo sulder om steruen. De Jode siende, dat sulex onmoghelijck was, schelde dem Christen quijte.

Wie ich an einem andern Orte 1) nachgewiesen habe, entstammt diese Sammlung verschiedenen deutschen und französichen Schwankbüchern. Für die eben mitgetheilte Nummer vermag ich auch aus einem späteren französischen Werke: Thresor des recreations contenant histoires facetieuses et honnestes propos... Rouen, J. Osmont 1611. 12° (Berlin. Erste Ausgabe Douay 1605. 12°) eine fast gleichlautende Parallele anzuführen.

[p. 26] Le iugement du Sultan Soliman grand seigneur des Turcs.

En la ville de Constantinople vn Chrestien demanda par prest à vn Juif la somme de cinq cents ducats. Le Juif les luy bailla à condition que pour l'usure il luy bailleroit à la fin du terme deux onces de sa chair couppées en l'vn de ses membres. Le temps de payer escheu, le Chrestien rendit les cinq cens ducats au Juif, refusant bailler sa chair. Le Juif pour auoir l'vsure le feit convenir deuant le grand seigneur: lequel ayant ouy les demandes et responses, et iugeant à l'equité commanda apporter vn rasoir, et le mettre dans la main du Juif, luy disant: Afin que tu cognoisses qu'on te fait iustice, couppe de la chair du Chrestien deux onces selon ta demande: mais garde toy bien d'en coupper ou plus, ou moins, autrement ie te feray mourir. Le Juif sçachant cela impossible, tint le Chrestien pour quitte.

Auf die eigentliche Quelle leitet uns die folgende lateinische Fassung, welche ich aus Theodor Zwinger's Theatrum humanae vitae, Basileae 1586 und 1604 (in der ersten Ausgabe Basel 1565 fehlt diese Stelle) Vol. VII, Lib. IV, p. 1913 b hersetze:

Constantinopoli Judaeus Christiano egenti certam auri summam mutuo dederat, uti constituto tempora et sortem et usurae loco duas carnis eiusdem Christiani uncias reciperet. Christianus sortem reddit, usuram negat. Solymannus imperator Judaei crudelitate, Christiani necessitate animadversa, novaculam afferri iubet, et ad Judaeum conversus: Age vero', inquit, 'ius tuum persequere, qua cunque voles parte, carnem exime, nec plus nec minus duabus unciis. Erroris poena capitalis erit.' Judaeus periculo territus foenus sponte remisit. — Aegidius Corrozetus de Dictis et factis mem.

Der hier citierte Gewährsmann ist der Pariser Schriftsteller und Buchdrucker Gilles Corrozet, geb. 1510, gest. 1568. Leider findet sich unter seinen zahlreichen französischen Schriften, die Nicéron (Mémoires pour servir à l'histoire des hommes illustres XXIV, 153 f. 1724) verzeich

1) Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde 1891, 127–143: Ein Antwerpener Cluchtboeck von 1576.

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