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auch die Sprache einen geübten Dichter bekundet, dem die dialogische Diktion leicht wird." Alles spricht dafür, daß Shakespeare's Name auf dem Titel eine Fälschung war. Dieser lautet: The London Prodigall. As it was plaide by the Kings Maiesties seruants. By William Shakespeare. London. Printed by T. C. [d. h. Thomas Creedel for Nathaniel Butter. 1605. 40. Nach einer Stelle im ersten Akte ist das Stück, über welches keine Eintragung im Buchhändlerregister noch auch bei Henslowe existiert, 1600 oder 1604 geschrieben. Während Hazlitt, bei dem es die vierte Stelle der Doubtful Plays einnimmt, meint, wenn es wirklich ein Werk Shakespeare's war, so muß es zu seinen Jugendsünden gehört haben", ist Malone zweifelhaft, worüber man sich mehr wundern solle, über die Unverschämtheit des Buchhändlers, Shakespeare's Namen auf ein Werk zu setzen, von dem er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eine Zeile geschrieben hat, oder die Gleichgültigkeit Shakespeare's, der eine solche Fälschung ruhig über sich ergehen ließ".

Die fünf Akte der Geschichte des Matthew Flowerdale sind nach Hazlitt's Ausgabe (The Supplementary Works of Shakespeare. London 1865), wieder von Moltke in den Doubtful Plays', Leipzig 1869, als fünftes Stück abgedruckt. Lessing sagt in einem Briefe vom 9. Sept. 1780, er wolle es übersetzen, doch that er es nicht.

Nachdem Eschenburg (Shakespeare's Schauspiele, Zürich 1782, Band XIII) es im Auszuge behandelt, bearbeitete es Schröder unter dem Titel: «Kinderzucht oder das Testament» (erschienen Berlin 1831). Schlegel (Ueber dramatische Kunst und Literatur. Heidelberg 1803. S. 238. Vgl. Kritische Schriften, I, 337) und Tieck erklärten auch dies Drama für echt; der letztere brachte es 1836 in seinen <<Vier Schauspielen von Shakespeare», Stuttgart, als letztes Stück (S. 277-366) und nennt es im «Altenglischen Theater» (Berlin 1811, 2., XI.) meisterhaft. Ferner brachten es Eckert (1821) und Döring (Gotha 1833; 2. Aufl. 1840) und Ortlepp (Stuttgart 1840). Klein (Geschichte des Dramas, IV, 801) sagt: „Zum London Prodigal hat die italienische Pinzochera (d. h. Bigotte) gesessen", und X, 173 sagt er in einer Vergleichung des Prodigal und des Vizekönigs in Lope de Vega's (1562-1635) La Hermosura: „Eins der problematischen Jugendstücke Shakespeare's ob Shakespeare's oder nicht, bleibe dahingestellt scheint uns um deswillen auszeichnenswerth, weil dasselbe im ostwestlichen Sagenkreise dieses Motivs ähnliche Frauenstandhaftigkeit und Selbstaufopferung, seit der Griseldis, unseres Wissens der einzige Versuch ist, das Problem in eng

bürgerlicher Sphäre zur Geltung zu bringen". (Vgl. noch Horn, Shakespeare erläutert. IV, 315).

3. Das Yorkshire-Trauerspiel

ist die Dramatisierung eines Vorfalles, der sich 1604 ereignete, worüber Eschenburg (Shakespeare's Schauspiele, Zürich 1782. XIII, 431) nachzusehen ist. Das Stück wurde am 2. Mai 1608 unter der Bezeichnung: a booke called a Yorkshire Tragedy, von Pavier in die Buchhändlerregister eingetragen und erschien 1608 als A Yorkshire Tragedy. Not so new as lamentable and true. Acted by his Maiesties' Players of the Globe. Written by W. Shakspeare. London printed by R. B. for Thomas Pavier. 4°. Das Stück, welches in zweiter Quartausgabe 1619 auch bei Pavier erschien, wurde auf dem GlobeTheater zusammen mit drei andern Dramen unter dem gemeinschaftlichen Titel: All's one aufgeführt und hieß in diesem Zusammenhange: All 's one, or one of the four plaies in one, called a Yorkshire Tragedy. Die ihm zu Grunde liegende Mordthat erzählt auch Stowe in seiner Chronik; doch hat P. A. Daniel (im Athenaeum 2710, October 4, 1879, S. 432) nachgewiesen, daß George Wilkins' 1607 gedrucktes Stück: The Miseries of enforced Marriage, das in Dodsley's Old Plays wieder abgedruckt ist, schon vor dem Pseudo-Shakespeareschen Stücke die 1605 veröffentlichte Geschichte jenes in Calverly in Yorkshire verübten Mordes verwerthet hat.

Collier (III, 51; Sh. VIII, 266, und Athenaeum March 7, 1863: Shakespeare and the Yorkshire Tragedy), Dyce u. A. wollen Shakespeare wenigstens einen hervorragenden Antheil an dem Stücke zuschreiben, was Elze (418) damit abzuweisen sucht, daß Shakespeare sonst nie bürgerlichen Familienjammer auf die Bühne gebracht und ein gewöhnliches Verbrechen in die Sphäre des Tragischen erhoben habe. Ulrici dagegen sagt (S. 755): „Die inneren Gründe für seine Echtheit sind so überwiegend, daß auch die englischen Kritiker sich zu bekehren anfangen... Hier ist das Leben nicht gefaßt in seiner innerlichen Tiefe, von einer besonderen Seite der tragischen Weltanschauung, hier findet sich keine komplizierte Aktion, keine kunstreiche Komposition, keine großen reichhaltigen, allseitig durchgeführten Charaktere. Alles hält sich in den Schranken des gemeinen bürgerlichen Lebens, es ist nur ein dramatisches Porträt, das einen einzelnen, aus dem Leben gegriffenen Vorfall mit poetischer Wahrheit zur Anschauung bringen will... Aber daß es ein Shakespeare

sches Drama sei, läßt sich an der Auffassung des Einzelnen, an den Charakteren und an der Sprache erkennen, wenn es auch das Gepräge einer unshakespeare'schen Flüchtigkeit trägt und wahrscheinlich schon 1604 schnell geschrieben ist, als die Theilnahme für den Fall noch rege war. Und da es ganz gegen Shakespeare's sonstige Art zu arbeiten, nur den Charakter eines Gelegenheitsgedichts hatte, ließ man es 1623 fort." Ulrici schließt damit, Steevens werde wohl Recht haben mit der Ansicht, es sei nur aus einer Skizze hervorgegangen, die Shakespeare in der Jugend entworfen habe, mit der Absicht, das Leben eines Londoner Prodigal zu schildern, und die er dann dem Kriminalfall von 1604 gleichsam anzupassen suchte. Immerhin sei das Stück, wenn auch nur ein Shakespeare'scher Lückenbüßer, eine Reliquie, die mehr Theilnahme verdiene, als sie bisher gefunden habe. (Vgl. Horn, Shakespeare erläutert IV, 313).

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In «W. Shakespeare» von Philarète Chasles und F. Guizot (ed. Sillig, Leipzig 1855 p. 341) finden wir: „Beurtheilt man dieses Stück, das uns einen Vater zeigt, der durch die Leidenschaft des Spieles innerlich und äußerlich zu Grunde gerichtet, seine beiden Kinder ermordet, sein Weib verwundet und zuletzt ein völliger Sklave des Bösen wird, nach Maßgabe der großen Shakespeare'schen Trauerspiele, so wird man freilich nur etwas Unbedeutendes an dem Stücke finden; denn das Leben ist hier nicht in seiner innersten Tiefe, nicht von einer besonderen Seite der Weltanschauung aufgefaßt, sondern Alles hält sich in den Schranken des täglichen Lebens, welche nirgends überschritten sind." Trotzdem schließt er mit der Bemerkung: daß es eine Arbeit Shakespeare's sei, läßt sich sowohl an den Charakteren, wie an der Sprache erkennen.

Das Stück wurde wieder abgedruckt bei Johnson und Steevens, (631..) und bei Hazlitt (The Supplementary Works of Shakespeare, London 1865) wie bei Moltke (Doubtful Plays of W. Shakespeare, Leipzig 1869), wo das einaktige Stück S. 195-218 als viertes zu finden ist. Es wurde übersetzt von Tieck (Wien 1812), der es auch für echt hielt, von Döring (Gotha 1833, 2. Aufl. 1840) und von Ortlepp (1840). 1879 handelte Daniel darüber an dem oben erwähnten Orte; Klein (Geschichte des Dramas XIII, 270) macht auf eine Aehnlichkeit zweier Verse des Stückes mit einer Stelle in Nash's Pierce Penniless aufmerksam (vgl. Ward, History of English Dramatic Literature, London 1876. I, 453).

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4. Locrine

ist wie Lear und Cymbeline ein der alt-englischen Sage entlehnter Stoff, über den Geoffrey of Monmouth (II, 1) und Holinshed in seiner oft von Shakespeare benutzten Chronik handelten (s. Simrock, Die Quellen des Shakespeare, Bonn 1870. XVIII). Im Drama Gorboduc von Thomas Norton und Tho. Sackville (1. Ausg. 1565) I, 2. v. 234 werden die three noble sonnes of Brute erwähnt, über welche Spenser (Fairy Queen II, 10, Str. 13) erzählt, daß sie die Kinder der Fayre Inogene of Italy gewesen: Locrine (nach Klein, Drama XII, 40 bezeichnet dies staggering calf)

was left the souveraine lord of all;

But Albanact had all the northerne part,
Which of himselfe Albania he did calle;
And Camber did possesse the westerne quart,

Which Severne now from Logris doth depart.

Die folgenden Strophen erzählen seine Kämpfe, seine Treulosigkeit gegen sein Weib Guendolene, des Corinëus' Tochter, seine Liebschaft mit Ladie Estrild (in den Mabinogion Essyllt Isolde) und deren und ihrer Tochter Sabrina Untergang, während Locrine bis zu seinem Tode in Banden bleibt, und sein Sohn Madan ihm nachfolgt.

Das Drama erschien unter dem Titel: The lamentable Tragedy of Locrine, the eldest sonne of King Brutus, discoursing the warres of the Britaines and Hunnes, with their discomfiture: the Britaines victorie with their accidents, and the death of Albanact. No lesse pleasant than profitable. Newly set foorth, ouerseene and corrected by W. S. London, printed by Thomas Creede. 1595. 4o.

Das am 20. Juli 1794 von Th. Creede ohne Angabe eines Verfassers in die Buchhändlerregister eingetragene Stück wird auch in dem 1661 gedruckten Catalogue of Plays von Kirkman noch nicht Shakespeare zugeschrieben, und erst der Herausgeber der dritten Folio (oder der Drucker) scheint die Initialen auf Shakespeare bezogen zu haben. Wie er, meinte Tieck (Altenglisches Theater Th. 2, IV), der Locrine sei das früheste von Shakespeare's dramatischen Gedichten. Es scheint mehr als einmal auf die Unruhen hinzudeuten, die England durch die Parteien erlitt, die sich für Marie Stuart von Schottland bilden wollten; es ist aber wahrscheinlich vor der Hinrichtung dieser Königin geschrieben (1587)". Tieck bezweifelte, daß der Locrine jemals gespielt worden sei, da er so sehr das Gepräge eines jungen Dichters trägt, der das Theater nicht kennt, der sich

Jahrbuch XXVII.

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immer im höchsten Schwunge erhalten will, der die nothwendige Steigerung und Senkung der Affekte und des Tones vorsätzlich vernachlässigt und mit bewundernswürdiger Energie seine Personen diese tönend poetische, oft gewaltsame Sprache von Anfang bis zu Ende reden läßt... Aber im Gegensatz zur Ungeschicklichkeit des Werkes rühmt er die wahren und großen Schönheiten des Gedichtes, die echte Poesie vieler Stellen, den ergreifenden Patriotismus und das Bestreben, die uralte Sage auf die höchste und würdigste Weise darzustellen. Die Einwürfe gegen seine Echtheit seien unbedeutend.

Dennoch sagt Ulrici 737 (3. Aufl. III, 83..): das wirklich zweifelhafte Stück sei ein älteres, damals wieder hervorgesuchtes. Er will zwar Tieck's Gründe nicht bestreiten; es habe einige Hauptmotive, die sich in Shakespeare's späteren Werken wiederfinden, auch erinnern einige Charaktere an Shakespeare: aber solche allgemeine Motive waren in der damaligen Poesie häufig, und die äußere Haltung der Charaktere, das Bizarre, Gigantische trägt eher das Marlowe'sche Gepräge, als den eigenthümlich Shakespeare'schen Typus. Dabei ist die Diktion breiter, schwerfälliger, langsamer, der Ausdruck der Gefühle, Leidenschaften und Affekte kraftloser, die Sprache zu kunstreich; die Reflektion im Charakter der handelnden Personen wie in den Prologen der Akte verräth einen älteren, mehr über seinem Stoffe stehenden Dichter, auch fehlt das feine Gefühl Shakespeare's für die Schönheit der dramatischen Form. Dagegen haben die komischen Partien, die nach Ulrici von einer andern Hand herrühren als die tragische Haupthandlung, nach Gehalt und Form ein mehr Shakespeare'sches Gepräge. Schließlich wagt Ulrici nicht zu entscheiden, ob es ursprünglich ein Werk G. Peele's, worauf die gewählte kunstreiche Diktion schließen ließe, oder Marlowe's, welchen Malone, Supplement to the Edition of Shakespeare's Plays published in 1718 by Samuel Johnson and George Stevenson (London 1780. II, 190) für den Verfasser hielt, aber annahm, W. S. bezeichne den Dichter Wentworth Smith, der das Stück nach Marlowe's Tode (1593) für den Druck bearbeitet habe. Hiergegen ist Ulrici, welcher meint, Smith habe erst etwa zehn Jahre nach dem Erscheinen des Locrine seine Dichterlaufbahn begonnen, da er bei Henslowe erst 1599 als Verfasser der Italian Tragedy erwähnt wird und von 1601 - 3 vierzehn Stücke schrieb. K. Elze (XIII, 75) fragt, ob wohl Shakespeare die Scene aus Locrine (II, 5) vorgeschwebt haben mag, als er Heinrich IV. schrieb (vergl. 1. Heinrich IV. V, 4). Jedenfalls muß Locrine, soweit die Schlußverse eine Folgerung gestatten, um

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