Imagini ale paginilor
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Bei Uebersendung der neuen Capellisten lässt der alte heitere und milde, bereits 70jährige Tonmeister sich ausführlich vernehmen.

Durchlauchtige Hochgeborne Fürstinn.
Gnädige Frau.

Ew. Fürstl. Gnaden berichte ich hiermit in Unterthänigkeit, was gestalt der vermeinte Director Johann Jacob Löwe von Wien nebenst deren beiden Discantisten am 19. Julii vor wenig Tagen mit etlichen allhier auf der Elbe fortgefahrenen Schiffen von hinnen bis nacher Magdeburg auch fortgereiset ist, worbei Ew. Fürstl. Gn. ich auch nicht bergen kann, was gestalt itzgemelten Director ich endlich fast mit Ernst fort treiben müssen, welcher (durch etliche ihm zu Ohren gebrachte, weiss nicht durch wem, widerwärtige Nachrichtung) für seinem Abreisen rückwendig war gemacht. worden, dass er fast nicht fort gewollt. Nachdem er sich aber nunmehr hat behandeln lassen und auf der Reise allbereit ist, so verhoffe ich, dass (wann es nicht allbereit geschehen) er nebest deren Knaben ehistens bei Ihrer Fürstl. Hoffstatt glücklich noch anlangen werde und habe ich dem Director ein unterthäniges Schreiben an Ew. F. Gn. herzliebsten Herrn Gemahl mit gegeben, welches er zu seiner Anheimkunft Ihro Durchl. mit gebührenden Reverenz zu insinuiren wissen wird.

Wie nun solche Leutlein Ihrer Fürstl. Hoffstatt anständig und beliebet sein werden, stelle ich zwar dahin, halte oder befinde es aber an meinem wenigen Orte allerdings für rathsamb (ob man gleich solchen Director beharrlich im Dienste zu behalten nicht gesonnen wäre, oder er Director in der Länge nicht verbleiben wollte), dass man zum mindesten ein Jahr bei der Fürstl. Musik ihn zu erhalten man trachten solle, ümb der rechten und gueten Manier halben, worzu er binnen solcher Zeit die Musikanten verhoffentlich anführen und gewöhnen wird. Sollte hernacher etwa einige Veränderung vorgehen, stünde seine Stelle (obgleich nicht mit einem in der Musik so wohlgelehrten, doch sonst) mit einem andern wohl qualificirten Kerl, der ein gueter Sänger daneben wäre, allezeit zu ersetzen, der die angefangene guete Manier der Musik mit gueten Compositionen, die man ihm zuschicken könnte, ebenso wohl fortstellen könnte, welches ich also, auf die Begebenheit, nur gemeldet haben will.

Dieser Johann Jacob Löwe (mafsen ich auch an Ew. F. Gn. Herrn Herrn Gemahl geschrieben habe) ist ein aufrichtiger ehrlicher Mensch, an welchem ich keine notabel Laster, als lange er sich bei mir angehalten, jemahls verspürt habe: allein so ist er sonst frisches Oesterreichisches Humors und Sitten, will gerne alles nach seinem embsigen Sinn haben, dahero ich wohl auch besorgen muss, dass er die Knaben vielleicht etwas zu viel belästigen und sie sodann über ihn klagen, oder (wie für ihrem Abreisen sie sich gegen etliche Personen sollen haben verlauten lassen) wohl gar wieder davon laufen werden. Solchem Uebel für zu kommen, wäre zwar mein Wunsch Ew. F. Gnaden (wann es anders sonder Unhöflichkeit Deroselbigen angemuthet werden kann) dieselbigen zugleich etwas mit unter Ihre gnädige Protection nehmen und bisweilen einen Zutritt vergönnen möchten, ümb ihr Bewandnüss selbst anzubringen.

Sonst so hat es wegen Aufrichtung mehrgedachtes Directors Bestallung eben so gar grofs Eilens nicht, nur muss ich dieses hierbei noch einmal

unterthänig erinnern, dass ich für eine Billigkeit befinde dass wegen seiner aufgewandten schweren Reisekosten, auch Verzehrung der Knaben auf der Reise hinab (weil sie für [vor] ihrem Aufbruch und Fortzug gänzlich unter meiner Verpflegung gewesen) ihme zu seiner Ankunft eine Ergetzung wiederfahren und sonder Maafsgebung in die 50 Thaler zu einem gnädigen Präsent so bald gegeben werden möge. Er ist zwar ein weit mehrers von Wien aus und allhier los worden, massen er anhero auch von 30 in 40 Thaler, welche er allhier erborget, noch schuldig zu zahlen ist, vermeine aber, er auch mit so viel, im Fall Ihro Durchl. nicht ein mehres aus eigenem Bewegnüss thun wollen, sich anfänglich wohl vergnügen lassen werde, mafsen denn auch bei Aufrichtung seiner Besoldung oder Verpflegung er sich verhoffentlich nichts minder zu einem Billigen bequemen wird. Und erwarte nunmehr mit Verlangen ihre Ankunft, und wie sie sich zu ihren schuldigen unterthänigen Diensten anstellen und anlassen, zu vernehmen, Wünschende, dass wie alles von mir gut gemeinet worden ist, es also auch ausschlagen und gerathen möge, Gott es auch in Gnaden also wohl gelingen lassen wolle, dessen göttlicher Beschirmung zu allem gewünschten Wohlergehen an Seel und Leibe Ew. F. Gn. ich auch hiermit treulichst empfohlen haben will, verbleibende

Dresden am 24. Julii
Datum 1655.

Ew. Fürstl. Gn.

Unterthäniger schuldiger
Diener alle Zeit
Heinrich Schütz m. pr.

Ich bin auch von einem gueten Freunde gebeten worden, einen jungen Menschen der ein Instrumentist ist und itzo mit dem Director zugleich auch fortgereiset, umb Dienst sich in Niedersachsen zu bewerben, zu recommendiren. Ob derselbe nun Ihrer Musik anständig und dabei von nöthen thun möchte, kann von Ihren allbereit bestallten andern Musikanten und dem zugleich ent[an-]kommenden Director entschieden werden, und werde ich meines Theils zu überflüssigen Leuten niemals rathen, will ihn aber indessen so weit unterthänig recommendiret haben, dass er erstlich gehöret und, wann bei der Musik keine Stelle ledig ist, er anderweit fort recommendiret werden möge.

Postscriptum.

Datum am 24. Julii 1655. Demnach Ew. Fürstl. Gnaden sich auch in Gnaden noch wohl erindern, wie Sie auf Befehl Dero herzgeliebtesten Herrn Herrn Gemahl mich hier bevor in Bestallung genommen und über Ihre Fürstl. Musik mir die Inspection von Hause aus aufgetragen haben, deroselbigen ich mich auch bishero (nicht alleine mit fleissiger Fürsorge und Bemühung, sondern noch mit Anschaffung dieser zwei Discantisten und Verpflegung deroselbigen, insonderheit mit fast kostbarer Erziehung des meinigen von Jugend auf) verhoffentlich gar genungsamb angenommen habe: so kann ich nunmehr auch nicht unterlassen Ew. F. Gn. hochfleissig anzuliegen, Sie ihrer hohen Discretion nach und zu gelegener Zeit bei dem hochgedachten Herrn Herrn 2c. es dahin vermitteln helfen wollen, dass ümb der mir angebotenen gnäd. Versicherung willen mir gleichwohl auch eine kleine schriftliche Versicherung oder Bestallung zu Handen ge

langen möge. Euer Fürstl. Gn. erindern sich, dass mir 100 Goldgulden bewilliget worden sind, mit welchen ich auch annoch unterthänig vorlieb zu nehmen erbötig bin, auch hierüber noch geschehen lassen kann (in Erinderung der alten Teutschen Lehre, dass man grofser Herrn zwar geniessen, sie aber auch bei Brote lassen soll), dass es auf 100 Thaler herunter noch moderirt werden möge, nur mit dieser angehängten Bitte, dass es also mit denen selbigen eingerichtet werden, dass die Hälfte als 50 Thlr zu Ostern und aber 50 Thlr. Michaelis in den zwei Leipziger Messen das Jahr über mir zahlet unde künftig bei vorstehender Michaelismess der Anfang mit denen ersten 50 Thalern gemacht werden möchte. Zumahl ich dero zeit, mafsen der Director meinen Zustand berichten kann, wegen meiner jüngsthin in Leipzig verstorbenen letzten Tochter aufgewandten Begräbnüsskosten fast nothtürftig bin. Und würde sich Hr. Steffan Daniel, Kaufmann zu Braunschweig und mein gueter Freund, der alle Leipziger Messen oder Markte zu besuchen pfleget, auf gnädige Anordnung Ihrer Durchlaucht genugsamb zu solcher Auszahlung verstehen. Getröste mich dieses Punktes halber in Summa alleine Ew. F. Gn. gnädigster Beförderung.

Der Copist, welcher mir zu Weissenfels Ew. F. Gn. Psalterbüchlein hat ausarbeitet, versichert sich auf künftigen Leipziger Mark auch noch einer Recompens von 4 oder 5 Ducaten.

Die ganze wohlwollende Behutsamkeit, Gerechtigkeit gegen Alle, Rücksichtnahme und Klugheit, humoristische Freimüthigkeit gegen fürstliche Personen und ruhige Lenkung verwickelter und widerborstiger Dinge zu einem einträchtigen Zusammengehen alle diese hervorstechenden Eigenschaften in dem Charakter des edlen Mannes veranschaulicht uns der éine Brief. Aus einem solchen Handeln wird uns auch der grofse und wohlthätige Einfluss begreiflich, welchen Schütz auf seine Zeitgenossen ausübte. Die Herzogin bemerkte eigenhändig den Inhalt

der Antwort auf die Aussenseite des Briefes :

Dass der Director ankommen und uns nebenst den Knaben noch zur Zeit wohl anständig. Dass er vorgestellet [bestallt] worden und zwar wie ein Capellmeister. Dass man wegen der Knaben ein Auge wollte mit auf sie haben. Dass ihm dem Director 50 Rthlr. geliefert worden. Der Violiste, weilen die Stelle allhier noch besetzt, hat nicht unter kommen können. Dass sich seine [Schützens] Bestallung hierbei eingestellet mit verhoffentlicher guter Satisfaction. Der Copist soll mit nächstem das Seinige auch bekommen.

Die Bestallung für Schütz ist erhalten in dem Reversbriefe, welchen er darüber ausstellte

-:

Ich Heinrich Schütze urkunde und bekenne hiemit, dass der Durchlauchtiger Fürst und Herr, Herr Augustus Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, mein gnädigster Fürst und Herr, mich für dero Obercapellmeistern von Haus aus in Gnaden bestellet und angenommen hat, auch dero gnädigste Bestallung darüber ertheilen lassen, inmalsen dieselbe wörtlich hernach folget:

Von Gottes Gnaden Wir Augustus, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, vor uns und unsere Erben gegen männiglichen urkunden und bekennen, dass wir den Kunst sehr erfahrnen unsern lieben getreuen, itziger Zeit Churfürstl. Sächsischer Liebden in Dresden bestellten Capellmeistern Heinrichen Schützen ebenfalls zu einem OberCapellmeistern von Haus aus in Gnaden bestellet und angenommen haben, thun das auch bestellen und nehmen ihn dervor auf und an, hiemit und in Kraft dieses, derogestalt und also, dass uns und gedachten unsern Erben er getreu und hold sein, unsere Fürstl. Capellen allhier mit guten düchtigen Musikanten die so woll in Vocali als Instrumentali Musica woll abgerichtet sein, darneben auch und insonderheit mit guten Capellknaben und Bassisten allemal woll versehen, desswegen stets mit unserm Untercapellmeister welchen wir an unserm Fürstl. Hoffe allhier haben, der dann nächst uns unter seiner Oberdirection und Commando mit sein soll, wir auch denselben ohne sein Vorwissen nicht verändern wollen correspondiren, und wann wir zu Zeiten in sonderbaren ins künftig Vorfallenheiten seiner Präsents und Gegenwart benöthiget sein würden, er alsdann es bei vorhochermelter I. Churfürstl. Liebden zu Dresden dahin richten und sich interimsweise los machen soll, dass uns er allhie auf eine geringe Zeit in musikalischen Sachen und deren Oberdirection aufwärtig sein könne, gestalt uns er ein sonderbares Angelobnüs mit einem Handstreiche an Eides statt ebenfalls darauf gethan und seinen Reversbrief darüber herausser gegeben hat.

Derentwegen und zur Ergetzlichkeit vor solche seine Mühewaltung zusagen und versprechen wir ihme jährlichs und jedes Jahr besonderen, so lange diese unser Bestallung unaufgekündiget währen wird, Ein Hundert und Funfzig Reichsthaler ihme dieselbe in zweien unterschiedenen Terminen, als uff Michaelis und Ostern, allemal zu Leipzig uff Wechsel durch unsern itzigen Unterthanen und Kaufmann in unserer Stadt Braunschweig, Stephan Daniel oder sonsten durch andere Gelegenheit baar gegen Quittung auszahlen zu lassen und mit der ersten halbjährigen Auszahlung diesen itzt bevorstehenden Michaelistag dieses Jahres an mit Siebenzig und Fünf Reichsthalern ohnfehlbar den Anfang zu machen.

Wir behalten uns aber beiderseits bevor, da wir mit dieser unserer Bestallung über kurz oder lang Veränderung machen und ihnen nicht länger vor unsern OberCapellmeister haben, oder uns er derogestalt länger zu dienen kein Beliebnüss tragen würde, dass alsdann ein Theil dem andern ein viertheil Jahr vorher eine beständige Lose intimiren lassen mag. Alles ohne Gefehrde.

Und dessen zur Urkund haben wir diesen Bestallungsbrief mit eigenen Handen unterschrieben und unser Fürstl. Secret darunter uffs Spacium trücken lassen. So geschehen in unserer Fürstl. Haupt- und Residenz - Festung Wulfenbüttel in den 8 Tagen der heil. Ostern Anno 1655.

Verpflichte mich demnach hiermit und in Kraft dieses, dass hochgedacht S. F. Gnaden ich getreu und hold sein, S. F. Gn. und dero Erben Bestes befördern, Schaden und Arges aber nach höchstem Vermögen kehren,

wehren und abwenden, bevorab aber inserirter Fürstl. Bestallung in allen Worten, Punkten und Clausuln schuldiger Gebühr nachleben, und dagegen was darin zu meiner Behuef einverleibet hinwieder gewärtig sein soll und will. Ohne Gefehrde.

Urkundlich habe ich diesen Reversbrief mit eigenen Händen unterschrieben und versiegelt. Geschehen und geben in Dresden am Vigilia Monatstag Augusti Ao. Chr. 1655.

S. Bartholomæi war der 23.

Heinrich Schütz

Churf. Sächsischer Capellmeister m. pr.

Nur die durch verschiedenen Druck bezeichnete Unterschrift ist von Schütz geschrieben. Anstatt den Sold nach seiner humoristisch bescheidenen Forderung von 100 Goldgülden noch auf 100 Thaler » herunter zu moderiren «, wurde er auf 150 Thaler erhöht.

Anlangend die Uebersendung der Gelder durch die von Schütz bezeichnete Mittelsperson, erwiedert die Herzogin auf einen nicht mehr erhaltenen Brief vom 30. October, der Herzog fände es bequemer >>sothane Gelder durch ihren eigenen Mann zu erlegen «, welchem er sodann die für ihren Capellmeister bestimmten Sachen mitgeben möge. Dieser »> recommendirte Capellmeister ist mehr hochgedacht Seiner Liebden und uns nicht unanständig; dafern er also fortfähret, seind wir seines Verhaltniss halber mit demselben in Gnaden zufrieden und zweifeln nicht, unsere Musik werde mittels guten Fleisses und Aufsicht zu einem guten Stande endlich gebracht werden. Den vorgeschlagenen Theorbisten wollet ihr nur herüber schicken, vorhero aber nach eurem Gutbefinden seines Unterhalts halber mit ihme handeln und uns davon ehests berichten. Wenn derselbe die Malerkunst bei seinem Dienste treiben will, soll ihm solches auch ungewehret sein «. Wolfenb., 10. Nov. 1655. Schütz antwortet am 27. d. M.

Durchlauchtige hochgeborne Fürstin
Gnädige Frau,

Euer Fürstl. Gnaden letzteres und sub dato den 20. [1. 10.] dieses Monats an mich abgelassenes gnädige Schreiben habe ich heute acht Tage mit der damaligen Post wohl empfangen und daraus gerne vernommen, dass mein gethaner Fürschlag wegen des Falsettisten oder Malers in Gnaden für gut erkennet und beliebet worden ist, worauf dann Ew. Fürstl. Gn. ich ferner nicht verhalten soll, wie ich nunmehr solche Sache mit ihme in eine Gewissheit versaget und derogestalt abgehandelt habe, dass er mir mit gegebenem Handschlag zugesagt hat, wo nicht noch vor Weihnachten doch zum längsten auf den, künftiges Neue Jahr in Leipzig befür stehenden Mark mit denen von daraus nacher Braunschweig zurücke reisenden Kaufleuten sich mit auf den Weg zu begeben und an der Hochfürstl. Hoffstatt Wolfenbüttel sich gehorsambst einzustellen.

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