Imagini ale paginilor
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IX.

Ueber das Wort

Hahnrei

und

die entsprechenden Wörter verschiedener Sprachen.

Bei

ei den meisten Völkern pflegt der Ehemann, dem das Monopol seiner Eherechte geschmälert wird, ohne daß er etwas davon merkt, ein Gegenstand der bittersten Spottes zu sein, was sich besonders in den Namen bemerklich macht, mit denen die kundige Menge ihn belegt. Aber eben weil solche Namen Spottnamen sind, die eigentlich von anderen Verhältnissen und Gegenständen entlehnt werden, so verbreitet sich mit der Zeit darüber eine gewisse Dunkelheit, die sich in manchen ́ Fällen schwer ganz entfernen läßt. Das natürlichste Bild, was man für diesen Zweck anwandte, findet sich im Thierreiche vor, nämlich in. der Gewohnheit des Kuckuks, sein Ei in das Nest eines fremden Vogels zu legen und dort ausbrüten zu lassen; der Vogel merkt den Be trug nicht, brütet einfältiger Weise das fremde Ei als sein eignes aus und füttert das ausgekommene gefräßige Junge zum Nachtheile der eigenen Brut groß. Dieser überlistete Vogel wäre also das eigentliche Bild des überlisteten Ehemannes, wird aber dennoch höchst selten als solches gebraucht. Zu einem leichtgläubigen Ehemann sagt Juvenal einmal (VI. 276): tu tibi tunc curruca places, und wendet es also hier an, denn curruca ist, wie der Scholiaft zu der Stelle fagt, ein kleiner Vogel, der fremde, namentlich des Kuckuks, Eier ausbrütet, die Grasmücke. Dieser Ausdruck kommt sonst nirgends weiter bei den römischen Klassikern vor, aber die lateinischen Schriftsteller des Mittelalters gebrauchen ihn

ifter, und zwar gleich im Sinne von Hahnrei, z. B. im encomium sacri calvitii, v. 77: cistophor@v curruca cluis? wozu der Herz ausgeber der leydner Ausgabe von 1623 die Bemerkung macht: parva avis, quae alienos pullos pro suis educat. Sapienti verbum sat est. Uebrigens ist das Wort wahrscheinlich gar kein ursprüngs lich lateinisches, daher auch an jener Stelle des Juvenal vielfältige Varianten in den Handschriften sind: uruca (auch ein unerklärtes und an keiner anderen Stelle weiter vorkommendes Wort, was nach dem Scholiasten ein sich auf der Bohne erzeugendes häßliches und stach. liges Thier, wie der Igel, bedeutet, wahrscheinlich eine Raupe) eruca, urtica u. a. Die curruca entspricht theils der griechischen inilais oder vroλats (f. Harduin zu Plin. N., H. X. 9. Aristot. hist. an. VI. 7. IX. 29 und 37.) theils dem náллos, von welchem Vogel Ael. H. A. III. 30. erzählt, daß er, wie auch die Lerche und einige andere Vögel, dem Kuckuk die Eier ausbrüten müsse.

Aber, wie gesagt, diese eigentliche Bezeichnungsart des Verhälts nisses ist höchst selten, denn der Spott und die Verhöhnung haben bei ihren Bezeichnungen und Bildern eine andere Gewohnheit, sie wenden sich an den Gegensaß und benennen z. B. den Betrug nach der Ehrlichkeit, das Schlechte gut, das Häßliche schön und dergl. So auch hier, wo die Vergleichung der Ausdrücke ergiebt, daß ein sol cher Spottname in seiner ursprünglichen Bedeutung nie den ges Fränkten, beleidigten Theil ausdrückt, sondern den beleidigenden, also auf jenen angewandt, zum Ausdruck der höchsten Ironie wird. Am auffallendsten zeigt sich dies in den neueren Sprachen, die bei der Beis behaltung des Bildes vom Kuckuk und der Grasmücke, den Hahnrei fiets Kuckuk nennett. Im Altfranzösischen z. B. heißt ein solcher Ehemann cous, und im Neufranzösischen cocu, beides ist entstanden aus coccyx oder noch näher aus cuculus, was in solchen Verhält nissen von den Alten ebenfalls gebraucht wurde, z. B. Plaut. Asin. V. 2,.73, at etiam cubat cuculus, surge amator, i domum; etwas anders Trin. II. 1, 18. Das altfranzösische Wort coux (cous) kommt im Roman du Renart sehr oft vor, z. B. Tom. I. v. 491: Als Isengrin, der Wolf, nach Hause kommt, erzählen ihm seine betrübten und heulenden Kinder (denn Renart hatte sie eben verlassen, nachdem er Dame Hersante, ihre Mutter, beschimpft und ihnen selbst beim Herausgehen aus der Höhle, die Augen durch seinen Urin ges blendet, um den alten Wolf damit zu ärgern) ihr eben erlittenes Uns

glück, und daß der Fuchs sie überdies Hurensöhne und Bastarde, ihn, den Alten, aber Hahnrei geschimpft habe:

Si fil se sont à lui clamé,
que batuz sont et afamé,
et compissiez et traïnez,
et laidengiez et puis clamez
fil à putain, bastart, avoutre,
et encore dist-il tot outre

certes que vos estiez cous.

Dies Wort cous wird schon so erklärt in einem alten Lexic. Lat. Gall, was Du Fresne v. Cugus anführt: Niminvir, couz, c'est de qui sa femme fait avouterie (dessen Frau Ehebruch treibt). Eine andere wichtige Stelle ist im Roman de la roze, die Du Fresne auch anführt: Suis je mis à là confrairie Saint Arnoul le Seigneur des coux, aus der wir zugleich erfahren, daß der Schuß patron dieser betrübten Brüderschaft (confrairie) der heilige Arnold ist. Daß bei diesem Worte auch im Mittelalter die Idee an den Kuckuk noch lebendig war, ergiebt sich aus folgendem höchst bei ßenden Volksliede, was aus der Normandie herstammt und mit mancherlei eingeflochtenen Wortspielen einen Hahnrei verspottet, der zur Bezeichnung seiner Dummheit Janin Janot genannt wird:

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Or sus, or sus! par dessus tous les aultres begni

Soyt le coqu! oncques tel oysel ne feust vu.

Janin Janot! es tu point marié!

Hé! oui, dist il; [que Dieu en ayt bon gré!]

A une dame qui d'aymer m'a pryé

He! Janin Janot! es tu point maryé?

Hé Dieux! hellas! puis le jour de mes nopces oysol suys

devenu.

Janin Janot, mais quel oysel es tu?
Es tu pinchon, linot, merle ou cahu?
Nennin, dist il; je suys un vray coqu;
En Normendye sommes cent mille et plus.

Hellas, Janin Janot! beste tu es devenu par plaisance de ta
femme.

Suis je singe, marmot ou chat barbu,
Nennin, dist il; tu es un cherf cornu,
Allant par ville tout chaussé, tous vestu,
Hé, Janin Janot! beste tu es devenu.

(Wolffs altfranz. Volkslieder S. 58.)

Aus diesem Wortstamme haben sich in der französischen und las teinischen Sprache des Mittelalters mancherlei Formationen gebildet, wie denn überhaupt beide Sprachen in der angegebenen Zeit für Endungen und Orthographie höchst schwankend sind. Am häufigsten finden sich folgende Formen: Coucuol oder couyoul; coquard, in einem alten Volksliede aus der Normandie, wo Jemand zu einem dummen Ehemann sagt, der Fuchs sei bei seinen Hühnern, er solle ihn fangen, und als der Einfältige wirklich geht, sich zu dessen Frau bes giebt, und ihn deswegen coquard nennt.

Je retournay sus le coquart

Et lui diz: Que querez vous, Jouen?
Par Dieu, Syre, c'est le regnart
Qui ne nous laisse tout o rien.
Vous dictes vray, il s'en va la.
Courrez aprez, il sera prinz.
Jouen me creust et y alla

O sa fame je m'en revinz.

(Wolff a. a. D. S. 55.)

Für coquart findet sich anch die verlängerte Form Coquillart, und ganz verändert Hugho; dann sowohl französisch als lateinisch das Wort cugus (cf. Du Fresne) wozu Du Fresne den Vers-aus dem Joannes de Condato anführt: Ce fu li kugus de pute aire. Ganz lateinisch (versteht sich, für das Mittelalter) sind cucussus und cucuciatus, woher cucucia, der Ehebruch, und auch das Entführen von Mädchen. In dem alten Ehepakt eines Grafen Raymund, vom Jahre 1055 bei Du Fresne, heißt es unter andern: Valentiam filiam vestram in conjugium accipio et nunquam eam dimittam dum vixero nisi propter cucuciam, quam ipsa mihi faciat, et ipsa cucucia mihi sit probata a me legaliter et manifeste convicta et non sit facta per meum assensum nec per meum consilium nec per meum stabilimentum. Ferner finden sich die Formen cucutus und cucurbita, wovon ein eigenes Zeitwort cucurbitare, zum

Hahnrei machen, gebildet ist, was z. B. in einem Edikt Kaiser Heins richs vorkommt, dessen hierher gehörige Worte Du Fresne anführt, nämlich: Si vasallus inhonestis factis atque indecentibus machinationibus dominum offenderit, vel si eum cucurbitaverit, feudo privabitur. Noch deutlicher wird die Sache gemacht im liber feudorum I. tit. 5. §. 1. und anderwärts: si fidelis cucurbitaverit dominum, i. e. cum uxore ejus concubuerit, etc. Alle diese Wör ter sind wohl durch den Stabreim mit einander verwandt, wie etwa die euphemisch für Teufel gefeßten Wörter in der Bolkssprache (z. B. Teurel, Deiker u. a.) und man hat z. B. nicht nöthig, das leßtere Zeitwort, cucurbitare, von dem Lateinischen cucurbita abzuleiten, wie es Du Fresne thut: cucurbitare, uxorem alterius adulterio polluere, proprie de vasallo, qui domini uxorem adulterio polluit et ejus ventrem instar cucurbitae inflat, i. e. impraegnat (!). Dagegen sind von ganz fremdartigem Stamme die Wörter minarius, minnarius, für denselben Begriff, die unstreitig von dem deutschen Minne stammen und zuerst einen Liebhaber bedeuten, wie noch jest das holländische minnaar. Ganz dunkel sind die Wörter Nima, Nimnarus, Niminvir, die indessen wahrscheinlich, so wie auch Mimarius durch Corruption aus minnarius entstanden sind. Vergl. die Erklärer der Pitture antiche di Ercolano. Napoli 1765. Tom. IV. tav. 33: e si avverti a questo proposito, che coloro, i quali sapeano e soffrivano gli adulterii delle loro mogli da latini diceansi Ninnarii cf. Jungermann zum Pollux. VII. 193. Von eben so dunkeler Abkunft ist das altfranzösische Wort wihos oder wihot, welches in dem vom verstorbenen Prof. Meon herausgegebenen Renart le Nouvel öfter vorkommt, 3. B. V. 384, 1573, 4799, 6545.

Das englische Wort für Hahnrei, cuckold (davon cuckoldom, Hahnreischaft) kommt ebenfalls vom Kuckuk, cockoe (cuckoo); ja dieses lezte Wort selber bedeutet bei Shakespear fast immer den Hahnrei, z. B. in dem schönen Frühlingsliedchen zu Ende des Lustspiels: ,,der Liebe Mühe umsonst, dessen Refrain immer heißt:

The cuckoo then on every tree,

Mocks married men, for thus sings he

Cuckoo;

Cuckoo, cuckoo, -o word of fear

Unpleasing to a married ear.

Nicht anders verhält es sich mit dem deutschen Worte Kuckuk;

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