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rechtlichen Gehalt herausgearbeitet und feste Traditionen geschaffen haben. Aber weder gab die Kasuistik in den Berichten der amerikanischen Gesandtschaft zu Berlin an das Staatsdepartement zu Washington, noch die daran anschliefsenden eigenen Ausführungen oder die Auseinandersetzungen mit dem Auswärtigen Amte zu Berlin die erforderliche Klarheit über die vorhandene Rechtslage. Denn hier hatten sich Wandlungen in der Behandlung gleicher Rechtsfälle vollzogen, und wurden Ansichten vertreten, die auf politischen, nicht auf rechtlichen Argumentationen beruhten, mochten sie auch im Kleide der letzteren auftreten. Und als ich auch in der Entstehungsgeschichte der Verträge keine befriedigende Lösung fand, weil hierbei die Frage nach der staats- und völkerrechtlichen Gültigkeit der Verträge auftauchte und alles ins Wanken zu bringen schien, da blieb nur noch eine Möglichkeit, die bisher nicht ausgeführte und so stark vermifste Monographie über die Bancroftverträge selbst zu versuchen und unter Benutzung des zum Teil ganz unbekannten oder im Laufe der Zeit entstellten Materials die Klarheit mir zu erarbeiten, die ich nirgends fand, und dort Gründe zu finden, wo man sich mit Thesen zu begnügen gewöhnt hatte oder anerkannten Autoritäten ohne genauere Nachprüfung ihrer Ansichten folgte.

Ich wollte die rechtliche Grundlage eines Gebietes aufdecken, das fast eine terra incognita geworden ist dank der Teilnahmlosigkeit der deutschen Volksvertretung und des deutschen Volks wie der Juristen an dem Schicksal der strafbar ausgewanderten Deutschen, die nach ihrer Naturalisation in den Vereinigten Staaten in die Heimat zurückkehren oder die Rückkehr aus Furcht vor Bestrafung oder Heranziehung zum Militärdienst nicht wagen, dank der Verstecktheit und Unzugänglichkeit der amerikanischen Kongrefspapiere und dank des unter Ausschlufs der deutschen Öffentlichkeit stattfindenden diplomatischen Verkehrs des Auswärtigen Amtes mit der amerikanischen Regierung. Ich wollte zu einer Zeit, in der man Neuregelungen der einschlägigen Fragen zum Gegenstand von zum Teil hitzigen und überspannten politischen Forderungen macht, und in der spezielle Gesetzesvorschläge in naher Aussicht stehen, den bestehenden und seit lange verkannten Rechtszustand auf dem Sondergebiete der Bancroftverträge als Grundlage und Material für die Diskussion feststellen. Die Frage nach dem Be

stande der Verträge führte dann dahin, dafs die vielumstrittenen staats- und völkerrechtlichen Fragen allgemeineren Inhalts eingehender erörtert werden mussten.

Die deutsch-amerikanischen Bancroftverträge sind der Schnittpunkt der verschiedenartigsten Rechtsgebiete. Die so viel behandelte Lehre von den Staatsverträgen findet in ihrer Darstellung eine bisher nicht versuchte besondere Anwendung und Nachprüfung auf Grund eines einzelnen Falles. Die neuerdings in den Mittelpunkt des Interesses getretene Frage nach der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr erhält durch die Entstehungsgeschichte und die Geschichte der Entwicklung, welche die Handhabung der Bancroftverträge in der diplomatischen Praxis durchgemacht hat, einen lehrreichen Beitrag zu ihrer Lösung. Schliefslich geben die Bancroftverträge bei der in Vorbereitung befindlichen Reform unseres Straf- und insbesondere auch unseres Militärstrafrechts wertvolles Material für das Verhältnis der Regelung von Wehrpflichtverletzung, Auswanderung, unerlaubter Entfernung und Fahnenflucht, sowie für die gesetzgeberische Ordnung der Verjährung von Dauerdelikten.

So soll denn das Buch, so sehr es auch nach rückwärts gerichtet erscheinen mag, und obgleich die beigefügten Materialien vorwiegend die Vergangenheit wieder beleben und das von der gegenwärtig geltenden Rechtslage entworfene Bild begründen sollen, doch der Zukunft dienen; es soll die Lösung von gesetzgeberischen Aufgaben mit vorbereiten helfen, die den nationalen Bestand und die Wehrkraft des deutschen Volkes zum Gegenstande haben. Es soll auch anschaulich machen, dafs die Lösung dieser Aufgaben nicht im Widerspruch stehen darf mit den berechtigten Interessen anderer Nationen und nicht mit der völkerrechtlich anerkannten Freiheit des einzelnen, sein Glück und Heim aufserhalb des Vaterlandes zu suchen.

Berlin im Dezember 1905.

Der Verfasser.

Abkürzungen, Zeitschriften, Sammlungen

und Zitiermethode.

Annalen

=

Hirths Annalen des Deutschen Reiches für Gesetzgebung und Statistik, jährlich 1 Band 1868-1904.

Annuaire

Annuaire de l'Institut de Droit International 1877-1904. Beiträge Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft 1900 t. insbes. Jahrg. 4 (1902/3), S. 374 u. 463.

B.G.

Zeitschrift für das internationale Privat- und Strafrecht (später: und öffentliches Recht); begründet von Böhm, herausgegeben zuerst von Böhm, jetzt von Niemeyer.

Clunet's Journal

=

Journal du Droit International privé et de la Jurisprudence Comparée, 1874-1904 jährl. 1 Band. Einschlägige Aufsätze insbes. Bd. 4, S. 388, Bd. 13, S. 1 (v. Bar), Bd. 11, S. 477 (Hänel) u. S. 247, Bd. 18, S. 80 u. 426, Bd. 20, S. 794 (Keidel). Die deutsche Kolonialgesetzgebung herausgegeben Riebow, Zimmermann, Köbner, von Dargitz, 8 Bde. 1893-1905. Einführungsgesetz.

D.K.G.

von

E.G.
Ex. Doc. of the sen., 1889, Vol. 1, Part. 2, ist dieselbe Sammlung wie
die Treaties and conventions im Literaturverzeichnis; siehe dort.
For. Rel. Foreign Relations, siehe im Literaturverzeichnis unter
Papers.

G.S.
Hamburger Sammlung

Preussische Gesetzsammlung.

=

Die in den europäischen Staaten geltenden Gesetze über die Erwerbung und den Verlust der Staatsangehörigkeit unter Ausschlufs des deutschen Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870. Nebst einem Anhang, enthaltend die vor dem 1. Januar 1871 in den deutschen Bundesstaaten in Kraft gewesenen Staatsangehörigkeitsgesetze. Berlin 1898.

J.M.BI. Preufsisches Justizministerialblatt.

=

L.A.
Min.Bl.

Archiv für öffentliches Recht, begründet von Laband und Stoerk. Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in den Königlich Preufsischen Staaten. M.Str.G.B. Deutsches Reichs-Militärstrafgesetzbuch vom 20. Juni 1872 (R.G.BI. S. 174).

M.Str.G.O.

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Militärstrafgerichtsordnung für das Deutsche Reich vom vom 1. Dezember 1898.

O.V.G.E. = Entscheidungen des Königlich Preussischen Oberverwaltungsgerichts.

Reger Entscheidung der Gerichte und Verwaltungsbehörden usw., herausgegeben von Reger, Nördlingen, seit 1881.

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Deutsches Reichsgesetzblatt.

=

R.G.E.str. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen.
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen.
Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai 1874.

R.G.E.ziv.
R.M.G.

=

R.G.BI. S. 45.

R.M.G.E. Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts.
R.M.Str.G.B.

Rolins Revue

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=

M.Str.G.B.

Revue de Droit international et de législation comparée, Première Série 1869 f.-1899; Deuxième Série 1899 f. jetzt herausgegeben von Ed. Rolin.

R.V. = Verfassung des deutschen Reichs vom 16. April 1871 (BundesG.BI. S. 63).

Sch.G.B.

=

Schutzgebietsgesetz vom 10. September 1900 (R.G.Bl. S. 813). Sen Ex. Doc. 1889 Vol. 1, Part 2; siehe oben unter Ex. Doc. of the sen. Strafprozefsordnung vom 1. Februar 1877 (R.G.Bl. S. 253). Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 (R.G.BI. 1876, S. 40).

St.P.0.
St.G.B.

=

W. 0. Deutsche Wehrordnung vom 22. November 1888.

Die Werke werden nach dem Namen ihrer Verfasser, und bei mehreren oder mehrbändigen Werken desselben Verfassers durch einen verdeutlichenden Zusatz zitiert. Bei gröfseren Werken sind bereits im Literaturverzeichnis (nicht im Buche) die hier hauptsächlich in Frage kommenden Stellen angegeben; die Werke ohne Autor (Sammlungen usw.) finden sich teils genau zitiert, teils mit den Anfangsworten, nach welchen sie in das alphabetische Literaturverzeichnis aufgenommen sind, teils nach den obigen Abkürzungen.

Die aus Zeitschriften benutzten Abhandlungen werden an ihrer Stelle genau angegeben, so weit sie nicht in dem folgenden Literaturverzeichnis genannt sind.

Die bekannten Lehr- und Handbücher zum bürgerlichen Strafrecht, sowie die bekannten Kommentare zum Str.G.B. haben für die folgenden Untersuchungen kaum etwas Förderliches geboten, auch die aufgeführten Kommentare zur M.Str.G.O. und die älteren Werke zum M.Str.G.B. bieten geringe Ausbeute.

Inhaltsverzeichnis.

Erster Teil.

Fahnenflucht und Verletzung der Wehrpflicht durch Auswanderung, insbesondere nach den Vereinigten Staaten von Amerika.

Erstes Kapitel.

Die Straffreiheit von Wehrpflichtverletzung, Auswanderung, unerlaubter Entfernung und insbesondere von Fahnenflucht.

§ 1.

Bei Auswanderung eines Deutschen nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika.

I. Die vertragsgesetzlichen Grundlagen nach ihrem
Wortlaut und Inhalt.

a) Der badische Vertrag und seine besonderen Abweichungen
in Art. II.

b) Verhältnis dieser Besonderheiten zu den übrigen Verträgen,
welche sie teils in Protokollen anfgenommen haben, teils
überhaupt nicht kennen.

c) Die logische Betrachtung, ob Vermögensbeschlagnahme und
Fahnenflucht unter den Schutz des Artikel II auch bei den
Verträgen, welche beide nicht erwähnen, fallen, führt zu
keinem Ergebnis

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II. Die Fahnenflucht und Artikel II des norddeutschen
und bayrischen Vertrages nach dem Willen der Ver-
tragsparteien.

a) die Fahnenflucht fällt nicht unter Artikel II beim nord-
deutschen Vertrage

Dies folgt

1. aus den parlamentarischeu Quellen

Seite

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10

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2. aus dem 1868 geltenden Straf- und Militärstrafrecht b) unter den Artikel II beim bayrischen Vertrage, was aus dem in Bayern 1868 geltenden Militär-Strafrecht folgt. . 12 III. Die herrschende Lehre von der Exemtion der Fahnenflucht von Artikel II und ihre juristischen Grundlagen. a) Gesetzeswille und -Erklärung bei völkerrechtlichen Verträgen.

b) Wirkung der Änderung von Rechtsansichten, Gesetzen und
Deliktsbegriffen auf den Inhalt der Staatsverträge
c) Die analoge Streitfrage im Auslieferungsrecht.

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