Imagini ale paginilor
PDF
ePub

Don Pedro Calderon de la Barca ward am ersten Tage des Jahrs 1601 zu Madrid geboren. Er stammte väterlicher Seits von einem adligen Geschlecht, das den Rang alter Hijosdalgo in dem Thal Carriedo, unter den Gebirgen von Burgos, genoß. Man erinnere sich an die Abkunft des Lope de Vega, und man wird bemerkenswerth finden, daß die beiden berühmtesten Dramatiker Spaniens ihren Ursprung aus demselben kleinen und abgelegenen Thale herleiten. Die Familie des Calderon soll übrigens ursprünglich in Toledo ansässig gewesen und später wegen dortiger innerer Spaltungen in den genannten Theil des nördlichen Spaniens ausgewandert sein. Der Name seines Vaters war Diego Calderon de la Barca Barreda. Dieser vermählte sich mit Doña Anna Maria de Henao y Ríaño, der Abkömmlingin eines flandrischen, nach Castilien verpflanzten Rittergeschlechts und Verwandtin der Riaños, Infanzonen von Aragon. Sprößling dieser Ehe war unser Don Pedro. Er empfing den ersten Unterricht im großen Collegium der Compañia (einer Jesuitenschule zu Madrid), und bezog hierauf sehr jung die Universität Salamanca, wo er sich mit ausdauerndem Eifer den Studien widmete. Als die Wissenschaften, denen er besonders eifrig oblag, werden Mathematik, Philosophie, Civil- und kanonisches Recht genannt. Sein poetisches Talent muß sich früh entwickelt haben; wenig mehr als dreizehn Jahre alt, soll er sein erstes Schauspiel, El carro del Cielo geschrieben haben und Vera-Tassis versichert, er habe schon vor Vollendung seines neunzehnten Jahres durch seine Comödien auf den spanischen Bühnen Epoche gemacht. In den Jahren 1620 und 1622 nahm er an dem bei der Beatification und Canonisation des Isidro gehaltenen poetischen Wettkampf Theil 18).

18) Drei von ihm bei dieser Gelegenheit verfaßte Gedichte stehen in den Obras sueltas des Lope de Vega. T. XI. p. 432 u. 491, u. T. XII p. 181.

Als neunzehnjähriger Jüngling verließ er die Universität und begab sich nach Madrid, wo ihm mehrere Große ihre Gunst schenkten; im fünf und zwanzigsten Jahre aber trat er aus Neigung in den Soldatenstand und diente in Mailand, später in Flandern. Höchst wahrscheinlich schrieb er in dieser Zeit das Schauspiel El Sitio de Breda, welches nicht lange nach der Einnahme der Festung Breda (2. Juni 1625) auf die Bühne von Madrid gekommen zu sein scheint. Wie lange fein Kriegsleben gedauert hat, wird nicht angegeben. Wir wisfen nur, daß König Philipp IV. ihn aus dem Felde an den Hof berief, um für seine Lieblingsergögung, das Theater, thätig zu sein; namentlich ward ihm die Composition und Leitung der Festspiele aufgetragen, die mit großer Pracht, meist im Palast von Buen-Retiro, aufgeführt wurden. Schon im Jahr 1630 war sein Dichterruf so begründet, daß Lope de Vega, seinen ebenbürtigen Nachfolger in ihm erkennend, im Laurel de Apolo von ihm sagte:

En estilo poetico y dulzura

Sube del monte a la suprema altura.

Zur Belohnung feiner Dienste ward dem Dichter 1637 das Ritterkleid von Santiago verliehen. Als 1640 die Ritterorden ausrückten, enthob ihn der König seiner Kriegspflicht, und gab ihm Auftrag, das Festspiel Certamen de Amor y Zelos zu schreiben; allein Calderon wollte beiden Pflichten Genüge leisten, vollendete das Schauspiel in kürzester Frist, und hatte noch Zeit, den Truppen nach Catalonien zu folgen, wo er in der Compagnie des Herzogs von Olivarez diente, bis der Friede geschlossen wurde. Er kehrte hierauf an den Hof zurück und war nach wie vor mit besonderem Eifer für die Bühne thätig. Im Jahr 1649 erhielt er den Auftrag, die Triumphbogen für den Einzug der Maria Anna von Oesterreich zu

entwerfen und zu beschreiben. Zwei Jahre später trat er in den Priesterstand, ohne deshalb seiner bisherigen Beschäftigung als Theaterdichter zu entsagen; der König verlich ihm eine Kapellanstelle zu Toledo, von welcher er den 19ten Juni 1653 Besiz nahm, fügte aber 1663, um den Dichter in seiner unmittelbaren Nähe zu haben, eine Stelle bei der königlichen Kapelle hinzu, deren Einkünfte er noch durch eine Pfründe in Sicilien vermehrte.

So konnte Calderon sich mit ungestörter Muse seinen dichterischen Werken widmen. Während eines Zeitraums von fieben und dreißig Jahren verfaßte er die Autos sacramentales für die Feier des Frohnleichnamfestes in Madrid, eine Zeit lang auch die Autos für Toledo, Sevilla und Granada, bis, wie Vera-Tassis sagt, diese Art von Festlichkeiten in den lettgenannten Städten aufhörte. Wenn diese Dichtungsart seinem tief-religiösen Sinne besonders zusagte und mit seinem geistlichen Stande in Einklang stand, so blieb er doch bis in's hohe Alter in der Composition weltlicher Schauspiele und sonstiger Poesien nicht minder thätig. Sein Biograph gibt die Zahl seiner Autos auf mehr als hundert, die der Comödien auf mehr als hundert und zwanzig an; er spricht ferner von zweihundert Loas, geistlichen und weltlichen Inhalts, hundert Saynetes und einer unzähligen Menge von Canzonen, Sonetten, Romanzen und andern Gedichten über verschiedene Gegenstände, und nennt endlich noch eine Beschreibung des Einzugs der Königin Mutter, ein Gedicht über die vier legten Dinge in Ottavcrime, einen Tractat über den Adel der Malerei und einen andern zur Vertheidigung des Schauspiels. Die Richtigkeit dieser Angaben, in so fern sie sich auf die dramatischen Werke beziehen, zu prüfen, werden wir später Gelegenheit finden. Von Calderon's Comödien waren schon früh ver

fchiedene in einzelnen Drucken erschienen; gesammelt kamen zuerst zwölf im Jahr 1635, dann andere zwölf 1637 heraus 19); eben diese Stücke wurden wieder gedruckt in der Ausgabe Comedias de D. Pedro Calderon de la Barca, recogidas pór D. Josef Calderon y hermano, Parte I. su II, Madrid 1640. Ein dritter und vierter Band erschienen 1664 und 1672. Von den Autos wurde die erste (unvollständige) Ausgabe in Madrid 1677 veranstaltet. Der größere Theil von Calderons Werken war dem lesenden Publikum noch unzugänglich, und was gedruckt, war zum Theil auf's kläglichste nach den Bedürfnissen der Buchhändler verstümmelt; auch hatte man Vieles fälschlich auf seinen Namen geschrieben. Der Wunsch, eine vollständigere Ausgabe zu besigen, veranlaßte einen hochgestellten Freund der Poesie, den Herzog von Veragua, Vicekönig von Valencia, sich an den Dichter selbst zu wenden, um ihn zur Veranstaltung einer solchen und zu einem Verzeichniß der wirklich von ihm herrührenden Schauspiele aufzufordern. Dieser Brief sowohl als die Antwort sind schon an sich sehr interessant, dann aber als sicherste Grundlage für die Berechnung der Zahl von Calderon's Werken äußerst wichtig, und wir werden sie in dem Anhange dieses Artikels, der sich außerdem noch mit der Chronologie der Calderon'schen Schauspiele zu beschäftigen hat, mittheilen.

Ueber das spätere Leben des Calderon finden sich nur sehr spärliche Nachrichten, eben weil es frei von äußeren Wechselfällen, ganz dem Dienst der Frömmigkeit und der Musen gewidmet war. In Ermangelung interessanterer und eindringenderer Schilderungen, wie man sie von großen Männern so gerne besigen möchte, wird man vielleicht folgende Stelle

19) So berichtet Vera - Tassis; die Ausgabe muß von der höchsten Seltenheit sein, und ich habe sie nie gesehen.

eines alten französischen Reisewerkes 2o) als Curiosität willkommen heißen:

„Abends (erzählt der Reisende) kamen der Marques von Eliche, ältester Sohn des D. Luis de Haro, und Monsieur de Barriére zu mir und führten mich in's Theater. Die Comödie, welche schon früher aufgeführt, aber jegt neu einstudirt worden war, taugte nichts, obgleich sie Don Pedro Calderon zum Verfasser hatte. Später machte ich auch einen Besuch bei diesem Calderon, welcher für den größten Dichter und das ausgezeichnetste Genie im heutigen Spanien gilt. Er ist Ritter des Ordens von St. Jago und Kapellan an der Kapelle der Königin zu Toledo; aber aus seiner Unterhaltung entnahm ich, daß es um seine Kenntnisse schlecht bestellt war. Wir disputirten eine Zeit lang über die Regeln des Schauspiels, welche man in diesem Lande nicht kennt und welche die Spanier verhöhnen."

Calderon wurde im Jahr 1663 in die Congregation von San Pedro aufgenommen; er war diesem Priesterverein besonders zugethan und seßte ihn in seinem Testament zum Universalerben seines beträchtlichen Vermögens ein. Der Tod Philipp's IV., der ihm nicht allein seinen eifrigsten Gönner, sondern fast einen Freund raubte, mußte ein harter Schlag für ihn sein; doch dauerte sein Verhältniß zum Hofe fort und er wurde nach wie vor zur Abfassung der Festspiele, die hier und da bei feierlichen Gelegenheiten aufgeführt wurden, in Anspruch genommen. Das lezte seiner Dramen war Hado y Divisa. Er starb den 25sten Mai 1681 21). Seine irdischen Reste wurden in der Kapelle San Salvador beigeseßt.

20) Boisel, Journal du voyage d'Espagne. Paris 1669. p. 298. 21) Dies ist die richtige Angabe des Vera-Tassis; Dieze und die ihm nachgeschrieben haben, lassen Calderon noch sieben Jahre länger leben.

« ÎnapoiContinuă »