Imagini ale paginilor
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EINLEITUNG.

zu, dass ihm der König seine Tochter zur Gemahlin geben möge.

In Britannien angekommen übergaben die Gesandten ihr Schreiben und wurden vom Könige mit scheinbarer Freundlichkeit festlich bewirthet; Amleth, der diesem Gastmahl gleichfalls beiwohnte, erregte durch seine räthselhaften Reden und Andeutungen die Aufmerksamkeit und Bewunderung des Königs, der dieselben nach eingezogener Erkundigung wunderbarer Weise bestätigt fand und den Amleth fast für übermenschlich weise hielt. 1 Er gab ihm also seine Tochter zur Ehe und liess die beiden Begleiter andern Tages aufknüpfen. Ueber diesen letztern Umstand stellte sich Amleth höchlich beleidigt und zwang den König, dieses angebliche Verbrechen durch eine Summe Goldes zu sühnen, welches er heimlich schmelzen und in hohle Stöcke giessen liess.2

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Nach Verlauf eines Jahres erbat er sich Erlaubniss zur Reise und kehrte ins Vaterland zurück, indem er von dem ganzen königlichen Schatze nichts mit sich nahm, als die mit Gold gefüllten Stöcke. Sobald er Jütland erreichte, legte er seinen fürstlichen Schmuck ab und nahm wieder seine frühere schmutzige Kleidung und blödsinnige Haltung an. Als er die väterliche Halle betrat, in welcher eben sein Todtenfest gefeiert wurde, erregte er das Staunen und Grauen der Anwesenden, das sich jedoch bald in Scherz und Gelächter auflöste. Nach seinen Begleitern gefragt, zeigte er auf die beiden Stöcke und sagte: 'Hier ist der eine wie der andere.' Darauf gesellte er sich den Mundschenken zu und schenkte den Gästen immer eifriger ein. Um dabei nicht von seinem weiten Gewande behindert zu werden, gürtete er sich ein Schwert um, welches er wiederholt aus der Scheide zog und sich die Finger leicht damit verletzte. Die Umstehenden schlugen daher einen eisernen Nagel durch Scheide und Schwert, um Schaden zu verhüten. Nachdem er die sämmtlichen Gäste trunken gemacht, so dass sie in der Halle selbst in tiefen Schlaf verfielen, löste er das von seiner Mutter gestrickte Netz (compactam a matre cortinam)

1 Er ass nämlich nicht, weil ihm das Brot nach Blut und verrostetem Eisen und der Braten nach menschlichen Leichen schmeckten, und auf seine desfallsige Erkundigung wurde dem Könige hinterbracht, dass das Getreide, wovon sein Brot gebacken sei, auf einem ehemaligen Schlachtfelde geerntet sei, dass die zum Gastmahl geschlachteten Schweine aus ihrem Stalle entkommen seien und den Leichnam eines hingerichteten Verbrechers verzehrt hätten u. s. w.

2 Wie Junius Brutus. Livius I, 56.

von den Wänden los, breitete es über die trunkenen Schläfer aus und befestigte es rings mit den früher von ihm geschnitzten Haken, so dass keiner der darunter Liegenden entkommen konnte. Dann legte er Feuer an das Haus und verbrannte das ganze Gebäude mit allen darin befindlichen Gästen. Darauf eilt er zu dem abgelegenen Gemache seines Stiefvaters, welcher schon früher gleichfalls trunken von seinen Begleitern hinweggeführt worden war, reisst das über dem Bette hängende Schwert herab und hängt an dessen Stelle sein eigenes vernageltes. Er weckt seinen Stiefvater und erzählt ihm, dass sein Hofgesinde eben von den Flammen verzehrt werde, so wie dass Amleth zurückgekommen sei, um den Mord seines Vaters zu rächen. Fengo springt aus dem Bette, ergreift das darüberhängende Schwert, vermag es aber nicht aus der Scheide zu ziehen und wird überwältigt und getödtet.

Nachdem Amleth so an seinem Stiefvater Rache genommen hatte, scheute er sich doch, seine That sogleich vor dem Volke zu bekennen, sondern verbarg sich vielmehr in einem Schlupfwinkel, bis er die Stimmung des rohen Haufens kennen gelernt haben würde. Die Nachbarschaft, welche in der Nacht den Brand gesehen hatte, lief am Morgen zusammen, betrachtete die rauchenden Trümmer und fand die durchbohrte Leiche des Fengo. Keine Spur verrieth den Thäter. Einige wehklagten, Andere frohlockten über das schreckliche Ereigniss. Aus dieser getheilten Stimmung schöpfte Amleth Muth, verliess sein Versteck und berief eine Versammlung derer, welche noch seinem Vater anhingen und sein Gedächtniss ehrten. Ihnen gestand er in einer eindringlichen Rede seine That, die ihm, wie er sagte, zum Ruhme und dem Volke zum Heile gereiche. 'Ich habe euch aus der Knechtschaft erlöst, so schloss er seine Rede, ich habe die Freiheit und den Ruhm des Landes wiederhergestellt, den Tyrannen aus dem Wege geschafft, den Henker besiegt. Bei euch steht die Belohnung; ihr kennt das Verdienst und von eurer Tugend wird der Lohn gefordert.' Die Zuhörer waren bewegt, Viele sogar bis zu Thränen gerührt, und Amleth wurde einstimmig zum König ausgerufen.

Nachdem er diese Thaten in Dänemark vollbracht, rüstete Amleth drei prächtige Fahrzeuge aus und zog wiederum nach Britannien, um seinen Schwiegervater und seine Gemahlin zu besuchen. 1 Auf diesem Zuge liess er sich auch von schön

1 Bis hierher reicht die Übersetzung der Sage vom Amleth nach Saxo Grammaticus in den: 'Quellen des Shakspeare in Novellen, Mährchen und

Herd, wo er krumme Stäbe1 mit Widerhaken schnitzte, in der glühenden Asche härtete und dann sorgfältig aufbewahrte. Auf die Frage, was er damit beabsichtige, antwortete er, dass er Stacheln zubereite, um seinen Vater zu rächen. Diese Antwort wurde allgemein verlacht, nur einige tiefer blickende Freunde seines Stiefvaters2 schöpften daraus Verdacht und beschlossen, ihn dadurch auf die Probe zu stellen, dass sie ihm in der Dämmerung ein schönes Mädchen zuführten. Denn der Geschlechtstrieb, sagten sie, sei so mächtig, dass er sich durch Verstellung nicht verheimlichen lasse. Sie übernahmen es also, den Amleth zu Pferde in das Dickicht eines Waldes zu führen, wo das bestellte Mädchen bereits seiner harrte. Amleth, seiner Rolle getreu, setzte sich verkehrt aufs Pferd, 'den Schwanz statt des Zaums in der Hand' und führte unterwegs verschiedene halb witzige halb blödsinnige Reden. An dem bestimmten Orte angekommen, wurde er wie zufällig von seinen Begleitern allein gelassen und wäre beinahe in die ihm gestellte Falle gegangen, wenn ihn nicht sein Milchbruder, der sich aus Liebe zu ihm dem Zuge angeschlossen hatte, durch eine List gerettet hätte. Er band nämlich einer vorüberfliegenden Bremse (oestrus) einen Strohhalmen an und trieb sie dem Orte zu, wo Amleth war, der auch alsbald das Zeichen erkannte und sich dadurch vor dem lauernden Verrathe warnen liess. Er führte daher das Mädchen weiter nach einem Sumpfe hin, wo er ihrer Umarmung genoss und ihr das Versprechen abnahm, die Sache vor Jedermann geheim zu halten. Sie war nämlich mit ihm zusammen erzogen worden und ihm wirklich zugethan. Zurückgekommen gestand er auf die Fragen seiner Begleiter, dass er das Mädchen fleischlich erkannt habe, allein man glaubte nicht ihm, sondern dem leugnenden Mädchen.

Nachdem also dieser Anschlag, Amleths wahren Geisteszustand zu erforschen, fehlgeschlagen war, schlug ein dienstwilliger Höfling dem Fengo vor, er solle unter dem Vorwande einer Reise sich abwesend stellen und den Amleth insgeheim mit seiner Mutter zusammenbringen, gegen welche er gewiss von seiner Verstellung ablassen und sein Geheimniss entdecken werde. Er selbst, der Höfling, wolle die Zusammenkunft

1 Uncos creare solitus erat.] 'Verborum lusus his uncis inesse videtur; nam uncus, in lingua Islandica Krokr (Danice Krog), significat quoque insidias sive ambages callide quaesitas.' Müller a. h. 1.

2 'Les hommes accorts, et qui auoyent le nez long' nennt sie Belleforest VI, 138 (ed. Rouen, 1604).

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