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auf Shakespeare abzuzielen; 'the trade of Noverint' scheint eine Anspielung auf Shakespeare's frühere Beschäftigung als Schreiber bei einem Advokaten zu sein, während die Worte if you will entreat him farre in a frosty morning' offenbar auf die Scene zwischen Hamlet und dem Geiste (1, 4) hindeuten. Auch die Bezeichnung Shakespeare's als des englischen Seneca kehrt in ähnlicher Weise in der gleich anzuführenden Stelle des Fr. Meres wieder, nach welcher derselbe den Plautus und Seneca in sich vereinigt.

2. In Henslowe's Tagebuche 2 findet sich folgende Aufzeichnung:

.....

'9 of June 1594, Rd (received) at hamlet VIIIS.' Das war höchst wahrscheinlich dasselbe Stück, denn dass es keine dramatische Neuigkeit war, geht aus der geringen Einnahme hervor, welche dabei auf Henslowe's Theil kam. Die Aufführung fand im Theater zu Newington Butts statt, wo zu dieser Zeit die Schauspieler des Lord Kammerherrn (zu denen Shakespeare gehörte) und die des Lord Admirals gemeinschaftlich oder abwechselnd spielten. Malone und Collier beziehen diese Stelle ausdrücklich auf den vor- Shakespeare'schen Hamlet. Bei dieser Gelegenheit wollen wir gleich bemerken, dass in demselben Tagebuche (p. 272 und 274) unter dem 10. März 1598 in dem Inventar der Schauspieler des Lord Admirals folgende jedenfalls zum Hamlet gehörige Garderobenstücke aufgeführt werden: 'ij Danes sewtes, and j payer of Danes hosse; item, j gostes crown; j crown with a sone.

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3. Dr. Thomas Lodge sagt in einer 1596 erschienenen Flugschrift Folgendes: You shall know him (the envious critic) by this: he is a foule lubber, his tongue tipt with lying, his heart steeled against charity; he walks, for the most part, in black, under colour of gravity, and looks as pale ye

1 Noverint &c (englisch Know ye, Know all men) war der übliche Anfang lateinischer Urkunden, z. B. bei Halliwell, The Life of Shakespeare 57 und 111. Halliwell p. 108 leugnet übrigens, ohne Angabe eines Grundes, dass diese Stelle auf Shakespeare Bezug habe.

2 The Diary of Philip Henslowe, from 1591 to 1609. Printed from the original MS preserved at Dulwich College. Edited by J. P. Collier. London, printed for the Shakespeare Society 1845. p. 35. Collier, The History of English Dramatic Poetry, 1838. III, 323.

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Wits Miserie and the Worlds Madnesse. Discovering the Devils incarnate of this Age. Vgl. Drake, Shakspeare and his Times. Paris 1838. p. 224 sq.

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wizard of the ghost which cried so miserably at ye theater, like an oister wife, Hamlet revenge.

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4. In demselben Jahre spielte Joseph Taylor die Titelrolle eines gleichnamigen Stückes. 2

5. Steevens endlich versichert in seiner Einleitung zum Hamlet ein Exemplar von Speght's Ausgabe des Chaucer gesehen zu haben, welches ehemals dem Dr. Gabriel Harvey (dem Gegner des Thomas Nash) gehört und in welchem derselbe eigenhändig bemerkt habe, dass ihm im Jahre 1598 ein Schauspiel unter dem Titel Hamlet sehr wol bekannt gewesen sei. 3

Alle diese Stellen und Thatsachen sind wie gesagt auf einen vor-Shakespeare'schen Hamlet bezogen worden, weil nach der allgemeinen Annahme Shakespeare erst 1586 nach London gekommen und zuerst um 1597- - 1598 Hand an die Bearbeitung dieses schon vor ihm vorhandenen Hamlet gelegt haben soll. 4 Zur Bestätigung dieser letztern Zeitangabe hat namentlich der Umstand dienen müssen, dass Francis Meres in seiner 1508 herausgegebenen Palladis Tamia den Hamlet unter Shakespeare's Stücken nicht mit aufzählt. Die Stelle lautet folgendermaassen: 'As Plautus and Seneca are accounted the best for comedy and tragedy among the Latines, so Shakespeare, among ye English, is the most excellent in both kinds for the stage; for comedy, witness his Gentlemen of Verona, his Errors, his Love's Labour's Lost, his Love Labour's Wonne, his Midsummer's Night Dream, and his Merchant of Venice: for tragedy, his Richard II, Richard III, Henry IV, King John, Titus Andronicus, and his Romeo and Juliet'.5 Allein Drake und Knight haben bereits hinlänglich hervorgehoben, wie wenig Gewicht der Auslassung des Hamlet an diesem Orte beizulegen sei. Dem ganzen Zusammenhange nach kam es dem Verfasser keineswegs darauf an, ein vollständiges Verzeichniss aller bis dahin erschienenen Stücke Shakespeare's zu liefern, sondern nur Belege für seine Behauptung beizubringen (for comedy, witness etc.), dass Shakespeare der Plautus und zugleich der Seneca der Engländer sei; eine Auffassung, welche auch dadurch be

1 Farmer (Essay on the Learning of Shakespeare p. 38) sieht in diesen Worten einen Tadel des Spiels, welches Shakespeare selbst in der Rolle des Geistes entwickelte.

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stätigt zu werden scheint, dass Meres genau so viel Trauerals Lustspiele anführt (von jeder Gattung sechs), wahrscheinlich diejenigen, welche nach seiner Meinung am höchsten standen und den Dichter am sichersten auf die Nachwelt bringen sollten. Denn nicht nur der Hamlet, der damals auf keinen Fall in der vollendeten Form vorlag, welche die unvergängliche Bewunderung der Nachwelt auf sich gezogen hat, sondern auch Pericles und Heinrich VI. fehlen in dem Verzeichniss, Stücke, die unzweifelhaft vor 1598 geschrieben und aufgeführt worden sind. Mit Einem Worte, die Stelle ist durchaus unerheblich für die Zeit der Abfassung des Hamlet. Eben so wenig wird auch durch die Nicht - Erwähnung Shakespeare's in Webbe's Discourse of English Poetry (1586), in Puttenham's Art of English Poesy (1589) und in Sir John Harrington's Apology of Poetry (1591), auf welche Malone seine Chronologie der Shakespeare'schen Stücke gebaut hat, bewiesen, wie das Knight (p. 37 sq.) überzeugend dargethan hat.

Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergiebt sich unserer Ansicht nach daraus, dass die Annahme eines vor-Shakespeareschen Hamlet nichts weiter als ein Nothbehelf ist, zu welchem man seine Zuflucht nahm, weil man die obigen Thatsachen nicht mit dem angeblich später entstandenen Shakespeare'schen Stücke zu vereinigen wusste. Allein Knight hat aus innern Gründen nachgewiesen, dass der Hamlet offenbar zu Shakespeare's frühesten Werken gehört und erst durch allmähliche und wiederholte Überarbeitung die vollendete Gestalt erlangt haben müsse, in welcher er auf die Nachwelt gekommen ist. Er rechnet ihn zu der ersten Gruppe Shakespeare'scher Stücke (ausser Hamlet noch Titus Andronicus und den ersten Entwurf von Romeo and Juliet), welche er nicht unpassend als The Tragedy of Horrors bezeichnet und deren Entstehung er in die Jahre 1585- 1588 setzt. 1 Entkleiden wir, so sagt er, den Hamlet jener gedankenreichen Philosophie und metaphysischen Färbung, welche nachweislich erst stufenweise vom Dichter in ihn hineingelegt worden ist, setzen wir ihn auf den Zuschnitt eines tragischen Alltagscharakters herab, so bleibt in der That ein dramatisches Gerippe übrig, welches vollkommen in jene Reihe von Tragödien passt, welche in England in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts das Thema der Rache wetteifernd behandelten, und deren Inhalt sich um das dreht, was auch im antiken Drama immer das nächstliegende Thema, die erste

1 Knight, Studies of Shakspere p. 39. 51.

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und einfachste Idee der Tragödie war, um die Erfahrung, dass vergossenes Blut wieder Blut verlangt, um jenes Äschylische: 'für Mord wieder Mord, und auf Thaten das Leid'. 1 Dichter stellte anfänglich vielleicht im Hamlet nur den zur Rache verpflichteten Jüngling dar, welcher sich zur bessern Ausführung seines Planes wahnsinnig stellte, aber vor Unentschlossenheit nicht zum Ziele gelangen konnte. Vielleicht war das Stück ursprünglich nur eine Bluttragödie. Ein racheheischender Geist erscheint; ein Schauspiel im Schauspiele wird aufgeführt, das einen Mord zum Gegenstande hat; Polonius wird getödtet; der Geist erscheint wiederum; Ophelia wird wahnsinnig und bringt sich selber um; Hamlet und Laertes ringen auf ihrem Grabe; die Königin wird vergiftet und Laertes mit einem vergifteten Rapiere erstochen; Hamlet tödtet den König und kommt endlich selbst um. Kein Wunder, dass Fortinbras am Schlusse ausruft: This quarry cries on havoc! Auch die Anweisungen, welche Hamlet den Schauspielern giebt, weisen uns auf eine Zeit hin, wo Shakespeare's veredelnder Einfluss auf die Bühne noch nicht zu allgemeiner Geltung gelangt war, und die Erwähnung von Herodes und Termagant führt uns auf die Zeit zurück, wo die Erinnerung an die Mysterien und Moralitäten (die unter Eduard VI. 1547 1553 ihr Ende erreichten) im Volke noch nicht erloschen war. Es lässt sich kaum denken, dass Shakespeare solche Regeln am Ende seiner Laufbahn noch einzuschärfen nöthig gefunden haben sollte, sie erscheinen vielmehr nur dann im rechten Lichte und in ihrer wahren Bedeutung, wenn wir sie in den Anfang derselben zurückverlegen. (Knight Studies 66.) Der Unterschied zwischen dem Hamlet und dem Titus Andronicus wäre danach der, dass der letztere in dem ersten jugendlichen Entwurfe stecken geblieben ist, während der Dichter in dem erstern durch mehrfache Überarbeitungen den ursprünglich rohen Stoff allmählich zum vollendetsten Meisterwerke veredelt hat. Dieser Hergang erscheint in der That bei weitem naturgemässer als die Annahme, dass das Stück fertig und abgerundet gleich der gewappneten Minerva aus dem Haupte des Dichters hervorgesprungen sei. Zudem wissen wir aus Henslowe's Tagebuche und andern Quellen, dass derartige Überarbeitungen eines Schauspiels zu Shakespeare's Zeit an der Tagesordnung waren,

1 Gervinus, Shakespeare I, 120-122. III, 242. Oder wie es in The Tragedie of Gorboduc (1565) im Chorgesange am Schlusse des 4. Aktes (ed. Cooper p. 145) heisst: Blood asketh blood, and death must death requite.

und endlich bietet uns die Quartausgabe des Hamlet von 1603 eine unschätzbare Handhabe dar, um den dichterischen Prozess im Einzelnen zu beobachten und kennen zu lernen. Doch davon wird weiter unten die Rede sein.

Nun giebt es aber noch zwei, unseres Wissens noch nicht in Anschlag gebrachte Gründe, vermittelst deren wir in den Stand gesetzt werden, die Zeit, in welcher der erste Entwurf des Hamlet entstand, ziemlich genau zu bestimmen. Bekanntlich hat Shakespeare in dem Höflinge Osrick einen vortrefflichen Repräsentanten des auch in andern Stücken von ihm verspotteten Euphuismus geliefert, über dessen Narrheit Hamlet sich wiederholt ärgert und den er durch Überbietung lächerlich macht. Allein nicht nur Osrick, sondern auch der erste Todtengräber ist in seiner Weise eine Art Euphuist, und seinem derben Mutterwitze gegenüber zieht Hamlet den Kürzern. Diess verdriesst ihn wiederum, und er bricht gegen Horatio in die Worte aus: 'How absolute the knave is! we must speak by the card, or equivocation will undo us. By the lord, Horatio, these three years I have taken note of it; the age is grown so picked, that the toe of the peasant comes so near the heel of the courtier, he galls his kibe.' ' Woher kommt diese Zeitbestimmung, und sollte sie rein willkührlich und bedeutungslos sein? Gewiss nicht, vielmehr gewinnt sie im Zusammenhange mit den übrigen Andeutungen und Thatsachen eine hohe Bedeutung. John Lyly's Euphues erschien nämlich nach Malone und Collier 1579, nach Watts 1580 und nach Drake 1581. 2 Bringen wir nun in Anschlag, dass natürlich einige Zeit verging, bevor die im Euphues angestimmte gekünstelte Redeweise die verschiedenen Schichten der Gesellschaft durchdringen und allgemeine Modesprache werden konnte, so kommen wir auf das Jahr 1585. Auf eben diesen Zeitpunkt werden

1 Vgl. eine ähnliche Stelle in Swift's Tale of a Tub, Sect. V (Works ed. Hawkesworth, Lond. 1755. I, 133): 'For whereas every branch of knowledge has received such wonderful acquirements since his (sc. Homer's) age, especially within these last three years, or thereabouts; it is almost impossible, he could be so very perfect in modern discoveries, as his advocates pretend.' Swift's Tale of a Tub wurde im J. 1697 geschrieben, obwohl sie erst 1704 erschien; wenigstens ist die Dedikation an Prince Posterity December 1697 datirt, und die obige Stelle bezieht sich offenbar auf Will. Wotton's im Jahre 1694 erschienene Reflections upon Ancient and Modern Learning. Cf. Hallam Introduction III, 562. 573. Swift Works I, 236 u. 243. 2 Collier, H. of E. Dr. P. III, 172. Hallam, Introduction II, 194–196. Drake 215, Vgl. Chambers' Cyclopædia I, 166. Nares' Glossary und Halliwell's Dictionary s. v. Euphuism.

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