stande der Verträge führte dann dahin, dafs die vielumstrittenen staats- und völkerrechtlichen Fragen allgemeineren Inhalts eingehender erörtert werden mufsten. Die deutsch-amerikanischen Bancroftverträge sind der Schnittpunkt der verschiedenartigsten Rechtsgebiete. Die so viel behandelte Lehre von den Staatsverträgen findet in ihrer Darstellung eine bisher nicht versuchte besondere Anwendung und Nachprüfung auf Grund eines einzelnen Falles. Die neuerdings in den Mittelpunkt des Interesses getretene Frage nach der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr erhält durch die Entstehungsgeschichte und die Geschichte der Entwicklung, welche die Handhabung der Bancroftverträge in der diplomatischen Praxis durchgemacht hat, einen lehrreichen Beitrag zu ihrer Lösung. Schliefslich geben die Bancroftverträge bei der in Vorbereitung befindlichen Reform unseres Straf- und insbesondere auch unseres Militärstrafrechts wertvolles Material für das Verhältnis der Regelung von Wehrpflichtverletzung, Auswanderung, unerlaubter Entfernung und Fahnenflucht, sowie für die gesetzgeberische Ordnung der Verjährung von Dauerdelikten. So soll denn das Buch, so sehr es auch nach rückwärts gerichtet erscheinen mag, und obgleich die beigefügten Materialien vorwiegend die Vergangenheit wieder beleben und das von der gegenwärtig geltenden Rechtslage entworfene Bild begründen sollen, doch der Zukunft dienen; es soll die Lösung von gesetzgeberischen Aufgaben mit vorbereiten helfen, die den nationalen Bestand und die Wehrkraft des deutschen Volkes zum Gegenstande haben. Es soll auch anschaulich machen, dafs die Lösung dieser Aufgaben nicht im Widerspruch stehen darf mit den berechtigten Interessen anderer Nationen und nicht mit der völkerrechtlich anerkannten Freiheit des einzelnen, sein Glück und Heim aufserhalb des Vaterlandes zu suchen. Berlin im Dezember 1905. Der Verfasser. Abkürzungen, Zeitschriften, Sammlungen und Zitiermethode. Annalen Hirths Annalen des Deutschen Reiches für Gesetzgebung und Statistik, jährlich 1 Band 1868-1904. Annuaire = Annuaire de l'Institut de Droit International 1877-1904. Beiträge Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft 1900 t. insbes. Jahrg. 4 (1902 3), S. 374 u. 463. B.G. Zeitschrift für das internationale Privat- und Strafrecht (später: und öffentliches Recht); begründet von Böhm, herausgegeben zuerst von Böhm, jetzt von Niemeyer. Clunet's Journal Journal du Droit International privé et de la Jurisprudence Comparée, 1874-1904 jährl. 1 Band. Einschlägige Aufsätze insbes. Bd. 4, S. 388, Bd. 13, S. 1 (v. Bar), Bd. 11, S. 477 (Hänel) u. S. 247, Bd. 18, S. 80 u. 426, Bd. 20, S. 794 (Keidel). Die deutsche Kolonialgesetzgebung herausgegeben von Riebow, Zimmermann, Köbner, von Dargitz, 8 Bde. 1893-1905. Einführungsgesetz. D.K.G. = E.G. Preufsische Gesetzsammlung. Hamburger Sammlung = Die in den europäischen Staaten geltenden Gesetze über die Erwerbung und den Verlust der Staatsangehörigkeit unter Ausschlufs des deutschen Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870. Nebst einem Anhang, enthaltend die vor dem 1. Januar 1871 in den deutschen Bundesstaaten in Kraft gewesenen Staatsangehörigkeitsgesetze. Berlin 1898. J.M.BI. Preufsisches Justizministerialblatt. L.A. Archiv für öffentliches Recht, begründet von Laband und Stoerk. Min.Bl. Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in den Königlich Preufsischen Staaten. M.Str.G.B. Deutsches Reichs-Militärstrafgesetzbuch vom 20. Juni 1872 (R.G.BI. S. 174). M.Str.G.O. Militärstrafgerichtsordnung für das Deutsche Reich vom vom 1. Dezember 1898. O.V.G.E. Entscheidungen des Königlich Preussischen Oberverwaltungs gerichts. Reger Entscheidung der Gerichte und Verwaltungsbehörden usw., herausgegeben von Reger, Nördlingen, seit 1881. Deutsches Reichsgesetzblatt. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. R.M.Str.G.B. Rolins Revue Revue de Droit international et de législation comparée, Première Série 1869 f.-1899; Deuxième Série 1899 f. jetzt herausgegeben von Ed. Rolin. R.V. Verfassung des deutschen Reichs vom 16. April 1871 (BundesG.Bl. S. 63). Sch.G.B. = Schutzgebietsgesetz vom 10. September 1900 (R.G.Bl. S. 813). Sen Ex. Doc. 1889 Vol. 1, Part 2; siehe oben unter Ex. Doc. of the sen. St.P.0. Strafprozefsordnung vom 1. Februar 1877 (R.G.Bl. S. 253). St.G.B. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 (R.G.Bl. 1876, S. 40). W. 0. = Deutsche Wehrordnung vom 22. November 1888. Die Werke werden nach dem Namen ihrer Verfasser, und bei mehreren oder mehrbändigen Werken desselben Verfassers durch einen verdeutlichenden Zusatz zitiert. Bei gröfseren Werken sind bereits im Literaturverzeichnis (nicht im Buche) die hier hauptsächlich in Frage kommenden Stellen angegeben; die Werke ohne Autor (Sammlungen usw.) finden sich teils genau zitiert, teils mit den Anfangsworten, nach welchen sie in das alphabetische Literaturverzeichnis aufgenommen sind, teils nach den obigen Abkürzungen. Die aus Zeitschriften benutzten Abhandlungen werden an ihrer Stelle genau angegeben, so weit sie nicht in dem folgenden Literaturverzeichnis genannt sind. Die bekannten Lehr- und Handbücher zum bürgerlichen Strafrecht, sowie die bekannten Kommentare zum Str.G.B. haben für die folgenden Untersuchungen kaum etwas Förderliches geboten, auch die aufgeführten Kommentare zur M.Str.G.O. und die älteren Werke zum M.Str. G.B. bieten geringe Ausbeute. Inhaltsverzeichnis. Fahnenflucht und Verletzung der Wehrpflicht durch Auswanderung, insbesondere nach den Vereinigten Die Straffreiheit von Wehrpflichtverletzung, Auswanderung, un- Bei Auswanderung eines Deutschen nach den Vereinigten Staaten I. Die vertragsgesetzlichen Grundlagen nach ihrem a) Der badische Vertrag und seine besonderen Abweichungen b) Verhältnis dieser Besonderheiten zu den übrigen Verträgen, welche sie teils in Protokollen anfgenommen haben, teils c) Die logische Betrachtung, ob Vermögensbeschlagnahme und II. Die Fahnenflucht und Artikel II des norddeutschen 2. aus dem 1868 geltenden Straf- und Militärstrafrecht b) Wirkung der Änderung von Rechtsansichten, Gesetzen und 21 IV. Verhältnis des Militärstrafrechts des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs betreffend die Fahnenflucht, die nicht vor der Auswanderung im Sinne von Artikel II begangen wird. a) Begriff der Fahnenflucht nach dem Rechte des Norddeutschen b) nach § 69 M.Str.G.B. (1. Transitive und intransitive Be- V. Rechtliches Wesen der Fahnenflucht mit Beziehung zur Auswanderung auf Grund von § 69 M.Str.G.B. a) Die herrschende Lehre und ihre Mängel b) Auch Wehrpflichtverletzung ist vor der Auswanderung möglich. Fahnenflucht dann nicht, wenn der Täter aus- wandert. Die Absicht dauernder Dienstentziehung ist erst mit Herbeiführung eines entsprechenden Zustandes gegeben. c) Beispiele und die unterschiedliche Bedeutung der drei d) Einwendungen: Der vor der Auswanderung liegende Tat- a) Objektiver und subjektiver Tatbestand, Definition b) Einwendungen (Unterschied von Auswanderung und Ex- patriation werde verwischt. Zeitpunkt des Beginns der Auswanderung sei ungewifs.) und Kritik der gegnerischen Ansichten. (Die im Ausland geborenen oder im Kindesalter von ihren Eltern ins Ausland gebrachten deutschen Knaben sind keine Auswanderer im Sinne von Artikel II. Unter- brechung der Auswanderung durch Inanspruchnahme des deutschen Schutzes nach der bekämpften Definition un- möglich. Das Verlassen des Staates in Auswanderungs- absicht ist kein Begriffsmerkmal der Auswanderung) c) Die Inanspruchnahme deutschen Schutzes im Aus- oder Inlande unterbricht die Auswanderung und den Rechts- vorgang des Verlustes der Staatsangehörigkeit nach Artikel I des Vertrages vom 22. Februar 1868, wie nach § 21 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 d) Unterschied von der Expatriation VII. Die Rechtsnatur der Straffreiheit des Artikel II. c) keine Anerkennung des Rechts der Expatriation . 46 |