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Staatsangehörigen erkannt zu haben, welcher amerikanischen Auffassungen entschieden widerstrebt. Als ein Schutzmittel gegen die Anwendung des Artikel 4 auf solche, die nicht freiwillig auf die neu erworbene Staatsangehörigkeit verzichten und die der ursprünglichen Heimat wieder erwerben wollen, wurde daher auch im amerikanischen Repräsentantenhaus im April 1868 die sogenannte General Bank's Bill eingebracht und zum Beschlusse erhoben, in welcher erklärt wird: dafs alle Bürger der Vereinigten Staaten, solange sich dieselben in fremden Staaten aufhalten, zu demselben Schutze bezüglich ihrer Person und ihres Eigentums berechtigt sein und denselben Schutz von seiten ihrer Regierung erhalten sollen, welcher eingeborenen Bürgern in gleicher Lage und unter gleichen Umständen zuteil werde." Zugleich wurde der Präsident zur Anwendung von Repressalien ermächtigt, wenn etwa ein amerikanischer Bürger von einer auswärtigen Regierung auf den Grund hin verhaftet werde, dafs die Naturalisation in den Vereinigten Staaten sein Untertanenverhältnis zu seinem früheren Souverän nicht aufhebe.

Kurze Zeit darauf, im Monat Juni v. J., wurde von einer Versammlung in Würzburg wohnender Amerikaner gegen die in Artikel 4 enthaltene Schmälerung ihrer Rechte förmlich protestiert und dieser Protest durch Dr. med. Ch. Munde, einem naturalisierten Amerika ner, veröffentlicht.

Schon vor Erlafs dieses Protestes, am 26. Mai, war indessen der bayerische Vertrag abgeschlossen worden, der den Artikel 4 zwar ebenfalls enthält, aber in einem Zusatzprotokoll eine ähnliche Erläuterung dieses Artikels aufgenommen hat, wie sie auch in den hessischen Verträgen bezw. das Zusatzprotokoll übergegangen ist. In dieser Erläuterung ist nun aber klar und unzweideutig ausgesprochen, dafs es lediglich in das freie Ermessen des in seine ursprüngliche Heimat Zurückkehrenden gestellt sein soll, ob er seine neu erworbene Staatsangehörigkeit beibehalten oder aufgeben will.

Kehrt er in die alte Heimat zurück mit der Absicht, die frühere Staatsangehörigkeit wieder zu erwerben, dann erwirbt er dieselbe nicht schon durch die blofse Niederlassung in der alten Heimat. Der Staat, welchem er früher angehörte, ist auch nicht verpflichtet, ihn wieder als Staatsangehörigen aufzunehmen; der Wiederkehrende mufs vielmehr das Staatsbürgerrecht seiner früheren Heimat wieder

besonders erwerben und zwar geradeso, als wenn er niemals Angehöriger des alten Heimatstaates gewesen wäre. Selbstverständlich bekommt er im Falle der Aufnahme mit den Rechten auch Pflichten eines Angehörigen des betreffenden Staates.

Will der in das ursprüngliche Vaterland Rückkehrende dagegen sein neu erworbenes Staatsbürgerrecht beibehalten, so steht ihm dies vollkommen frei, und es kann gegen seinen ausdrücklichen Willen unter keinen Umständen angenommen werden, dafs er auf das neu erworbene Staatsbürgerrecht verzichtet habe. Er bleibt hessischer bezw. amerikanischer Staatsbürger gleichviel, ob er sich nur kurze Zeit oder bis zu seinem Lebensende in der alten Heimat aufhält.

Bei solcher Auslegung stellt sich Artikel 4 als eine notwendige Konsequenz des Artikel 1 und als eine Aufgabe des Prinzips dar, wonach jedem Staate das Recht zustehen soll, seine Angehörigen für immer festzuhalten. Die Annahme des Verzichts auf Naturalisation wird nicht dem in die alte Heimat Zurückkehrenden, sondern dem neuen Heimatsstaate gegenüber für zulässig erklärt und der Artikel hat hiernach nur die Bedeutung was zu allem Überflusse in dem Zusatzprotokoll des bayerischen Vertrages noch ausdrücklich bemerkt ist,

dafs derjenige Staat, in welchem der Ausgewanderte die neue Staatsangehörigkeit erworben hat, diesen nicht hindern kann, die frühere Staatsangehörigkeit wieder zurückzuerwerben.

Alle etwaigen Bedenken gegen die Bestimmungen des Artikel 4 erscheinen hiernach als beseitigt und haben wir zu diesem Artikel nur noch auf die Tatsache hinzuweisen, dafs infolge des Abschlusses zweier formell gesonderter Verträge für diejenigen keine vertragsmäfsige Stipulation vorliege, wenn ein in Amerika naturalisierter, ursprünglich dem im Norddeutschen Bunde befindlichen Gebiete des Grofsherzogtums angehöriger Hesse sich nach seiner Rückkehr aus Amerika in dem nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Gebiete ohne die Absicht der Rückkehr nach Amerika niederläfst, oder wenn ein in Amerika naturalisierter, ursprünglich dem nicht im Norddeutschen Bunde befindlichen Gebiete des Grofsherzogtums angehöriger Hesse sich nach seiner Rückkehr in dem zum Norddeutschen Bunde gehörigen Gebiete des Grofsherzogtums niederläfst.

Indem wir schliesslich zu Artikel 5 und 6 nichts zu erinnern finden, glauben wir, trotz aller Bedenken, die man gegen die Redaktion einzelner Artikel vielleicht erheben mag, bei der gegenwärtigen Sachlage, und da wir den Vertrag immerhin als einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung des internationalen Rechts betrachten müssen, unseren Antrag dahin richten zu sollen,

dem durch das Protokoll vom 1. August 1868 erläuterten Vertrage mit den Vereinigten Staaten von Amerika d. d. 1. August 1868 die verfassungsmässigen Zustimmung zu erteilen,

in der Hoffnung, dafs es gelingen werde, etwaige Zweifelsfälle auf dem Wege einer allseitigen benigna interpretatio zu entscheiden und die aus dem Abschlufs zweier formell gesonderter Verträge für das Grofsherzogtum sich ergebenden Schwierigkeiten durch die erforderliche Verständigung mit der norddeutschen Bundesregierung bezw. den Vereinigten Staaten von Amerika zu beseitigen 1.

1 Der Vertrag ist denn auch ohne jede Diskussion von beiden hessischen Kammern angenommen worden.

Anlage VI.

Deutsche Ministerialerlasse,

die bei Anwendung der Bancroftverträge in Betracht kommen.

1.

Anweisung des Ministers der Justiz vom 5. Juli 18681. (An sämtliche Königliche Appellationsgerichte, an sämtliche Königliche Obergerichte und an die Herren Oberstaatsanwälte in Kiel, Kassel, Wiesbaden und Frankfurt a. M.)

Bei Abschlufs des... Vertrages vom 22. Februar 1868 hat die Absicht vorgewaltet:

dafs die durch strafbare Auswanderung verwirkte Strafe bei einer Rückkehr des Betreffenden in seine frühere Heimat in Gemäfsheit des Artikel II jenes Vertrages nicht zur Vollstreckung gebracht werden soll, wenn der Rückkehrende in dem anderen Staate das Heimatsrecht in Gemäfsheit des Artikel I des Vertrages erworben hat.

Demgemäfs ist überall, wo rechtskräftige Verurteilungen dieser Art gegen solche Personen vorliegen, von Amtswegen über den Erlafs der erkannten Strafen und Kosten im Gnadenwege an den Justizminister zu berichten, und werden diese Anträge zur Abkürzung und Vereinfachung der Sache tabellenartig zusammengefasst werden können, falls die Zahl der Fälle grofs genug ist, um eine tabellarische Form der Berichterstattung zu rechtfertigen.

Der Justizminister Dr. Leonhardt.

1 In Conventions S. 22; auch abgedruckt in Kollers Archiv Bd. II S. 606; in einer amtlichen Drucksache nicht zugänglich.

2.

Zirkularerlafs1 an sämtliche Königliche Regierungen und an das Königliche Oberpräsidium Hannover, betreffend das strafrechtliche Verfahren bei unerlaubter Auswanderung eines Bundesangehörigen nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 6. Juli 1868.

Bei Abschlufs des zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staaten von Nordamerika über die Staatsangehörigkeit der Ausgewanderten verabredeten Vertrages vom 22. Februar dieses Jahres (Bundesgesetzblatt S. 228) hat die Absicht vorgewaltet:

dafs in Gemäfsheit des Artikel II dieses Vertrages die durch unerlaubte Auswanderung eines Bundesangehörigen nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika verübte strafbare Handlung bei einer Rückkehr des Betreffenden in seine frühere Heimat nach mindestens fünfjähriger Abwesenheit nicht zum Gegenstand einer strafrechtlichen Verfolgung gemacht, und dafs die dieserhalb eventuell bereits rechtskräftig erkannte Strafe nicht zur Vollstreckung gebracht werden soll, wenn der Rückkehrende in Amerika das Heimatsrecht in Gemäfsheit des Artikel I des gedachten Vertrages erworben hat.

Die Königliche Regierung wird demgemäfs angewiesen, in den vorbezeichneten Fällen von dem Antrage auf Einleitung der Untersuchung und Bestrafung sowie überhaupt von jeder Verfolgung Abstand zu nehmen, sobald der Betreffende den Nachweis zu führen vermag, dafs er naturalisierter Angehöriger der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Gemäfsheit des Artikel I 1. c. geworden ist.

Die betreffenden Justizbehörden werden von dem Herrn Justizminister mit Anweisung versehen werden, überall da, wo rechtskräftige Verurteilungen dieser Art gegen die bezeichneten Personen vorliegen, von Amtswegen über den Erlafs der erkannten Strafen und Kosten im Gnadenwege zu berichten.

Der Minister des Innern.

1 Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung 1868 S. 200.

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