Imagini ale paginilor
PDF
ePub

Anlage II.1

Parlamentarisches Material zum nord-
deutschen Vertrage.

a)

Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages des Norddeutschen Bundes.

I. Legislaturperiode. Session 1868. Zweiter Band S. 15 f. Nr. 8. Berlin, den 24. März.

Im Namen des Präsidiums des Norddeutschen Bundes beehrt sich der unterzeichnete Bundeskanzler den am 22. Februar c. in Berlin unterzeichneten

Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staaten von Amerika, betreffend die Staatsangehörigkeit derjenigen Personen, welche aus dem Gebiete des einen Teils in das des andern einwandern, nachdem der Bundesrat demselben seine Zustimmung erteilt hat, dem Reichstage des Norddeutschen Bundes zur verfassungsmässigen Genehmigung ganz ergebenst vorzulegen.

Ein diesen Vortrag motivierender Bericht der Ausschüsse des Bundesrates für das Landheer und die Festungen und für Justizwesen ist ganz ergebenst beigefügt.

An

v. Bismarck.

den Reichstag des Norddeutschen Bundes.

Hier folgt der Text des Vertrages in deutscher und englischer Sprache und alsdann auf S. 16 und 17 der Bericht

der vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Justizwesen über den Vertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika vom 22. Februar 1868 in betreff der Staatsangehörigkeit der Eingewanderten. (Nr. I der Drucksachen.)

Seine Majestät der König von Preufsen im Namen des Norddeutschen Bundes und der Präsident der Vereinigten

1 Die Texte in den Anlagen II-V stimmen mit den Originalen auch dort überein, wo sprachliche und grammatikalische Unebenheiten den Anschein erwecken könnten, als wenn ein Versehen bei der Herausgabe untergelaufen sei. Abweichend vom Original sind nur einige für wichtig gehaltene Stellen gesperrt gedruckt.

Staaten von Amerika haben unterm 22. Februar d. J. durch ihre zu diesem Behufe bestellten Bevollmächtigten eine Übereinkunft abgeschlossen, durch welche die Staatsangehörigkeit derjenigen Personen geregelt wird, welche aus dem Norddeutschen Bunde in die Vereinigten Staaten von Amerika und aus den Vereinigten Staaten von Amerika in das Gebiet des Norddeutschen Bundes einwandern.

Nach Artikel 4 der Verfassung unterliegen die Bestimmungen über die Heimatverhältnisse, das Staatsbürgerrecht, die Auswanderung nach aufserdeutschen Ländern, das Strafrecht der Beaufsichtigung seitens des Bundes und der Gesetzgebung desselben. Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände aus dem Bereiche der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen nach Artikel 11 zu ihrem Abschlusse der Zustimmung des Bundesrates und zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Reichstages.

Den Abschlufs des Vertrages hat der Herr Bundeskanzler den Bundesregierungen unterm 5. Februar d. J. vorgeschlagen, und die Unterzeichnung ist erfolgt, nachdem von keiner Seite Widerspruch erhoben war und unter Berücksichtigung verschiedener Wünsche, welche einzelne Regierungen geäufsert hatten.

Gegenwärtig ist der Vertrag zur Erteilung der förmlichen Zustimmung dem Bundesrate vorgelegt worden und den vereinigten Ausschüssen für das Landheer und die Festungen und für Justizwesen zur Berichterstattung überwiesen.

Die Kompetenzfrage ist durch das Vorgemerkte erledigt.

Veranlassung zum Abschlufs des Vertrages haben die langjährigen Differenzen gegeben, welche daraus entstanden sind, dafs die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika den Grundsatz befolgt: dafs der Erwerb des amerikanischen Bürgerrechts alle aus der früheren Staatsangehörigkeit eines Eingewanderten resultierenden Beziehungen löse, während in verschiedenen Staaten des Norddeutschen Bundes die gesetzliche Bestimmung besteht, dafs die Staatsangehörigkeit durch die Abwesenheit gar nicht oder nur . unter gewissen Voraussetzungen und nach einer längeren Reihe von Jahren verloren geht, auch wenn der Abwesende inzwischen das

Bürgerrecht in einem anderen Staat erworben

hat'.

Die Regierung der Vereinigten Staaten hält es infolge ihres Grundsatzes nicht für zulässig, dafs Fremde, welche das amerikanische Bürgerrecht erworben haben, bei ihrer Rückkehr in ihr früheres Vaterland noch als Staatsangehörige desselben betrachtet und zum Militärdienst herangezogen werden, während die Erfüllung der Militärpflicht von seiten solcher Ausgewanderter auf Grund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen in den betreffenden Staaten des Norddeutschen Bundes gefordert werden mufs und gefordert ist. Die hieraus entstandenen Konflikte haben mehrfach zu lebhaften Erörterungen geführt, und dadurch hat die Überzeugung Raum gewonnen, dafs es im allseitigen Interesse begründet sei, die Sache durch eine förmliche Übereinkunft mit den Vereinigten Staaten zu regeln. Hierauf war um so gröfserer Wert zu legen, als in jenen Staaten entschiedene Bestrebungen hervorgetreten sind, die Frist von fünf Jahren abzukürzen, mit deren Ablauf bislang erst die Naturalisation daselbst erlangt werden konnte, die Regierung der Vereinigten Staaten aber sich bereit zeigte, an der seitherigen Frist dem Königreich Preufsen resp. dem Norddeutschen Bunde gegenüber festzuhalten, wenn auf der anderen Seite der Grundsatz Anerkennung finde, dafs durch die Naturalisation in Amerika die frühere Staatsangehörigkeit erlösche.

Die gegen eine solche Übereinkunft etwa aus militärischen Gründen herzuleitenden Bedenken traten vor den Erwägungen zurück, dafs kaum zu befürchten steht, es könne die Ergänzung des Heeres durch eine Erleichterung der Auswanderung nach Amerika gefährdet werden, und dafs das Fernbleiben von Individuen, die sich ihrem Vaterlande fünf Jahre lang entziehen und sich entnaturalisieren, um der Ableistung der Militärpflicht zu entgehen, nicht als ein Verlust für die Armee anzusehen ist.

Wie hiernach der Abschlufs des Vertrages an sich als ein wesentlicher Gewinn zu betrachten ist, so können auch die einzelnen Bestimmungen desselben nur der Zustimmung empfohlen werden.

1 Das Gesetz vom 1. Juni 1870, insbesondere § 21, Absatz 3, hat an diesem Grundsatz nichts geändert.

Staats- u. völkerrechtl. Abhandl. V 1. Bendix.

23

Artikel 1

spricht den Grundsatz aus, dafs der fünfjährige ununterbrochene Aufenthalt in dem Gebiete des einen Teils mit hinzutretender förmlicher Naturalisation die Staatsangehörigkeit für den eingewanderten Angehörigen des anderen Teils begründe. Erfordert wird ein ausdrücklicher Naturalisationsakt, der durch die vielfach üblich gewesene, vor einer Magistratsperson abgegebene blofse Erklärung der Absicht, Staatsangehöriger des einen oder des anderen Teils werden zu wollen, nicht ersetzt werden kann.

Die Frage, ob mit und nach der Erwerbung der Staatsangehörigkeit in dem Gebiete des einen Teils die Staatsangehörigkeit des Ausgewanderten in dem Gebiete des anderen Teiles noch fortdauert, wird durch den Vertrag nicht entschieden und ist nach der inneren Gesetzgebung des betreffenden Landes zu beantworten1. Jedenfalls ist der Ausgewanderte aber als fremder Staatsangehöriger und nur als solcher bis dahin anzusehen, wo er unter den Modalitäten des Artikels 4 zurückkehrt.

Artikel 2

bezieht sich auf den Fall, dafs ein Ausgewanderter vor der Auswanderung in seinem Heimatsstaat Handlungen begangen hat, die nach den Gesetzen dieser Heimat strafbar sind.

Artikel 3

enthält die Ausdehnung des am 16. Juni 1852 zwischen Preufsen und einigen anderen deutschen Staaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika anderseits abgeschlossenen, hier beigefügten Vertrages über die gegenseitige Auslieferung flüchtiger Verbrecher auf alle Staaten des Norddeutschen Bundes, wozu die gegenwärtige Übereinkunft eine erwünschte Veranlassung und Gelegenheit geboten hat.

Artikel 4

gibt dem Grundsatze Ausdruck, dafs in dem Gebiete des einen Teils naturalisierte frühere Angehörige des anderen

1 Der obige Grundsatz, dafs durch Naturalisation in Amerika die frühere Staatsangehörigkeit erlösche, hat also durch den Vertrag keine Anerkennung finden sollen und nach seinem Wortlaute in der Tat auch nicht gefunden.

Teils nach ihrer Rückkehr in ihr früheres Vaterland nicht mehr unter dem Schutze des Vertrages stehen, wenn sie in der alten Heimat sich wieder dauernd niedergelassen. Die Frage über die Staatsangehörigkeit dergestalt Zurückgekehrter ist wieder nach der inneren Gesetzgebung zu entscheiden, durch welche bekanntlich mehrfach die Zulässigkeit eines doppelten Untertanenverhältnisses anerkannt wird. Ist dies der Fall, so erscheint der Ausgewanderte, solange er im Auslande lebt und sein früheres Vaterland noch nicht wieder gewählt hat, als Ausländer und ohne Verpflichtungen gegen das Heimatsland; kehrt er zurück, so leben seine alten Untertanenrechte wieder auf und mit den Rechten auch die Pflichten, deren Erfüllung der Staat von seinen Angehörigen verlangt, den Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber selbstverständlich unter den Modalitäten und Beschränkungen des Artikel 4 des Vertrages.

Wird durch die innere Gesetzgebung die Möglichkeit eines mehrfachen Untertanenverhältnisses nicht statuiert, die Zulässigkeit eines solchen sogar verneint, so wird der in seine Heimat Zurückkehrende, wie der Einwandernde, Heimats- und Untertanenrechte wieder besonders zu erwerben haben 2.

Ob der in sein ursprüngliches Vaterland zurückkehrende und sich dort niederlassende Auswanderer die Absicht unterhält, in der alten Heimat zu verbleiben, ist eine Tatfrage, die in jedem einzelnen Falle festgestellt werden mufs; jedenfalls aber ist der alte Heimatstaat befugt, eine Verzichtleistung auf die in der neuen Heimat erlangte Naturalisation anzunehmen, wenn der Zurückkehrende sich länger als zwei Jahre in seinem ursprünglichen Vaterlande wieder aufgehalten hat. Dann ist die Anrufung des Schutzes der neuen Heimat ausgeschlossen.

Artikel 5 und 6

geben zu Bemerkungen keine Veranlassung.

1 Vgl. die Anmerkung 1 Seite 354.

2 Diesem zersplitterten Rechtszustand in den Einzelstaaten des Norddeutschen Bundes betreffend die Staatsangehörigkeit hat bekanntlich das Gesetz vom 1. Juni 1870 ein Ende gemacht, und zwar unter Zulassung doppelter Staatsangehörigkeit.

« ÎnapoiContinuă »