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nach Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wiederkommt. Auf alle Fälle darf der zurückkehrende Deutsche nicht wieder sofort die gleichen staatsbürgerlichen Rechte ausüben, wie seine Altersgenossen, die ihre Pflicht erfüllt haben. Dabei möchte ich nicht, wie das Strafgesetzbuch, von einer Aberkennung, einem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte gesprochen wissen. Der Ausdruck ist ganz unrichtig. Die Ehrenrechte gehen nicht verloren, vielmehr wird ihre Ausübung rechtlich verhindert, die darauf gegründeten Rechtshandlungen sind nichtig. Es kann kein mit der Persönlichkeit verknüpftes Recht für bestimmte Zeit verloren gehen und nach Ablauf dieser Zeit wieder vorhanden sein und wieder wirksam werden. Das Recht besteht auch während der rechtlichen Unmöglichkeit oder Nichtigkeit seiner Ausübung weiter. Zum Unterschied von der sogenannten Aberkennung der sogenannten bürgerlichen Ehrenrechte hat das hier geforderte Analogon nicht die Bedeutung einer schimpflichen Ehrenstrafe, wie im Strafrecht, sondern vielmehr die einer politischen Mafsregelung polizeilichen Charakters. Daher kommen die Bestimmungen in Nr. 5 und Nr. 6 des § 34 Str.G.B. überhaupt nicht in Frage. Auch Nr. 2 loco citato ist unpraktisch, wenn es sich nicht um Rückfällige handelt. Es bleiben also im wesentlichen §§ 33 und 34 Nr. 1, 3, 4 Str.G.B. Zur Ausübung aller oder einiger der hier bezeichneten Rechte müssen die, welche Wehrpflichtverletzung oder Fahnenflucht begehen, für unfähig erklärt werden, aber natürlich nicht für ihre Lebenszeit. Auch mufs die Möglichkeit der Rehabilitation überhaupt, und zwar vor Ablauf der auf fünf Jahre festzusetzenden Zeit durch eine höhere Verwaltungsbehörde gegeben sein. Die Zeitdauer ist, wenn der Täter bis zur Verjährung der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung sich im Auslande aufgehalten hat und erst darauf zurückkehrt, vom Tage seiner Rückkehr zu berechnen. Wird die Strafe verbüfst, oder verjährt Strafverfolgung oder Strafvollstreckung, während sich der Täter im Inlande (einschliefslich der Schutz

gebiete) aufhält, oder wird die Strafe erlassen, dann beginnt die Zeitdauer mit der Verbüfsung, Verjährung oder dem Erlafs (vgl. § 36 Str.G.B.). Die Unfähigkeitserklärung, von welcher hier die Rede ist, wird in dem das Abwesenheitsverfahren abschliefsenden Urteil erlassen. Urteilsformel und Personalien sind dem Auswärtigen Amte zur weiteren Veranlassung mitzuteilen, und dieses benachrichtigt alsdann die Reichsbehörden im Auslande, damit diese eventuell in Gemäfsheit des zu a Gesagten verfahren. Mit diesen Mafsnahmen wird zugleich auch der Deutsche getroffen, welcher mit einer fremden Staatsangehörigkeit zurückkehrt, während der frühere Deutsche, der als Ausländer oder ohne Staatsangehörigkeit zurückkehrt, nur für die Bestrafung und für die Ausweisung in Frage kommt. Wird der Staatenlose gemäfs Abs. 5 § 21 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 wieder zum Deutschen, dann gilt das über diese Gesagte auch für ihn.

V. Zusammenfassung.

Die Unfähigkeitserklärung in dem angegebenen Sinne ergänzt somit das hier vorgeschlagene Abwesenheitsverfahren und den Beginn der Verjährung der Militärdelikte mit der erstmaligen Verwirklichung ihres Tatbestandes derart, dafs objektive und subjektive Tatbestände im Einklang miteinander stehen, und die schutzwürdigen Interessen des Staats gewahrt bleiben. Die Vorschläge haben die Wirkung und den Vorzug, dafs die strafrechtliche Erledigung aller Militärdelikte ganz unabhängig von dem Verlust der Staatsangehörigkeit möglich ist, die straf- und staatsrechtliche Seite der Delikte scharf auseinander gehalten wird und an Stelle der schwer entwirrbaren und ineinander greifenden geltenden Rechtssätze aus den Gebieten der Wehrverfassung, des Staatsbürgerrechts und des Strafrechts eine einheitliche und einfache strafrechtliche Ordnung tritt.

§ 2. Die Rechtsgestaltung des Verlusts der Reichsund Staatsangehörigkeit de lege ferenda.

1. Die Diskussion über die Frage und ihre Grundlagen. a) Verhältnis des Bestands oder Nichtbestands der Reichsund Staatsangehörigkeit zur geltenden Rechtsordnung.

In der Diskussion über die Rechtsgestaltung des Verlusts der Reichs- und Staatsangehörigkeit, das ist also über Änderung des Gesetzes vom 1. Juni 1870 §§ 13-22 ist nicht genügend gewürdigt worden, welche Einwirkung jede Änderung des bestehenden Rechtszustandes auf diesem Gebiet auf die geltende strafrechtliche Regelung aller der Delikte ausübt, deren Voraussetzung der Bestand der Reichsund Staatsangehörigkeit ist. Beide Gebiete hängen so eng zusammen, dafs an eine Änderung des einen ohne eine. Änderung des anderen gar nicht gedacht werden kann. Selbst wenn, wie hier vorgeschlagen wird, für Militärdelikte eine Regelung derart stattfände, dafs die strafrechtliche Ordnung im eigentlichen Sinne so gut wie ganz von dem Bestand oder Verlust der Staatsangehörigkeit unabhängig würde, die von manchen Seiten vorgeschlagene Erschwerung des Verlusts der Staatsangehörigkeit würde den übrigen Delikten, welche Bestand oder Nichtbestand der deutschen Staatsangehörigkeit voraussetzen, sowie alle anderen Vorschriften, die die gleiche Voraussetzung haben, ein ganz

1 Vgl. §§ 4, 9, 39 Z. 2, 87-102, 107, 112, 138, 141-144, 284 Abs. 2, 296 a, 361 Z. 2, 362 Abs. 4, Str.G.B.

2 Z. B. Str.Pr.O. § 112 Abs. 2 Nr. 3, 113; Gesetz über den Unterstützungswohusitz vom 6. Juni 1870 §§ 1 ff.; Gesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 §§ 3, 4, 23, 43, 44; Gesetz betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe vom 22. Juni 1899 §§ 2, 3, 8, 9, 12, 13, 18, 19; Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900 § 2; Schutzgebietsgesetz vom 25. Juli 1900 § 9; Seemannsordnung vom 2. Juni 1902 §§ 1, 7; eventuell auch Gesetz znm Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 § 17; Gewerbeordnung § 56d und preufsisches Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850 § 12 Abs. 2; preuss. Gesetz betreffend die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen usw. vom 30. Juli 1876 § 3, schliefslich auch die Bestimmungen

neues Gesicht geben. Übersieht man nur flüchtig die zitierten Vorschriften des Str.G.B., so treten die strafrechtlichen Folgen einer übermässigen Erschwerung des Verlusts der Staatsangehörigkeit klar hervor: Auf der einen Seite der Fortbestand der staatsbürgerlichen Pflichten für Friedensund Kriegszeiten, auch in Fällen, wo eine Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte gar nicht in Frage kommen kann, weil der Verpflichtete einem anderen Staate angehört und dort assimiliert ist, insbesondere auch dort zu Kriegsdiensten gegen sein früheres Vaterland gezwungen werden kann, auf der anderen Seite die latente Fortdauer der staatsbürgerlichen Rechte und die Unmöglichkeit der Staatsgewalt, den längst fremd Gewordenen bei seiner Rückkehr als Fremden zu behandeln, z. B. also ihn eventuell auszuweisen oder doch ihm jede Unterstützung zu versagen. Wird also von den internationalen Verwicklungen und Schwierigkeiten ganz abgesehen, mit denen man immer gegen eine besondere Erschwerung des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit argumentiert und mit Recht argumentiert, so würde doch dadurch eine erhebliche, noch gar nicht zu übersehende Veränderung aller der erwähnten zahlreichen Bestimmungen herbeigeführt. Und wenn man erwägt, dafs die bestehenden Rechtsregeln über den Bestand oder Nichtbestand der deutschen Reichs- und Staatsangehörigkeit in dem angedeuteten Sinne schliefslich eine der wichtigsten Grundlagen unserer notwendig nationalen deutschen Rechtsordnung ist, so wird man zur Vorsicht gemahnt, wenn man an die Aufgabe herantritt, hier verändernd und neuschaffend einzugreifen.

Dürfen also die rechtlichen Zusammenhänge, in welche eine Veränderung des Gesetzes vom 1. Juni 1870 eingreifen würde, nicht aufser acht gelassen werden und muss genau geprüft werden, in welcher Weise die Änderung im einzelnen

des bürgerlichen Rechts und des Zivilprozessrechts, betreffend die Sonderbehandlung der Ausländer, sowie des internationalen Privatrechts und andere Bestimmungen mehr.

auf die in Frage kommenden geltenden Gesetzesvorschriften einwirkt, so sind es auf der anderen Seite doch rein politische Gesichtspunkte, welche der Änderung selbst Richtung und Inhalt geben.

b) Das Für und Wider der Erschwerung oder Erleichterung des Verlusts der Reichs- und Staatsangehörigkeit.

Die politischen Gesichtspunkte selbst haben gewechselt, und nach ihren Wandlungen liefse sich eine Geschichte der Rechtsgestaltung des Verlusts der Staatsangehörigkeit schreiben. Entscheidend für die Regelung ist immer gewesen und wird immer sein die Wertschätzung der Persönlichkeit und ihrer sogenannten persönlichen Freiheit auf der einen Seite und das Interesse des Staats auf der andern. Es ist schliefslich das grofse Problem des öffentlichen Rechts überhaupt, das uns im vorliegenden Spezialfall entgegentritt: Die Abgrenzung der Interessen der staatlichen Gemeinschaft als eines einheitlichen, politisch und völkerrechtlich verselbständigten Ganzen gegenüber den Interessen der einzelnen, ihr Angehörigen an der bestmöglichen Entwicklung ihres individuellen oder familiären Daseins1. Beides fällt nicht nur höchst selten zusammen, es strebt meist in ganz entgegengesetzter Richtung auseinander. Tritt man an eine Neuregelung heran, so lautet die erste grundlegende Frage2: Empfiehlt sich der Standpunkt von der absoluten Macht des Staates über das ihm angehörige Individuum oder der von der absoluten Ungebundenheit des Individuums? Oder schliesslich gibt es einen Ausgleich zwischen diesen Gegensätzen, und eventuell welcher Art müfste er sein? Die Frage ist selbstverständlich nicht blofs vom nationalen und patriotischen Gefühle aus zu beantworten. Gefühle sehen

1 Siehe Vattel Bd. I S. 268, die Urteilsgründe des Richters Iredell aus einer Entscheidung des Jahres 1795 in den Opinions S. 1197 und S. 1357, und die verständige Erwägung der gegensätzlichen Standpunkte bei Olivi in Rolins Revue 1898 (Bd. 30) S. 428.

2 Vgl. von Seydel in Annalen 1898 S. 331.

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