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S. 214, von Martens - Bergbohm, Bd. I, S. 427, Jellinek, Staatenverträge S. 40 läfst sich eine Übereinstimmung mit der besprochenen Literatur feststellen.

Kann also im ganzen die völkerrechtliche Literatur wohl für die hier vertretene These als Wahrheitszeugin angeführt werden, so sind doch auf ihrer Grundlage die einzelnen zutreffenden Erfordernisse der Ungültigkeit für den vorliegenden Fall kurz zusammenzufassen und einige naheliegende Bedenken zu erörtern.

II. Die einzelnen Gründe.

Die völkerrechtliche Ungültigkeit von Staatsverträgen kann, wie auch hier und da, aber nicht von allen Schriftstellern unterschieden wird, einen doppelten Charakter haben. Bestimmte Ereignisse können die rechtliche Unverbindlichkeit des Vertrages von sich aus ohne weiteres herbeiführen, oder aber sie befreien von einer Verpflichtung erst in Verbindung mit einer bestimmten Erklärung dessen, den die Tatsache angeht, und der aus ihr die Befreiung herleiten will. Diese Unterscheidung ist im vorliegenden Falle besonders wichtig, weil die deutschen Bancroftverträge als zu Recht bestehend auch nach dem Eintritt der hier interessierenden Ereignisse in Anwendung gebracht worden sind. Sind die Verträge durch sie aufser Kraft gesetzt worden, so können sie als ein rechtliches Nihil auch durch spätere Befolgung nicht wieder wirksam werden. Man hat dann eben etwas geleistet, wozu keine Verbindlichkeit mehr bestand. Und völkerrechtliches Gewohnheitsrecht kann sich natürlich unter zwei bezw. fünf (die süddeutschen Staaten und die Vereinigten Staaten) kontrahierenden Staaten nicht bilden. Etwas anderes ist es freilich, ob durch solche jahrelange Befolgung eines ungültigen Vertrages als zu Recht bestehend nicht eine politisch-diplomatische Gebundenheit erzeugt wird. Oder aber jene Ereignisse haben nur ein Anfechtungsrecht gegeben; dieses ist nicht ausgeübt

worden, die Verträge sind also völkerrechtlich in Kraft geblieben. Eine völkerrechtliche Regel, aus welcher sich ergäbe, wann der eine Fall oder wann der andere vorliegt, besteht nicht. Dieselben Tatsachen werden von den einen zu den Erlöschungs-, von den andern zu den Anfechtungsgründen des Staatsvertrages gerechnet. Daher ist eine Entscheidung allein aus den besonderen Verhältnissen des einzelnen fraglichen Vertrages zu gewinnen.

a) Im vorliegenden Fall sind nun die Ereignisse, welche die völkerrechtliche Gültigkeit der süddeutschen Bancroftverträge in Frage stellen, schon mehrfach gestreift. Rekapitulieren wir kurz: Im Jahre 1868 bei Abschluss der Verträge waren die süddeutschen Staaten völlig unabhängig; sie hatten in jeder Beziehung ihr eigenes, nur durch den eigenen unbeschränkten Willen bestimmtes Rechtssystem und schlossen auf der Grundlage einer ganz selbständigen Wehrverfassung, eines eigenen Straf- und Militärstrafrechts und eines für sich bestehenden Staatsbürgerrechts jene Verträge. Die letzteren setzen diese Abgeschlossenheit der Rechtssysteme bei den kontrahierenden Staaten voraus; würden sie auch alle wörtlich übereinstimmen, inhaltlich enthalten sie Beschränkungen der in denselben Einzelstaaten geltenden Rechtsregeln, und ihre Anwendung ist nach der Verschiedenheit dieser Rechtsregeln notwendig eine andere. Diese Bezugnahme auf die Rechtsordnung der süddeutschen Einzelstaaten kommt z. B. im Vertrage selbst (vgl. Artikel II des badischen Vertrages), zum Teil in den Protokollen und ganz ausdrücklich in den Beratungen und Berichten der Landtage zum Vorschein und ergibt sich aus den Gegenständen der vertraglichen Abmachungen schliefslich von selbst.

b) Die Verträge sollten enthalten und enthalten nichts anderes als Modifikationen jener verschiedenen Rechtsordnungen, ihr Inhalt hat sie allein zum Gegenstande, ist abhängig von der bestehenden Verschiedenheit dieser Rechtssysteme. Die kontrahierenden Staaten hatten ihren historisch

gegebenen Verfassungs- und Rechtszustand zur Grundlage des Vertrages genommen, wie es ja auch nicht anders sein konnte. Diese Grundlage hat sich verändert. Mit Gründung des Deutschen Reiches und der darauffolgenden Reichsgesetzgebung sind Wehrverfassung, Strafrecht und materielles Militärstrafrecht der Einzelstaaten als solche ganz, ihr Staatsbürgerrecht zum Teil verschwunden. Man konnte sich im Jahre 1868 eine Anwendung der süddeutschen Bancroftverträge nur unter Zugrundelegung des betreffenden Landesrechts denken; auch lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass etwas anderes von den Kontrahierenden gar nicht gewollt war und gewollt werden konnte. Nach der Reichsgründung und dem Inkrafttreten der hier einschlägigen Reichsgesetze waren an die Stelle der hier interessierenden landesgesetzlichen Vorschriften allgemein geltende reichsgesetzliche Bestimmungen getreten; soweit aber die früheren landesgesetzlichen Bestimmungen als solche oder in umgeänderter Gestalt fortbestanden (insbesondere kommt hier das Staatsbürgerrecht in Betracht), empfingen sie ihre Geltung von Reichsgesetzes Gnaden. Man kann also sagen, dafs ein ganz anderes Rechtssystem an die Stelle des den süddeutschen Verträgen zugrunde gelegten getreten ist, und dafs eine solche Veränderung der Grundlage der vertraglichen Abmachungen von den vertragschliefsenden Staaten weder vorhergesehen noch gewollt ist. Fragt man aber, ob sie auch diese Veränderungen gewollt hätten, wenn sie sie vorhergesehen, so mufs die Frage entweder verneint oder als widerspruchsvoll zurückgewiesen werden. Denn hätte jene historische Entwicklung wirklich vorausgesehen werden können, oder wäre überhaupt damit irgendwie gerechnet worden, dann wäre man keine Verpflichtungen eingegangen, deren Erfüllung so bald in Frage gestellt werden konnte. Und insofern ist die Frage widerspruchsvoll, als sie bei der Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen einen Willen unterstellt, der die Unmöglichkeit ihrer Erfüllung von vornherein mitumfafst. Wie sollten die süddeutschen Staaten

bei Abschlufs der Bancroftverträge deren Anwendung auch auf die künftigen Reichsgesetze miterstreckt wissen wollen? Wie sollten sie eine solche Verpflichtung übernehmen können, wenn sie gar nicht wissen konnten, ob sie zu der Übernahme überhaupt die Kompetenz besitzen würden? Nach allem kann kein Zweifel bestehen, dafs die vertragschliefsenden süddeutschen Staaten und die Vereinigten Staaten zur Zeit des Vertragsabschlusses und diese Zeit ist allein entscheidend die Anwendung der vertraglichen Vereinbarungen nur auf der Grundlage der Landesgesetze gewollt haben. Eine Anwendung der süddeutschen Verträge auf Gesetze, deren Geltung im Gebiete des vertragschliefsenden süddeutschen Staates nicht auf der Autorität der eigenen Staatsgewalt beruht, sondern auf der einer wie auch immer übergeordneten Reichsgewalt, mufs, von der Zeit des Jahres 1868 aus betrachtet, als ausgeschlossen gelten. Diese Ausgeschlossenheit ist mehr wie eine einseitige Unmöglichkeit der Leistung; sie ist auch mehr wie eine Resolutivbedingung, sie ist schliesslich auch nicht mit der clausula rebus sic stantibus auf eine Stufe zu stellen, soviel sie mit allen dreien gemeinsam haben mag. Alle diese Endigungsgründe betreffen vorwiegend das Vertragsobjekt, hier aber handelt es sich um eine Veränderung des Rechtssubjekts eines der vertragschliefsenden Teile, die den Vertrag als solchen ganz unberührt läfst, ihn aber völkerrechtlich sozusagen ins Leere stellt.

c) Wird der Machtsphäre eines Staates durch politische Ereignisse ein Rechtsgebiet entzogen, auf welchem bestimmte vertragliche Verpflichtungen einem andern Staate gegenüber bestanden und erfüllt wurden, so kann der berechtigte Staat von den früher verpflichteten Erfüllung nicht verlangen, weil der letztere nunmehr gleichsam in der völkerrechtlichen Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er würde dem berechtigten Staate entgegnen können: Wende dich an die zuständige Stelle, ich bin deinem Verlangen gegenüber nicht mehr verfügungsfähig. Wenn also die süddeutschen Ver

träge auf der Grundlage von Reichsgesetzen unanwendbar sind, so steht diese Unanwendbarkeit dem Wegfall des Verpflichteten gleich. Die historische Entwicklung hat zu einer Beschränkung, um nicht zu sagen: Entmündigung der konföderierten Einzelstaaten im Verhältnis zum Gesamtstaat geführt, und insoweit ist der letztere an die Stelle der ersteren getreten. Soweit die Reichsgewalt die Landesgewalt einschränkt und ihre Ausübung ausschliefst, treten die von dieser geschlossenen Staatsverträge aufser Kraft, und sind die von den Einzelstaaten neu abgeschlossenen Staatsverträge überhaupt von vornherein völkerrechtlich unwirksam. Die Konföderation zweier oder mehrerer Staaten ist also ein selbständiger Grund für das Erlöschen von Staatsverträgen, wenn die Verfassung und Gesetzgebung des konföderierten Staates den ihm angehörenden Staaten die Kompetenz für den Gegenstand und die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen des gültig abgeschlossenen Vertrages entzieht, wenn der Inhalt des Staatsvertrags allein parin besteht, dafs er im Widerspruch mit dem beim Abschlufs leitend gewesenen Gesichtspunkte der völlig selbständigen Rechtsordnung des kontrahierenden Einzelstaates und im Widerspruch mit dem im konföderierten Staate geltenden gemeinsamen Rechte auf dieses Anwendung finden müsste.

III. Der Erfüllungsanspruch der Vereinigten Staaten ist ohne praktische Bedeutung.

Eine ganz andere Frage ist es, ob der konföderierte Staat nicht aus den durch die Konföderation kraftlos gewordenen Staatsverträgen von dem berechtigten Staat in Anspruch genommen werden könnte, mit der Begründung, dafs auf seine Staatsgewalt die Kompetenzen (alle Rechte und Pflichten) übergegangen seien, welche den Einzelstaaten den Abschlufs und die Erfüllung der ihnen gegenüber kraftlos gewordenen Staatsverträge bisher ermöglichte. Auf diese Frage braucht jedoch an dieser Stelle nicht eingegangen

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