Imagini ale paginilor
PDF
ePub

ans ihnen, sich ihren Geist durch Nachbildungen 'eigen zu machen. Daher endlich sein Trieb zu Auffäßen aus eigener Kraft, seine Übungen in der lateinischen Poesie und seine Neigung zur deutschen Dichtkunst.

Mit dem Studium der Sprachen verband Bef= sing nun auch ernstlich das Studium der Mathematik. Er schloß sich daher mit Eifer an den Lehrer - derselben, Klemm, den gelchrtesten und scharffinnigften seiner Mitgehülfen, an. Von ihm lernte Bessing, daß die Kenntniß der älteren und neuerèn Sprachen nur Werkzeug zur Gelehrsamkeit, nicht die Sache selbst sei. Dem Wißbegierigen leuchtete ein, was er vernahm, und seine ganze Thätigkeit wandte sich auf immer höhere Gründlichkeit des Erkennens und Wissens. Zwei unter feinen Papieren aufgefundene Jugendhandschriften find Beweise davon. Das erste ist eine deutsche Überfeßung des zweiten, dritten und vierten Buches des Euklid, das andere betrifft die Geschichte der Mathematit. Aus der legten ersteht man zu= gleich, daß er auch die gelehrten Zeitungen auf der Schule gelesen.

Alle Zeugnisse von den lezten Jahren seines Schullebens stimmen überein in dem Bekenntnisse von seinem unermüdeten Fleiße in allem Wissenswürdigen. Der Rektor Gravner sprach dies Zeugniß gegen den Bater sehr kräftig mit folgendem der= ven Lobspruche aus: Es ist ein Pferd, das dop

peltes Futter haben muß. Die Lektionen, die Anderen zu schwer werden, sind ihm kinderleicht. Wir können ihn fast nicht mehr brauchen.“

Nicht selten aber schadete diesem rühmlichen Zeugnisse von seinem Fleiße und seinen Fortschritten in Kenntnissen seine jugendliche Freimüthigkeit und Wahrheitsliebe, die er nicht immer in den angemef= senen Schranken hielt.

Mehrere der Lehrer dieser Schule wohnten aufer dem Bezirke des Klostergebäudes. Sie mußten wöchentlich, einer nach dem andern, Tag und Nacht bei den jungen Leuten sein und die Früh-, Nachmittag- und Abendbetstunden bei ihnen halten. Ein folcher wöchentlicher Oberaufseher hieß Hebdoma darius (Wöchner). Sonnabends kamen alle Lehrer zusammen, das Beste der Schule zu berathen. Dann wurden auch die zwölf ersten Schüler, die die Tischund Hofaufseher vorstellten, herbeigerufen, um über das etwa Vorgefallene und weiter zu Beobachtende befragt zu werden. In einer solchen Versammlung, Censur genannt, war auch Lessing, als Aufs feher, zugegen, und der Rektor erkundigte sich, warum die Schüler in dieser Woche so spät in des Konrektor Höre Betstunde erschienen wären? Niemand antwortete. Nur Bessing flüsterte einem feiner Mitschüler zu:,, ich weiß es.“ Der Rektor, der es wohl verstanden, befahl nun, mit der Sprache herauszugehen. Der Vorlaute mußte gehorchen, und da kam es denn heraus:,, der Herr Konrektor komme

nicht gleich mit dem Schlage; da denke denn Jeder, das Gebet gehe nicht sogleich an." Der Herr Konrektor, es abzuleugnen wohl eben nicht im Stande, rief: admirabler Bessing!" und Lessing behielt diesen Namen bei seinen Mitschülern.

"

[ocr errors]

Höre konnte ihm das nie vergessen, so ein rechtschaffner Mann er auch sonst war. Seine Empfindlichkeit darüber äußerte sich noch, als nachher ein Bruder Beffing's sich bei ihm als Schüler meldete. Gehe," sagte er zu ihm, als er ihn entließ,,,sei fleißig, aber nicht so naseweis, wie dein Bruder!"

"

Zum Glück nahm der Vater seinen Sohn ein Jahr früher, als gewöhnlich, von der Schule, zu Lessing's großem Vergnügen, der sie herzlich satt hatte. Er nahm 1746 öffentlich Abschied mit einer Abhandlung de Mathematica Barbarorum. Die vortheilhaftesten Zeugnisse begleiteten ihn in das väterliche Haus.

3.

Rach einem kurzen Aufenthalte im väterlichen Hause begann er seine akademische Laufbahn, reich an allen dazu nöthigen Vorkenntnissen, aber desto ärmer an Elingendem Metalle, das zum physischen Wohlsein und Lebensbedürfnisse gehört. Weder bei seinen Eltern, noch auf der Schule hatte er Sorgen dieser Art gekannt: Mangel und Überfluß, ZerKrenungen und Aufforderungen zum Genusse waren

[ocr errors]

gleich fern von ihm. Jest traten die leßten auf einmal lockend vor ihm auf, und die ersten ängstigend ihm zur Seite. Nur spärlich konnten Vater und Mutter ihn mit den nöthigen Bedürfnissen versehen, Beide hatten gewünscht, daß er sich dem Studium der Theologie widmen möge; der Sohn aber fühlte dazu nicht die geringste Neigung, und glaubte, daß ihm Sprache, Körper und Denkart für diesen Beruf fehlten. Auch gab der Vater bald nach. Er sahe in den Fähigkei= ten seines Sohnes einen andern, eben so ehrenvollen Wirkungskreis sich aufthun. Die damals geftifteteHochschule zu Göttingen zeigte ihm einen solchen. War der talentvolle Jüngling vier bis fünf Jahre in Leip= zig eben so fleißig, als in Meißen, so schmeichelte er sich, eine Gelegenheit zu finden, ihn dort als öffentlichen Lehrer in irgend einem seinen Kenntniffen angemessenen Gebiete der Wissenschaften ans. zubringen. Lessing schien dazu nicht ungeneigt. Uber auch diesen Plan vereitelte das Unvermögen der Eltern, ihn bis dahin, auch nur drei Jahre, hins länglich zu unterstüßen.

So war der lern- und lebenslustige junge Mensch fast ganz allein feinen eigenen Kräften, seiner eigenen Leitung überlassen. Vorbereiteter und kenntnißreicher, als viele Andere, zu seiner neuen Laufbahn; voll Begierde nach neuem, höhern, tiefern und befriedigendern wissenschaftlichen Erwerbe, fand er nur vor wenigen Lehrstühlen, was er suchte. Wie vieles, was ihm dort als frische Weisheit aus

gegeben wurde, wußte er nicht schon, and wie mans ches tiefer Begründete! Mehr aber, als alles andere, wies ihn der steife, schulgerechte Vortrag, die ihn anekelnde Pedanteret, die damals im Allgemei= nen auf Hochschulen einheimisch war) von diesen Lehrstühlen zurück. Je mehr sich in ihm die Eigenthümlichkeit seines Geistes entwickelte, desto weniger vermochte sich seine außerordentliche, weit um sich greifende Thätigkeit in dem gewöhnlichen Zwang= und Nothstall einengen zu lassen. Schon damals trieb ihn sein Geist, frei und unbeschränkt den Durst nach Wahrheit zu sättigen, tief aus ihrem ́Quelle zu schöpfen. Er glaubte mit Pope, Züge oben ab betäuben nur das Gehirn, ein tiefer Sug-hingegen schaffe es nüchtern. Sollte ihm nun dazu fremde Leitung den Weg versperren? Das gegen lehnte sich sein freier Geist auf. So ging er den Pfad des Selbftprüfens, des Selbst = denkens. Die sogenannten Brot wissenschaften, bloß als solche, lagen bald ganz außer dem Kreise seiner Wirksamkeit. Philosophie, Naturlehre, Mac thematik, ́die Ergründung des Kunft schönen wurDen die Gegenstände seiner Wahrheitsforschungen, und er selbst, er allein war es, der sich unterrichtete und in ihre Geheimnisse sich einweihete.

Seine Besuche der öffentlichen Vorlesungen danerten daher nicht lange. Dem einzigen Ernesti, der über die römischen Alterthümer, die griechischen Klassiker las, hielt er Stand. Ein paar Vorlesungen

« ÎnapoiContinuă »