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in ihren wesentlichen praktischen Folgen zu Ergebnissen, welche auch jetzt noch durchaus befriedigen, und muß als geradezu mustergültig in der Klarheit ihres Ausdruckes bezeichnet werden, welche man besonders hoch anschlagen wird, sobald man dieselbe mit dem Bombaste vergleicht, der in den Culturländern der Alten Welt zur damaligen Zeit die Sprache der Gesetze wie den Kanzleistil zu beherrschen pflegte; und daß sie derartige Vorzüge besißt, darf nicht wundernehmen, wenn man bedenkt, welche Männer sie haben. ausarbeiten helfen! Neben Washington, welcher in der constituirenden Convention und nachmals während seiner Administration sich gleich bedeutend im Frieden wie im Kriege erwies, stehen unter vielen andern der staatsmännische Genius Alexander Hamilton's, ein Patriot mit dem sichern Blicke des Forschers, wie Benjamin Franklin, und Leute von der hervorragenden Begabung eines James Madison oder Rufus King.

Der Constitution sind dann im Laufe der Zeiten funfzehn Artikel, sogenannte Amendements, hinzugefügt worden, auf deren Entstehung und Inhalt nunmehr des Nähern einzugehen ist.

Schon bei der Berathung des neuen Grundgesetzes glaubte man vielfach, in dem Entwurfe desselben eine Lücke bemerken zu müssen, aus welcher man die schlimmsten Gefahren für die Freiheiten des Volkes erstehen sah; und diesen Angriffen wurde das so mühsam zu Stande gebrachte Werk nach wie vor seiner schließlichen Annahme ebenso heftig wie unablässig ausgesetzt. Es war gerade damals das „Zeitalter der Menschenrechte", deren ausdrückliche Anerkennung in der Constitution unterlassen worden war, weil die Verfasser derselben eine solche für überflüssig erachteten 11; unstreitig bildet die Einzelpersönlichkeit als solche auch in begriff

11 Vgl.,,The Federalist" (Kap. 2), Nr. 84, S. 627 fg., insbesondere S. 630, wo Hamilton sagt:,,We the people of the United States, to secure the blessings of liberty to ourselves and our posterity, do ordain and establish this constitution for the United States of America... This is a better recognition of popular rights than volumes of those aphorisms, which make the principal figure in several of our state bill of rights, and which would sound much better in a treatise of ethics, than in a constitution of government." Ueber die Richtigkeit dieser Ansicht läßt sich allerdings streiten; was namentlich die Behauptung angeht, daß man aus der Präambel der Constitution ganz bestimmte Rechte herleiten könne, so vergleiche man darüber die Ausführungen im sechsten Kapitel.

licher Hinsicht den Ausgangspunkt für den modernen Staat; aber eben darum sind alle persönlichen Rechte, welche dem Einzelnen durch den Staat gewährleistet werden, nicht Menschenrechte, sondern staatsbürgerliche Rechte. Andererseits muß sich jeder, als Glied eines staatlichen Gemeinwesens, gewisse Einschränkungen in der Bethätigung seiner Individualität gefallen lassen, da ohne solche ein geordnetes Zusammenleben der Menschen schlechterdings undenkbar ist; wie weit diese Einschränkungen gehen müssen oder gehen dürfen, läßt sich allgemein gar nicht beantworten, sondern hängt in jedem einzelnen Falle von der Bildungsstufe und poli= tischen Reise eines Volkes ab; nur so viel kann behauptet werden, daß die Einzelpersönlichkeit unbedingt und allenthalben als solche anzuerkennen, ihr also stets die Eigenschaft eines Rechtssubjectes zu wahren ist; dadurch wird das Verbot der Sklaverei allerdings zu einem fundamentalen Erfordernisse des modernen Staates, alles andere aber, was man unter dem Namen der Menschenrechte zu begreifen pflegt, lediglich zu einem Momente, welches bei der Regierung eines Staates von dem Träger derselben ganz oder theilweise oder gar nicht zum Ausdrucke gebracht werden sollte, je nachdem es eben der Beanlagung der Bürger entspricht.12 Daß nun die Gewährung der Religions-, Versammlungs-, Preßfreiheit u. s. w. für die amerikanischen Zustände durchaus angebracht erscheint, läßt sich kaum bestreiten; und daher ist es nicht nur erklärlich, sondern auch gerechtfertigt, daß daselbst die Gewährung dieser Freiheiten grundsätzliche Anerkennung erfährt; zweifelhaft könnte nur bleiben, ob dieselbe in der Verfassung unmittelbar selbst oder im Wege der gewöhnlichen Gesetzgebung auszusprechen sei? Allein für die Entscheidung einer derartigen Frage gibt es

12 Gäbe es wirklich Menschenrechte, welche einer absoluten Anerkennung bedürften, so müßten dieselben durch die Verfassungen aller modernen Culturstaaten übereinstimmend gewährleistet sein; das trifft aber keineswegs zu; gerade z. B. die amerikanische Verfassung hat, wiewol ihre Bill of rights in den ersten zehn Artikeln der Amendements eine sehr ausführliche ist, einen Punkt nicht berührt, in welchem anderswo vornehmlich die Bethätigung eines unantastbaren Menschenrechtes gesehen wird: nämlich die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses; zweifellos wäre der Anspruch der Bürger auf Wahrung dieses Geheimnisses ebenso bedeutungsvoll, wie etwa die ihnen gewährte Befugniß, Waffen zu tragen; wiewol nun jener Anspruch nicht ausdrücklich gewährleistet wird, kann man doch sicherlich nicht behaupten, daß die Amerikanische Constitution insofern den Charakter des Absolutismus an sich trage.

überhaupt keine ganz sichern Merkmale, sie wird immer auf einer gewissen Willkür beruhen. Und so kann man es denn auch nicht tadeln, daß, als der Congreß noch vor dem Ende des Jahres 1789 eine sogenannte Bill of rights aufsetzte, die Aufnahme derselben in die Constitution mit großem Nachdrucke gefordert und von den einzelnen Staaten mit vieler Bereitwilligkeit angenommen wurde. 13

Auf diese Weise kamen die ersten zehn Artikel der Amendements zu Stande, welche die Wissenschaft nach allem Gesagten nicht für das Bollwerk schlechthin unantastbarer Privilegien, sondern für Forderungen politischer Zweckmäßigkeit oder auch Nothwendigkeit, aber nur solange anzusehen hat, als die Eigenschaften des Volkes dieses für den Gebrauch solcher Freiheiten tauglich erscheinen lassen.

Während über die Nothwendigkeit der ersten Amendements unter den Parteien nahezu vollkommene Uebereinstimmung herrschte, stellen sich nun alle die folgenden wiederum als das Ergebniß jenes Kampfes dar, welcher sich zwischen den Freunden einer möglichst starken Unionsregierung und den Vertretern staatlicher Unabhängigkeit beständig fortspann. Was zunächst den Art. XI angeht, so berührt dieser einen Punkt des öffentlichen Rechtes, der hier nicht näher besprochen werden kann, weil zu dem Verständnisse desselben die Kenntniß von Einzelheiten erforderlich ist, über welche das Nöthige erst an späterer Stelle sich gesagt findet 14; nur soviel mag hier erwähnt werden, daß nach der Constitution die Union eine Justizhoheit schlechthin in allen Fällen besaß, in denen ein Staat, auf welche Weise auch immer, als Partei auftritt. Diese Bestimmung sollte nun insofern eingeschränkt werden, als man die Unionsgerichte zur Entscheidung aller derjenigen Sachen für unzuständig wollte erklärt wissen, in welchen ein Staat Verklagter und nur eine physische oder juristische Person, nicht aber ein anderer Staat als solcher Kläger war. Wiewol diese ganze Frage eigentlich nur eine untergeordnete Bedeutung aufweist, erregte sie doch ihrerzeit die Gemüther nicht wenig, und zwar gerade deswegen, weil manche die Erledigung des Streites nach der einen oder andern Seite hin zu einem Siege födera

13 Ueber die Daten der Ratification vgl. die Anmerkung zu den ersten zehn Artikeln in der neuesten Ausgabe der „Revised Statutes."

14 Vgl. darüber Kap. 23.

listischer, beziehungsweise particularistischer Principien glaubten aufbauschen zu müssen; so wurde denn, nachdem der Congreß bereits im Jahre 1794 ein Amendement der gedachten Art vorgeschlagen hatte, dieses erst im Jahre 1798 von der nöthigen Zahl der Staaten ratificirt, und dadurch ein Maßstab für die Kraft geliefert, mit welcher die beiden Parteien damals einander zu bekämpfen im Stande waren. 15

Der Art. XII, obgleich er nicht geradezu dem Eigennuße einer einseitigen politischen Richtung dient, sondern einem Mangel abhilft, welchen die Constitution in einer Bestimmung mehr technischer Natur aufzuweisen hatte, ist troßdem, rücksichtlich seiner Entstehungsgeschichte, nicht minder als der vorhergehende lediglich eine Folge der nimmer ruhenden Eifersucht zwischen den beiden großen Parteien des Landes. Art. II, Sect. I der Constitution regelte die Wahl des Präsidenten und des Vicepräsidenten in der Art, daß jeder Wahlmann auf einen Zettel unterschiedlos zwei Personen zu benennen hatte, und derjenige, welcher die meisten der fo abgegebenen Stimmen erhielt, in das erste; derjenige, auf welchen die nächst größere Majorität fiel, in das zweite der gedachten Aemter für erwählt galt. Bei der Wahl im Jahre 1801 wurden nun von seiten der damaligen republikanischen Partei für zwei Männer, Jefferson und Aaron Burr, gleich viele Stimmen abgegeben 16; nach der Vorschrift der Constitution fiel unter diesen Umständen die endgültige Wahl dem Repräsentantenhause zu. Obgleich jeder wußte und niemand bestritt, daß die Wahlmänner Jefferson zum Präsidenten, Burr nur zum Vicepräsidenten hatten machen wollen, war man in jener Körperschaft auf Seiten der Gegenpartei geneigt, nicht dem angesehenen und thatkräftigern Führer der Republikaner, sondern seinem Nebenbuhler Burr, einem Manne von zweifelhaftem Charakter, den Vorzug zu geben. Daß dieser dann troßdem nicht gewählt wurde, war ein bloßer Zufall, welcher natürlich die Bedenklichkeit der fraglichen Vorschrift in der Constitution nicht zu beseitigen vermochte; darum wurde denn vom Congreß im Jahre 1803 vorgeschlagen, die Wahl so zu regeln, daß jeder Wahlmann ein Votum für den Präsidenten und, davon gesondert, ein anderes für den Vicepräsidenten abgeben solle. Auf diese Weise wird allerdings das Repräsentantenhaus

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gehindert, einen Mann betreffenden Falles zum Präsidenten zu erklären, welchen die hierbei doch vornehmlich maßgebenden Wahlmänner vielleicht gar nicht geeignet erachten, jene Stellung auszufüllen; auf den übrigen Inhalt des Art. XII wird anderweitig zurückgekommen werden. 17 Die Ratification der Congreßvorschläge erfolgte gegen Ende des Jahres 1804.

Beinahe sechzig Jahre gingen alsdann seit Annahme des zwölften Artikels dahin, ohne daß eine abermalige Aenderung der Constitution eingetreten wäre; aber während dieser Zeit wüthete ein Kampf, zunächst versteckt, dann offener und immer offener hervortretend, bis sich endlich jener gewaltige Krieg entspann, welcher die Bürger der Union vier Jahre lang in zwei feindliche Heerlager spaltete. Der Preis, um welchen man zuletzt so viele Opfer an Blut und Geld brachte, war auf der einen Seite die Erhaltung, auf der andern die Beseitigung der Sklaverei. Es ist ein eigenthümlicher Umstand, daß zwischen der Partei der Sklavenhalter und derjenigen, welche die Emancipation der Sklaven vertrat, wenn nicht vollkommen, doch im wesentlichen der gleiche Gegensatz besteht, wie er die Partei der Staatenrechtler, d. h. die Demokraten, von den Vertheidigern einer starken Unionsregierung, d. h. den jezigen Republikanern, scheidet, und wie er des Weitern auch eine „cantonale“ Parteigruppirung des Südens gegenüber dem Norden bedingt; die Sklavenhalter hatten naturgemäß ihren stärksten Anhang in den Südstaaten, in welchen die Eigenart des Klimas als unumstößlicher Beweis für die Nothwendigkeit der Sklavenarbeit angesehen zu werden pflegte, während der Norden sich von jeher einer derartigen Entschuldigung für das traurige Institut nicht bedienen konnte, und die handeltreibende Bevölkerung dieser Gegenden dasselbe für ihre Interessen als schlechthin unbrauchbar sehr bald erkennen lernte. Besonders das Princip der freien Arbeit aber und die glücklichere geographische Lage im allgemeinen hatten von jeher den Schwerpunkt der Union in den Norden verlegt, und der blühende Wohlstand, dessen sich dieser Theil der Republik seit langem erfreute, machte denselben zum Träger einer vorurtheilslosern, weiter aussehenden Politik, als in den Südstaaten, wenigstens der Regel nach, vertreten wurde; im Norden griff immer mehr und mehr die Ueberzeugung um sich, daß, je weiter die Kraft der Union als solcher sich entwickele,

17 Vgl. Kap. 8, wo sich bei Anm. 5 der Art. XII abgedruckt findet.

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