Imagini ale paginilor
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jene und diese zusammengenommen ausgestattet sind, wenn man so sagen darf, den ganzen Inhalt der Souveränetät überhaupt erschöpfen; bei dem „Volke“, als einem Factor, welcher begrifflich von der Unionsregierung oder den Einzelstaatsregierungen verschieden ist, kann nichts mehr gesucht werden. Der ganze Art. X ist in der That nichts als die verfassungsmäßige Bethätigung einer Anschauung, welche in Amerika und auch anderwärts nicht nur bei der großen Masse sich findet, sondern wunderbarerweise auch von der Rechtswissenschaft vielfach vertreten wird; danach soll das „Volk" die Quelle aller Regierungsbefugnisse sein; das hat zwar unstreitig seine Richtigkeit, aber doch nur in einem ganz bestimmten Sinne: sofern nämlich damit gesagt sein soll, daß jede Regierungsthätigkeit begrifflich und am letzten Ende immer nur gedacht werden kann als auszuüben im Interesse des Volkes, und daß eine Regierung nicht zu bestehen vermag, wenn sie nicht von der Zustimmung des Volkes getragen wird. Allein so wahr namentlich der lezte Saß ist, so wenig darf er in das Gebiet der Rechtswissenschaft hineingetragen werden; mit ihm hat nur der Historiker zu rechnen, welcher nachweist, wie und warum zu zeiten von dem Volke, d. i. im Grunde einem wenigstens juristisch unfaßbaren und unbestimmbaren Begriffe, ohne Beachtung der bestehenden Verfassungsvorschriften Regierungsformen über den Haufen geworfen und durch andere ersetzt werden; der Jurist hat von der Voraussetzung auszugehen, daß die einmal geschaffene und unstreitig in praktischer Geltung befindliche Verfassung in Wahrheit von dem Willen des Volkes, dies Wort in jenem höhern historischpolitischen Sinne genommen, getragen werde; für den Juristen, der mit mathematisch scharfen Formeln zu rechnen hat, erscheint daher als „Volk“ eine Masse von Menschen nur darum und dann, weil und wenn sie von einer nach gewissen gesetzlichen Vorschriften construirten Staatsgewalt geleitet wird, beziehungsweise als der Inbegriff derjenigen, welche nicht die Regierenden sind, sondern im Gegensaße zu diesen als die „Regierten“ erscheinen. Das Volk, in dem Sinne, in welchem dieses Wort von einer Verfassungsurkunde ausschließlich gebraucht werden darf, kann daher nie Souveränetätsrechte besitzen; und wenn der Entwickelungsgang eines Staates Fragen zu Tage fördert, welche die Ausübung solcher Hoheitsrechte erfordern, deren in der Verfassung nicht ausdrücklich Erwähnung geschieht, so gebührt dieselbe trotzdem und von selbst den Trägern der Souveränetät; denn eine Aufzählung

der den leztern zustehenden Machtvollkommenheiten im einzelnen durch die Verfassung ist, wie schon angedeutet wurde, überhaupt nicht denkbar. In den Grundgesetzen vollkommener Einheitsstaaten geschieht der materiellen Befugnisse, welche dem Souverän zustehen, regelmäßig gar nicht Erwähnung; und in zusammengesetzten Staaten muß entweder die Verfassung, welche der Centralgewalt, oder jede derjenigen, welche den verschiedenen Particulargewalten zu Grunde liegen, von einer Umschreibung der den betreffenden Theilen zufallenden Hoheitsrechte Abstand nehmen; die Verfassung keines amerikanischen Particularstaats hat den geradezu unausführbaren Versuch gemacht, die Competenz der bezüglichen Regierung positiv festzusetzen. Das ist also unleugbar: Wenn es sich in Amerika um ein Hoheitsrecht handelt, das nicht ausdrücklich in der Constitution von 1787 hervorgehoben wird, so gebührt die Ausübung desselben den Einzelstaaten; aber das „Volk“ kann solche Rechte weder verleihen, noch verliehene nehmen. Ein derartiger Vorgang ist juristisch nur denkbar nach Maßgabe derjenigen Vorschriften, welche über die Verfassungsänderung bestehen; wer das nicht anerkennt, für den gibt es keinen andern Ausweg als die Rechtfertigung der permanenten Revolution. Der Art. X der Amendements birgt schwere Gefahren in sich: er enthält eigentlich die Aufhebung der ganzen Verfassung, als deren Bestandtheil er erscheint; will man wirklich eine Entwickelung des Ganzen, welche sich in verfassungsmäßigen Grenzen bewegt, so muß man den Art. X für das ansehen, was er in Wahrheit ist: eine Redensart ohne weitere Bedeutung.

III. Die dritte Frage, in welcher Art der Träger der Staatsgewalt seinen Willen zu äußern habe, ist bisher, als solche, wol von keiner Verfassung, auch nicht der amerikanischen, beantwortet worden, und doch liegt gerade in diesem Punkte eine so hauptsächliche Vorbedingung für die geregelte Entwickelung des öffentlichen Lebens, daß der Mangel jeder unmittelbaren und ausdrücklichen Andeutung hierüber nur erklärt werden kann, weil diesbezügliche Bestimmungen zu selbstverständlich erscheinen, um besonders hervorgehoben zu werden; nichtsdestoweniger läßt sich aus dem Gesammtinhalte einer Verfassung ohne weiteres schließen, was mit Bezug auf die erwähnte Frage zu gelten habe. Es ist eine unbestrittene und darum hier nicht näher zu begründende Nothwendigkeit, die Grundsätze, nach denen die Regierung gehandhabt werden soll, weil und sofern sie die Interessenwelt aller

einzelnen Bürger wesentlich berühren, als objective Normen hinzustellen, in der Art, daß eine allgemeine Erkenntniß derselben ermöglicht wird; solche Normen heißt man Geseße, und jedes Gesetz bedarf daher einer gehörigen Publication. Die Art und Weise, in welcher Geseze zu publiciren sind, pflegt demgemäß in den modernen Staaten selbst zum Gegenstande eines meist sehr ausführlichen Gesetzes gemacht zu werden; in Amerika hat man sich um diese gewiß sehr wichtige Vorbedingung eines geordneten. Rechtszustandes bisher fast gar nicht gekümmert; ja unbegreiflicherweise das Wenige, was man in ganz richtigem Verständnisse der Sachlage nach dieser Richtung hin ehemals geschaffen hatte, dann wieder fallen lassen. Früher nämlich wurden alle vom Congreffe passirten Geseze in gewissen Zeitungen durch das ganze Gebiet der Union hin abgedruckt; später, im Jahre 18723, aber bestimmte man,,,daß vom 4. März 1875 an die Publication der Gesetze in Tagesblättern zu unterbleiben habe“. Jezt sind also nur noch die ältern Vorschriften in Geltung 4; danach soll der

3 Gesetz vom 8. Mai 1872; vgl. „,Revised Statutes", Sect. 79:,,After the fourth day of March, 1875 (no money shall be paid from the Treasury for) the publication of the laws in newspapers (shall cease).“

4 Tit. XLV der,,Revised Statutes" ist überschrieben:,,Public printing, advertisements and public documents.“

Sect. 3803:,,The Secretary of State shall furnish the congressional printer with a correct copy of every act and joint resolution as soon as possible after its approval by the President of the United States, or after it shall have become a law in accordance with the constitution without such approval; and also of every treaty between the United States and any foreign government after it shall have been duly ratified and proclaimed by the President, and of every postal convention made between the Postmaster-General, by and with the advice and consent of the President, on the part of the United States, and equivalent officers of foreign governments on the part of their respective countries".

Sect. 3805:,,The congressional printer on receiving from the Secretary of State a copy of any act or joint resolution, or treaty shall immediately cause an accurate printed copy thereof to be executed and sent in duplicate to the Secretary of State for revision. On the return of one of the revised duplicates, he shall at once have the marked corrections made, and cause to be printed, and sent to the Secretary of State, any number of copies which he may order, not exceeding five hundred, and to be printed separately, and sent to the two houses of Congress, the usual number."

Staatssecretär den Vorstand der Congreß- (oder Regierungs-) Druckerei mit einer genauen Abschrift jedes „Actes“ und jedes von beiden Häusern übereinstimmend gefaßten Beschlusses versehen, sobald als möglich, nachdem dieselben die Zustimmung des Präsidenten erhalten oder nach Maßgabe der Constitution ohne diese Zustimmung Gesezeskraft erlangt haben; ebenso (mit einer Abschrift) jedes Vertrages zwischen den Vereinigten Staaten und einer auswärtigen Macht, nachdem derselbe vorschriftsmäßig genehmigt und vom Präsidenten verkündigt worden ist; und ferner (mit einer Abschrift) jeder das Postwesen betreffenden Convention, (welche) zwischen dem Generalpostmeister, mit und unter Beirath und Zustimmung des Präsidenten, und in gleich gehöriger Weise legitimirten Beamteten einer auswärtigen Macht, in deren Namen (abgeschlossen werden). Wenn der Vorstand der Congreßdruckerei vom Staatssecretär die Abschrift eines solchen Actes, Beschlusses oder Vertrages erhalten hat, so soll er von demselben einen genauen Abdruck anfertigen lassen, in Duplicat dem Staatssecretär zur Durchsicht übersenden und bei Rücksendung eines corrigirten Exemplares dasselbe, in ebenfalls genau bestimmter Anzahl, vervielfältigen; so entstehen die bereits oben angeführten,,Statutes at large" der Vereinigten Staaten; eine ganz bestimmte Anzahl dieser Drucksachen ist ferner jedem Haufe des Congresses zur Verfügung zu stellen und des Weitern allen richterlichen Behörden zuzuschicken. 5 Schließlich ist hier noch auf die Gesetze zu verweisen, welche den Druck, die Vervielfältigung und den Verkauf

Sect. 3807:,,At the close of each session of Congress there shall be printed and bound for the use of the Senate 3000 (!), and for the use of the House of Representatives 10,000 (!) copies of all acts and resolutions so furnished, with a complete alphabetical index, prepared under the direction of the joint committee on public printing."

Sect. 3808:,,The secretary of the Interior shall cause to be published at the close of every session of Congress, and as soon as practicable 11,000 copies of the acts and resolutions passed by Congress, the amendements to the Constitution adopted, and all public treaties and postal conventions made and ratified since the then last publication of the laws."

5 Gesetz vom 3. März 1873,

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Revised Statutes", Sect. 386:,,The Department of Justice shall be charged with the distribution to the various judges and courts of the statutes, reports and other judicial documents provided by law."

der,,Revised Statutes" sowie der „Revised Statutes relating to the district of Columbia" regeln. 6

Man kann nicht behaupten, daß diese soeben mitgetheilten Vorschriften auch nur annähernd dem Wesen der Sache entsprechen; das wird besonders dann klar werden, wenn man die amerikanischen Verhältnisse mit denen anderer Länder, namentlich Frankreichs und Deutschlands, vergleicht; hier tritt nach ganz allgemeiner Vorschrift ein Gesetz überhaupt erst eine gewisse Zeit nach dem Augenblicke in Kraft, in welchem alle für das Zustandekommen desselben nothwendigen Formalitäten erfüllt sind; während dieser Zeit wird das Gesetz abgedruckt und an alle Behörden versandt so, daß diese Gelegenheit haben, sich über den Inhalt desselben zu unterrichten. In Amerika dagegen erlangt jedes Gefeß, wenn es nicht selbst einen spätern Termin für Beginn seiner Geltung ausdrücklich festsett, solche schon zu dem Zeitpunkte, in welchem ihm die von der Constitution erforderte Zustimmung aller betreffenden Factoren zutheil wird. Nun ist aber, wie man gesehen hat, der Druck der Geseze naturgemäß mit manchen Umständlichkeiten verknüpft; derselbe soll theilweise sogar erst nach dem Schlusse der fraglichen Sitzungsperiode erfolgen, und auch dann erst findet regelmäßig ein Versandt an die interessirten Behörden statt; diese sind also bis dahin ohne Kenntniß der Gesetze. Dagegen kann man nicht einwenden, daß ihnen, bei der sehr wohl organisirten Berichterstattung sämmtlicher größerer Zeitungen in der Union, eine solche Kenntniß schon früher zukommen werde, denn ein Richter ist doch nicht amtlich verpflichtet, sich auf die angedeutete Weise mit den Tagesereignissen bekannt zu machen; und wenn er es wäre, so würde er in den Zeitungen doch ein Gesetz meistens nur in viel zu allgemeiner Weise wiedergegeben finden, als daß er darauf die Thätigkeit seiner Rechtsprechung gründen könnte. Bedenkt man des Weitern noch die geradezu ungeheuern Entfernungen, mit denen man in der transatlantischen Republik zu rechnen hat, so kann man nicht leugnen, daß es in manchen Fällen fünf, sechs Monate währen wird, ehe einem Vereinigten Staaten-Richter eine amtliche und genügende Mittheilung eines seit so langer Zeit be

6

Diese Gesetze sind abgedruckt im,,Appendix“ zu der letzten Ausgabe der,,Revised Statutes", S. 1089 fg., und wurden passirt unter dem 27. Juni 1866, beziehungsweise 20. Juni 1874, und 2. März 1877 (für die legte Ausgabe).

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