Imagini ale paginilor
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Die beiden, einer Aufklärung bedürftigen Wörter in obigen Versen sind emmew in der dritten und prenzie in der siebenten Zeile. Prüfen wir zuerst emmew und sehen wir, was die Erklärer darin finden und daraus machen.

Johnson sagt:

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follies doth enmew,] Forces follies to lie in cover, without daring to show themselves.

Dem schließt sich Steevens an:

As falcon doth the fowl,] In whose presence the follies of youth are afraid to show themselves, as the fowl is afraid to flutter while the falcon hovers over it.

Dies ist eigentlich Alles, was die Erklärer bringen; denn Steevens' Zitat aus Beaumont und Fletcher's Knight of Malta führt uns für die Erklärung der vorliegenden Stelle nicht weiter. In allen lexikalischen Hilfsmitteln, die mir zu Gebote stehn, ist bei dem Worte emmew auch nur auf diese eine Stelle Shakespeare's hingewiesen und es ungefähr in folgender Weise erklärt:

mew Korb, Käfig: emmew, in einen solchen Korb oder Käfig einsperren oder zurückdrängen.

Nun müssen wir untersuchen, ob das, was Isabella hier möglicherweise sagen will, sich mit obiger Bedeutung deckt. Sie nennt den Angelo einen Teufel, hätte aber kaum ein Recht, hierfür die Thatsache als Beweis anzuführen, daß er die Thorheiten einschüchtert, so daß sie sich vor ihm nicht zu zeigen wagen, sich vielmehr eingeängstigt vor ihm verbergen. Das könnte dem Angelo eher noch zum Lobe gereichen. Nein! Sie will etwas Fürchterliches von ihm sagen; um so fürchterlicher, je geringfügiger das ist, wogegen er ankämpft: sie nennt es ja nur follies! Sie sagt, er, er tödte die Jugend und mit den Thorheiten verfahre er, wie der Falke mit den Vögeln verfährt. Nun liegt aber dem Falken durchaus Nichts daran, daß die Vögel sich vor ihm verbergen; im Gegentheil: er schwebt in freier Luft über ihnen, stößt auf sie hernieder und packt sie. in mörderischem Griffe mit seinen Krallen. Und wie der Falke die schwachen, schutzlosen Vögel, so packt Angelo selbst die unschuldigste Thorheit und straft sie in grausamer Art er tödtet sie, oder vielmehr ihn, der sie beging!

Angelo straft, und in dem gewählten Bilde straft also auch der Falke die Vögel für ihre Vermessenheit, in freier Luft die Freiheit zu genießen! Und strafen" heißt wir haben viele Belege dafür

im Shakespeare

correct, und ich halte emmew für einen Setzer

fehler nach dem undeutlich geschriebenen Worte correct:

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Folgende Lesarten existieren theils in den ersten Ausgaben, theils in den späteren Kritiken:

Fol. 1 prenzie Fol. 2-4 princely, dann precise, rev'rend, saintly, pensive, frenzy, printsy, pious, phrenzied, primsie, pensie;

und jeder von ihnen wird von ihrem Schöpfer eine rechtfertigende Lobrede gehalten.

Die Cambridge-Editors gehn so weit, die Thatsache, daß das gleiche Wort innerhalb weniger Zeilen zweimal vorkomme, zu einem Anspruche auf Berechtigung und Anerkennung für dasselbe zu steigern. Sie sagen:

The word 'prenzie', occurring, as it does, twice in this passage, rests on such strong authority that it is better to seek to explain than to alter it.

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Wenn man das zum Prinzip machen wollte, könnten viele Druckfehler als „Shakespeare's Sprache" verewigt werden. Nein! Ich will einen andern Weg versuchen; vielleicht werden wir das thörichte prenzie ganz los; was übrigens schon der Fall sein könnte, wenn wir an beiden Stellen statt prenzie, Angelo und prenzie gardes

priestly Angelo und priestly garbs lesen würden. Aber das priestly hat mir im Munde Claudio's nicht Kraft genug, und darum wage ich eine andre Emendation:

In der dritten Scene des ersten Aktes der Folio-Ausgabe (Globe-Ed. I, 2, 160-170) schildert Claudio den Angelo wie folgt: And the new Deputie, now for the Duke, Whether it be the fault and glimpse of newnes,

Or whether that the body publique, be

A horfe whereon the Gouernor doth ride,

Who newly in the Seate, that it may know

He can command; lets it ftrait feele the spur.

Keine sehr respektvolle Schilderung: er zeichnet den Vertreter

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eines Amtes, der -- plus royal que le roi gerade aus der Vergänglichkeit seiner Würde die Lust schöpfe, sie mit vollen Zügen zu genießen, und strenger auftritt, als Jener es that, dessen Diener er ist, von dem er gelernt haben sollte, wie man herrschen muß. Und verächtlich in seiner Bitterkeit über das böse Schicksalsspiel, das ihn Diesem in die Hände gegeben hat, spricht Claudio von ihm als von einem Anfänger, einem Lehrling im Regieren, und nennt ihn höhnischer Weise:

'prentice.

Man wolle erstens beachten, daß Shakespeare nie apprentice, sondern immer nur 'prentice schreibt, und dann auch das Eigenthümliche, daß in der I. Folio hinter dem Worte prenzie ein Komma steht! (Siehe 2. Henry IV, п, 2, 193: From a Prince, to a Prentice,)

Die Wiederholung desselben Wortes in den folgenden Zeilen ist selbstverständlich das Produkt gedankenlosen Nachsetzens derselben Buchstaben, die dem Setzer wenige Zeilen vorher schon eigenthümlich erschienen; da soll natürlich

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Literarische Uebersicht.

A Glossary of Obscure Words and Phrases in the Writings of Shakspeare and his Contemporaries, traced etymologically to the ancient Language of the British people as spoken before the irruption of the Danes and Saxons, by Charles Mackay. London, Sampson Low, Marston, Searle, and Rivington, 1887. XVI und 455 S. gr. 8o. Man kann das Buch nicht entschieden genug verurtheilen: es ist so unbrauchbar, wie das nur irgend möglich ist. Freilich war von dem Verfasser nichts Anderes zu erwarten. Wer sein älteres Buch „The Gaelic Etymology of the Languages of Western Europe, more particularly of the English and Lowland Scotch" (London 1877) je in die Hand genommen hat, mußte von vornherein überzeugt sein, daß dem Verf. die Dunkelheiten bei Shakespeare und seinen Zeitgenossen nur den Vorwand abgeben würden, seiner Keltomanie vollständig die Zügel schießen zu lassen; was ihm um so leichter fällt, als er von den älteren Stufen der englischen Sprache und von der Methode etymologischer Forschung nicht die geringste Ahnung hat und ihm eine entfernte Aehnlichkeit eines englischen Wortes mit einem keltischen genügt, um das erstere vom letzteren abstammen zu lassen. Daß es ihm gar nicht um Shakespeare und seine Zeitgenossen, sondern nur um seine gälischen Liebhabereien zu thun ist, geht schon daraus hervor, daß es ihm durchaus nicht einfällt, sich auf obscure words and phrases zu beschränken, sondern er auch den gewöhnlichsten und verständlichsten Wörtern, die kein Shakespeare-Erklärer jemals für einer Bemerkung bedürftig gehalten hat, Aufnahme nicht versagt, wenn er ihnen eine keltische Etymologie andichten kann.

Wer sollte z. B. glauben, daß tree in ein Glossary of Obscure Words gehört? Und doch finden wir bei Mackay einen Artikel darüber, der fast eine ganze Seite füllt. 'This word', sagt er, 'is not cited because its use or meaning is obscure, either in Shakspeare or in ordinary literature, but because English philologists have all failed to trace it to its origin, and because the investigation of its introduction into the English language affords subject for instructive inquiry, not only in philology, but in ethnology. The English did not borrow the word from the Teutonic, in which a tree is called baum, or from the Latin arbor, or the French arbre, or any known European language'. Hier halten wir vor

läufig inne. Es würde einem nur einigermaßen geschulten Etymologen nie in den Sinn kommen, ausdrücklich hervorzuheben, daß tree nicht vom franz. arbre oder dem lat. arbor kommen kann. Wenn aber der Verf. ferner sagt, daß das englische tree nicht aus dem Deutschen entlehnt sei, so ist das natürlich auch richtig, wenn auch in einem anderen Sinne, als er gemeint hat. Seine germanistischen Kenntnisse gehn nicht weiter, als daß er weiß, daß dem englischen tree im heutigen Deutsch ,,Baum" gegenübersteht. Bin ich etwa hart, wenn ich sage, daß über englische Etymologie nicht mitreden darf, wer nicht weiß, daß ne. tree auf ae. trêo zurückgeht, das mit altfries. trê, alts. treo, got. triu, altn. tré identisch ist? Natürlich ist englisch tree nicht aus dem Germanischen geborgt, sondern ererbt. Mackay geht bei seiner keltischen Etymologie aus von Shakespeare's Lied in As You Like It 2, 5, 1: Under thee green-wood tree. Er ist der Ansicht, daß hier the tree is made to signify a home or a dwellingplace', was selbstverständlich ebenso falsch ist, wie wenn jemand behaupten wollte, daß Uhland, wenn er singt: „In Gras und Blumen lieg' ich gern, Wenn eine Flöte tönt von fern" ,Gras und Blumen" im Sinne von a home or a dwelling-place brauche. Aber diese falsche Erklärung bahnt Mackay den Weg zu seiner Etymologie: 'In the Kymri branch of the Keltic tre signifies a home, an abode, a hamlet, a town'.

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Es mag hier noch auf Mackay's etymologische Erklärung mehrerer durchaus nicht dunkler Wörter hingewiesen werden, deren nicht keltischer Ursprung für jeden Sachkundigen außer Zweifel steht. Es ist so sicher, wie irgend etwas, daß ae. anon = me. anon, anoon, onon, onan, anan (mit nachweislich langem a) u. S. W. =ae. on ân ist. Mackay aber etymologisiert: Keltic an or ain, negative particle, and am, time; whence without time, or loss of time, or waste of time, or expenditure of time. Corrupted from an, am into an, on.' Ferner kommt banquet zunächst von dem gleich geschriebenen französischen Wort und dies schließlich von dem deutschen ,,Bank". Mackay belehrt uns aber, daß im Gälischen ban,,Frau" bedeute und cead,,Erlaubniß"; whence ban-cead, corrupted into banquet, a repast of which ladies were invited to partake'. In der Redensart not to care a bean for anybody' dient das gewöhnliche Wort bean ebenso zur Bezeichnung von etwas Werthlosem, wie wenn man im Deutschen sagt: „ich würde keine Bohne darum geben." Mackay's Etymologie ist the Keltic, binn, a judgment, an opinion'. Daß lord auf ae. hlâford und lady auf ae. hlæfdige zurückgeht, kann natürlich nur Jemandem einfallen zu leugnen, der von der Geschichte der englischen Laute Nichts weiß. Mackay lehrt: In Keltic, lorg signifies to trace, to track, whence lorgte, and (with the elision of the g to avoid the guttural unpronounceable by the English) lorte or lord, traced, i. e. one whose lineage and ancestry is to be traced (presumably to noble progenitors). Lady. seems to originate in the Keltic leithid (the th silent, or lei-id), the like, the equal, the mate'. Wenn es Hamlet ärgert, daß sich seine Mutter von Claudius in die Wangen kneifen und mouse nennen läßt, so braucht er selbstverständlich das gewöhnliche Wort mouse in demselben Sinne, den auch unser ,,Maus" und Mäuschen" hat. Mackay's Etymologie ist folgende. In the ancient Keltic, mas (the a pronounced broad, mahs, or maus quasi mouse) signifies comely, excellent, handsome, gracefully rounded. The same word signifies the hips, the gracefully rounded posterior of a young and handsome woman', worauf er noch an die Venus Kallapige (so!) erinnert.

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