Imagini ale paginilor
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12) „In D IV, 5 und B IV, 7 wird die Nachricht von Hamlet's Rückkehr während der Unterredung des Königs mit Laertes gemeldet, in A ist dem König dies Ereignis schon bei Beginn der Unterredung bekannt, Z. 1783."

Die scheinbare Uebereinstimmung zwischen D und B ist auch hier belanglos. A weicht hier bekanntlich ganz von dem echten Sh.'schen Texte ab. Die erste Mittheilung von Hamlet's Rückkehr erhält der Zuschauer in jener bei Sh. selbst fehlenden A-Scene zwischen der Königin und Horatio.

Da nun in D auch der König davon benachrichtigt werden mußte, so lag es nahe, dem Hofnarrn Phantasmo diese Mittheilung zu übertragen, damit darauf der König und Leonhardus (Laertes) ihren Racheplan verabreden können. Uebrigens ist dieser Theil nur eine Wiederholung eines vorhergehenden. Man vergleiche

D IV, 3:

Phant.:
König:

Phant.:

König:

Neue Zeitung, Monsieur König! Hauptneue Zeitung!
Was ist es, Phantasmo?

Leonhardus aus Frankreich ist wieder zu Hause kommen.
Das ist uns lieb, laßt ihn vor uns kommen.

mit D IV, 5:

Phant.:

König:

Phant.:
König:
Phant.:

Herr Vetter König, noch mehr neue Zeitung.
Was bringst Du wieder vor neue Zeitung?
Prinz Hamlet ist wieder kommen.

Der Teufel ist wieder kommen, und nicht Prinz Hamlet.
Prinz Hamlet ist wieder kommen, und nicht der Teufel.

13) Daß in D und B der König zu Laertes die große Liebe der Königin zu ihrem Sohne und die Beliebtheit Hamlet's beim Volke als Grund angiebt, weshalb er nicht persönlich und offen gegen Hamlet einschreite, scheint mir ebenfalls bedeutungslos zu sein. Dasselbe geht aus A auch deutlich genug hervor:

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Außerdem ist aber der D-Text im Einzelnen auch an dieser Stelle (Akt IV, 3 ff.) so durchaus abweichend von Sh., daß es auch ohne die entsprechenden Stellen in A mißlich wäre, hier auf Aehnlichkeiten viel Gewicht zu legen.

14) „In D V, 2 und B V, 2 erzählt Hamlet dem Horatio, wie er auf der Reise nach England den Anschlägen gegen sein Leben entging, in A erfahren wir dies Alles in einem Gespräch Horatio's

mit der Königin, das in D und B fehlt. In D und B weist Hamlet während dieses Gespräches mit Horatio darauf hin, daß er seine Rettung der göttlichen Allmacht verdanke." Will man dem letzteren Punkte durchaus Bedeutung beimessen, so ist daran zu erinnern, daß es auch in der A-Scene zwischen Horatio und der Königin (Zeile 1779) heißt:

Thankes be to heauen for blessing of the prince.

Diese A-Scene fehlt allerdings in D; sie ist aber nach der beliebten Manier zu der Banditenscene (D IV, 1) ausgearbeitet wor den, in der uns Hamlet's Errettung auf der Bühne vorgeführt wird. Da in Hamlet's späterem Gespräch (D V, 2) mit Horatio der Letztere natürlich auch Bescheid wissen muß, da sich ferner der Inhalt der Banditenscene wohl als besonders bühnen wirksam empfahl, so geschah hier eine wohlgemeinte, aber herzlich ungeschickte Wiederholung in Erzählungsform von dem, was vorher bereits auf der Bühne vorgeführt worden war. Daß wir es hier mit einer selbständigen Schöpfung und sonach höchstens mit einer zufälligen Uebereinstimmung zwischen D und B zu thun haben, wird um so wahrscheinlicher, als wir auch in D I, 5 genau dasselbe Verfahren beobachten können: zuerst sieht der Zuschauer den Geist und Hamlet auf der Bühne und hört die ganze Ermordungsgeschichte, und gleich darauf erzählt Hamlet fast mit denselben Worten wie der Geist seinem Freunde das eben Gehörte.

15) Die Uebereinstimmung, daß Hamlet in D V, 3 von Phantasmo mit:,,Willkommen zu Hause, Prinz Hamlet" und in B V, 2, 82 von Ostrik mit:

Your Lordship is right welcome backe to Denmarke

begrüßt wird, während die Begrüßungsformel in A (2020) lautet: Now God save thee, sweete prince Hamlet,

ist zu geringfügig, ihre Zufälligkeit zu leicht möglich, um ihr irgend welche Beweiskraft zuzuerkennen.

16) Diese Nummer darf füglich hier unberücksichtigt bleiben, da Cr. selber (vgl. auch S. 42 seiner Abhandlung) hier nur eine etwas kühne Vermuthung aufstellt.

17) „In D V, 6 entschuldigt sich Hamlet vor Beginn der Fechtscene wegen seiner mangelhaften Uebung in der Fechtkunst; Leonhardus erwidert ihm: „Ich bin Ihro Durchlaucht Diener, Sie scherzen nur". Ebenso erwidert er B V, 2, 268: You mock me, Sir. Fehlt in A.“

Hamlet gesteht aber doch auch in A seine Schwäche im Fechten ein, Z. 2059: Your maiestie hath laide a the weaker side. Uebrigens geht in D V, 5 schon die Aeußerung Hamlet's voraus: ,,Ihre Majestät wollen mir verzeihen, denn ich in den Rappier wenig geübt bin. Leonhardus aber kommt kürzlich aus Frankreich, also er sich ohne Zweifel wird gut exerciert haben, darum wollen Sie mich entschuldiget halten." Auch sonst noch entschuldigt sich Hamlet in D so auffallend, daß hier die Abweichung von Sh. ganz deutlich zu Tage tritt. Dazu kommt, daß die betreffenden Ausdrücke (,,Sie scherzen nur" und 'you mock me') im Englischen und im Deutschen keineswegs genau dasselbe bedeuten. Die betreffende ganz freie Stelle in D lautet (Akt V, 6):,,Wohlan denn, Leonhardus, so kommet denn an, wir wollen zusehn, wer dem Andern die Schellen wird anhängen. Wo ich aber einen Excess begehen möchte, bitte ich zu excusieren, denn ich lange nicht gefochten" - worauf Leonhardus die oben zitierte Antwort giebt. Auch hier also dürften wir es mit einem bloßen Zufall zu thun haben.

18) Hamlet ruft in D dem sterbenden Leonhardus, der ihn um Verzeihung bittet, zu: „Der Himmel geleite deine Seele!"

Laertes (B V, 2, 339) sagt zu Hamlet:

Hamlet:

Mine and my fathers death come not vppon thee,
Nor thine on me!

Heaven make thee free of it.

Der Gedanke ist in B offenbar ein durchaus anderer. Auch in A tritt deutlich die Gegenseitigkeit der Verzeihung hervor; in D aber scheint es, als hätte Hamlet nur zu verzeihen, Leonhardus nur um Verzeihung zu bitten. Bei solcher Abweichung in D von Sh. brauchen wir in dem bei Sterbescenen so gewöhnlichen Worte Himmel-Heauen wiederum nichts weiter als Zufall zu erblicken.

19) „In D und B äußert Hamlet vor seinem Tode, daß er den Fortinbras (in D Fortempras) zum Nachfolger wünscht; in A wird hiervon Nichts erwähnt." Die Schlußscene in A, die in D fehlt und in welcher Fortenbrasse selber auftritt, seine rights of memory' auf das Dänische Königreich erklärt und seine Absicht kund giebt, dieselben nunmehr geltend zu machen, reicht m. E. aus, um auch diese Uebereinstimmung als eine zufällige zu charakterisieren. In der obigen etwas unbestimmt gehaltenen Angabe Cr.'s sieht dieselbe auch bedeutsamer aus als sie in Wirklichkeit ist. In D sagt Hamlet: „Doch bitte ich euch, lieber Horatio, und bringet die Krone nach

Norwegen an meinen Vetter, den Herzog Fortempras, damit das Königreich nicht in andere Hände falle." In B:

But I doe prophecie th' ellection lights

On Fortinbraffe, he has my dying voyce,

So tell him.

Zunächst also ist von einer Reise Horatio's nach Norwegen in B nicht die Rede. Ferner tritt in D Hamlet's Interesse und Sorge für den Staat überhaupt mehr in den Vordergrund als bei Shakespeare; man wünschte in D mit Recht das fernere Schicksal des Reiches für das Publikum nicht im Ungewissen zu lassen; die Schlußscene von A gab die nöthigen Winke; Hamlet, nach dem Tode des Königs der rechtmäßige Inhaber der Krone, vermacht sie eigenmächtig dem Fortempras, und da auch in A von einer election', von einer 'dying voyce' (wonach Sh. Dänemark als Wahlkönigreich aufgefaßt wissen wollte) keine Rede ist, Fortenbrasse vielmehr von absolutistischen rights of memory' spricht, so stimmt hier D und A wiederum gegen B in einem bedeutsamen Punkte überein.

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Wir haben somit gesehen, daß die große Mehrzahl der von Cr. aufgeführten Uebereinstimmungen zwischen D und B sich zum Theil sehr wohl auch aus A erklären lassen, zum Theil auf bloßem Zufall beruhen können. Auch Cr. (S. 30) selber sieht Zufall in der Uebereinstimmung zwischen

D V, 2:

Hamlet (zu seiner Mutter): Weint ihr? Ach laßts nur bleiben, es sind doch lauter Crocodillsthränen,

mit ähnlichen Stellen bei Saxo und Belleforest (Sous le fard d'un pleur dissimulé, vous couvriez l'acte le plus misérable'). Ebenso ist es nach Cr. Zufall, wenn in A (1426) und D III, 2 ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß Claudius den alten Hamlet im Schlafe getödtet habe; und man wird ihm schwerlich darin widersprechen. Mehr aber als in dem letzterwähnten Punkte muthe ich dem Zu

fall nirgends zu. Ich habe deshalb auch einige oben übergangene Punkte der Uebereinstimmung noch besonders zu beleuchten.

Nr. 7. „In D II, 7 sagt Hamlet zu den Schauspielern:

Ich bin ein großer Liebhaber eurer Exercitien und meine es nicht übel, denn man kann in einem Spiegel seine Flecken sehen.

In B III, 2, 23 sagt er:

Playing whose end both at the first, and now, was and is, to holde as twere the Mirrour.vp to nature, to shew vertue her feature; scorne her owne Image etc.

In A fehlt der Vergleich mit dem Spiegel gänzlich.“ Bedenken wir, daß in A ähnliche Vergleiche der Schauspielkunst sich finden (Z. 1084 f.):

I tell you they (d. h. die Schauspieler) are the Chronicles

And briefe abstracts of the time

daß Cr. S. 26, in seltsamem Widerspruch zu dieser Nr. 7 seiner DB Gruppe, selber diese ganze Schauspielerscene in ihren Einzelheiten als späteren Zusatz betrachtet, dem deswegen keine besondere Beweiskraft zuerkannt werden dürfe, so könnte man auch hier, ohne über die Grenze der Möglichkeit hinauszugehen, an einen bloßen Zufall glauben. Doch bleibt der Vergleich mit dem Spiegel immerhin auffallend genug, um uns in Zweifel zu lassen, umsomehr als noch einige andere Punkte über A hinauszuweisen scheinen:

Nr. 1. Der Name Francisco fehlt in A gänzlich, kommt aber in D und B in der Plattformscene vor.

Nr. 3. Dem Anfang der Rede des Königs bei seinem ersten Auftreten in B I, 2, wo er von dem Tode seines Vorgängers, von der Pflicht zu trauern, von der Veranlassung zur Freude in Folge seiner Verheirathung mit der Wittwe des alten Hamlet redet, entspricht in D die Stelle (Akt I, 7): „Obschon unseres Herrn Bruders Tod noch in frischem Gedächtnis bey jedermann ist und uns gebietet, alle Solennitäten einzustellen, werden wir doch anjetzo genöthiget, unsere schwarze Trauerkleider in Carmoisin, Purpur und Scharlach zu verändern, weil nunmehr meines seeligen Herrn Bruders hinterbliebene Wittwe unsere liebste Gemahlin worden; darum erzeige sich Jeder freudig und mache sich unserer Lust theilhaftig“. In A fehlt alles dem Entsprechende. Dafür aber tritt auch die Lücke um so auffallender hervor, wie ich (Anglia VI, 2, 12) gezeigt habe. Jedem, der A für eine Aufführung zu Grunde legte, mußte sich diese Lücke sofort verrathen. Entgegen meiner früher (a. a. O.) ausgesprochenen Ansicht, daß diese Lücke aus dem ganzen Inhalt des Stückes heraus in D ausgefüllt worden sei, glaube ich jetzt auch, daß hier A allein nicht für die Erklärung der Uebereinstimmung zwischen D und B ausreicht.

Nr. 11. In D III, 9 ruft die wahnsinnige Ophelia :

Siehe da, mein Kütschchen, mein Kütschchen;

in B IV, 5, 70:

fehlt in A.

Come, my coach;

Jahrbuch XXIII.

16

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