Imagini ale paginilor
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Shakespeare, und zwar erst, nachdem Felix durch einen wunderbaren Trank nicht bloß von den Wunden genesen, die ihm die Ritter, sondern auch von denen, welche ihm Celia geschlagen. Man hat nun aber gemeint, daß der Schluß des Lustspiels beeinflußt sei durch die schon erwähnte Erzählung von Apolonius und Silla, an deren Ende ebenfalls zwei Paare glücklich werden. Allein, wenn Shakespeare eine Komödie schreiben wollte, so verstand es sich von selbst, daß er außer Proteus und Julia auch Valentin und Silvia zusammenkommen lassen mußte. Simrock hat ferner auf eine unleugbare Ähnlichkeit mit einem deutschen Märchen hingewiesen. Die verlassene Braut eines Königsohns, die sich unerkannt als Jäger in dessen Dienst befindet, wird, da sie von der bevorstehenden Ankunft einer neuen Braut hört, ohnmächtig. Der Prinz springt hinzu, zieht dem Jäger den Handschuh aus und erblickt auf dessen Finger den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und erkennt so diese selbst in dem Jäger wieder. Aber die Übereinstimmung ist vielleicht zufällig. Ringe als Wiedererkennungsmittel kommen auch in der älteren englischen Poesie häufig vor, so in den Sagen von Horn und von Guy of Warwick, und daß Frauen in Mannskleidern ihr Geschlecht durch Ohnmächtig werden verrathen, ist wohl ebenfalls ein altherkömmlicher Zug, den Shakespeare auch in Wie es Euch gefällt IV, 2, 157 ohne den Vorgang seiner Quelle verwendet hat. Spanischen Einfluß sieht Carrière darin, daß Valentin Silvia seinem Freunde überlassen will; aber ich glaube, daß Shakespeare auch ohne ein literarisches Vorbild zu diesem Zuge, welcher an sein 40. Sonett erinnert, kommen konnte. Proteus könnte leicht der Julia allzu unwürdig erscheinen; deshalb läßt ihm der Dichter durch Valentin's plötzlichen Entschluß, seine Liebe der Freundschaft zu opfern, gewissermaßen ein Leumundszeugniß ausstellen: wer einen Freund hat, der zu einem solchen Opfer bereit ist, muß trotz aller Verirrungen im Grunde des Herzens edel sein. Zugleich hat aber Shakespeare dafür gesorgt, daß sich an Valentin's Verzicht sogleich die Wiedererkennung Julia's schließt, durch welche jener so gegenstandslos wird, daß Niemand mehr mit einem Worte auf ihn zurückkommt.

Nach alledem ist bei diesem Jugendwerke des Dichters das Ergebniß unserer Betrachtung dasselbe, wie bei seinen späteren Dramen: trotz aller Abhängigkeit im Stoff doch volle Freiheit in dessen Gestaltung!

Jahrbuch XXIII.

2

Jahresbericht vom 23. April 1887.

Vorgetragen

von

Gisbert Freiherrn von Vincke.

In den äußeren und inneren Verhältnissen unsrer Gesellschaft hat sich während des abgelaufenen Jahres Außergewöhnliches nicht begeben, und das ist insofern erwünscht zu nennen, weil jedenfalls minder Erfreuliches dadurch ausgeschlossen wird.

Der hohen Protektorin bringen wir den gewohnten Dank für die stets auf's Neue bethätigte warme Theilnahme an dem Gedeihen Ihrer Schutzbefohlenen.

Die Anzahl der Mitglieder beläuft sich zur Zeit auf 203, gegen 188 im Vorjahre; die vorgekommenen Abgänge wurden reichlich aufgewogen durch neue Zugänge. Unter den Gestorbenen sind hervorzuheben: der General-Intendant Botho v. Hülsen zu Berlin, welcher auch die Shakespeare-Darstellung stets als Aufgabe seines Wirkungskreises betrachtete, und das Ehrenmitglied Dr. Mansfield-Ingleby zu Ilford.

Die Kasse, welche beim letzten Jahresausweis mit einer geringen Mehrausgabe abschließen mußte, ergiebt diesmal einen Vorrath von rund 580 Mk., entstanden, neben außerordentlicher Zuwendung, durch die erhöhte Mitgliederzahl. Unser Schatzmeister trat voll und ganz in die Fußtapfen seines Vorgängers, und die Anerkennung, welche demselben an dieser Stelle oft und gern ansgesprochen wurde, gebührt auch dem Nachfolger in gleichem Maße.

Der Absatz des Jahrbuches hat sich vermehrt, ein Beweis für die umsichtige Thätigkeit des Herausgebers. Während früher die

Mitglieder sonstigen Erwerbern des Jahrbuchs gleichgestellt waren, haben wir jenen jetzt einen berechtigten Vorzug eingeräumt.

Die Bibliothek zeigt den herkömmlichen Zuwachs, dessen Werth genügend verbürgt wird durch den Namen des Bibliothekars.

Erwähnenswerth ist noch, daß die Uebertragung Shakespeare's in's Holländische von unserm Mitgliede Professor Burgersdijk zu Deventer rüstig fortgeschritten ist und in diesem Jahre ihren Abschluß finden soll. Holland wird dadurch vor Deutschland bevorzugt sein; denn es erhält gleich den ganzen Shakespeare von einer Meisterhand, während ja bei uns Meister Schlegel nur die kleinere Hälfte übertrug.

So beginnt die deutsche Shakespeare-Gesellschaft vertrauensvoll ein neues Jahr.

Bericht

über die Jahresversammlung zu Weimar

am 23. April 1887

im Saale der Armbrustschützen-Gesellschaft.

Unter zahlreicher Theilnahme der Mitglieder und des Publikums eröffnete Herr G. Freiherr v. Vincke mit Erstattung des Jahresberichts die 23. Jahresversammlung der Shakespeare-Gesellschaft, welche auch Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog, die Frau Großherzogin und der Erbgroßherzog mit Höchstihrer Gegenwart beehrten.

Herr Professor Dr. Zupitza aus Berlin hielt den Festvortrag: „Ueber die Fabel in Shakespeare's beiden Veronesern", den die Versammlung mit lebhaftem Interesse verfolgte und am Schluß durch großen Beifall auszeichnete.

Nachdem sich die höchsten Herrschaften und das Publikum entfernt hatten, traten der Vorstand und die anwesenden Mitglieder zur Berathung der weiteren auf der Tagesordnung stehenden Gegenstände zusammen.

Als Rechnungsrevisoren wurden die Herren Kapitänleutnant Vinkhuyzen und Justizrath Gruner behufs Ertheilung der Decharge gewählt.

Nachdem Weimar als Ort der nächsten Generalversammlung bestimmt worden war, Anträge von Mitgliedern aber nicht vorlagen, erklärte Herr Freiherr v. Vincke die Generalversammlung für geschlossen.

Das

parömiologische Sprachgut bei Shakespeare.

Von

M. C. Wahl.

II.1)

Als Erkennungsmomente für die Sprichwörtlichkeit des bei Shakespeare vorkommenden volksthümlichen Sprachmaterials haben wir nach den verbalen Merkzeichen 2) nun die logischen zu betrachten. An der Hand verbaler Formeln, wie sie vorwiegend aus der eigenen Initiative des Dichters entsprangen, sahen wir ihn von den allgemeinsten Bestimmungen zu den feinsten Nuancierungen desselben emporsteigen und als deren Ergebniß einen großen Theil jenes Sprachschatzes für die Sprichwörtlichkeit erkennen und bezeichnen. Diese immerhin reichen Beiträge bewegen sich jedoch bezüglich der Anführungsformen ausschließlich nur innerhalb der

1) Der vorliegende Aufsatz bildet den Schluß der verdienstlichen Arbeit von Dr. Wahl, Direktor der höhern Handelsfachschule zu Erfurt. Dieselbe ist ursprünglich in den 1884-1887 erschienenen Jahresberichten der eben genannten Anstalt enthalten und zerfällt demnach in vier Theile. Die beiden ersten sind nach einigen durch den Verfasser bewirkten Abänderungen im Jahrbuch XXII, S. 45 ff. abgedruckt; die beiden letzten Theile erscheinen hier mit einigen Kürzungen, welche der inzwischen verstorbene Verfasser nicht selbst mehr bewirken konnte. Weggelassen sind auch hier die verwandten Sprichwörter anderer Sprachen, welche in der Originalabhandlung herangezogen sind; es ist aber auf diese in den Noten verwiesen worden.

2) Vgl. Jahrb. XXII 84.

D. R.

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